Nigeria: Kein Ende des Konflikts in Sicht
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Nigeria: Kein Ende des Konflikts in Sicht
In Nigeria kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der überwiegend christlichen Bevölkerung im Süden und den mehrheitlich muslimischen Einwohnern des Nordens. Die Entführung von 200 Schulmädchen im April und der Anschlag während des Public Viewings während der Fußball-Weltmeisterschaft sind nur zwei Beispiele für die weiterhin unsichere und instabile Situation in dem Land.
Christen und Muslime stellen in Nigeria in etwa gleich große Bevölkerungsanteile. Während im Südwesten die Bevölkerung konfessionell gemischt und der Südosten christlich geprägt ist, ist der Norden des Landes mehrheitlich muslimisch. Ethnisch, sprachlich und auch in ihren staatlichen Traditionen weisen diese drei Großräume Nigerias erhebliche Unterschiede auf.
Diese Auftteilung von Nord und Süd hat ihren Ursprung in der Kolonialzeit. Vor allem der Süden Nigerias wurde wirtschaftlich und kultuturell erst von der portugiesischen und dann der britischen Herrschaft beeinflusst. Auch die Unabhängigkeit 1960 führte nicht zu einer Einigung unter den Volksgruppen. Bis 1999 wurde das Land von verschiedenen Militärdiktaturen regiert, die jedoch die Spannungen innerhalb der Bevölkerung nur unterdrückten und nicht lösten.
Seit der Kolonialzeit ist der Süden weiter entwickelt und bietet mehr Perspektiven als der Norden. Die Kluft zwischen dem ärmeren Norden und dem reicheren Süden wird dadurch noch verstärkt. Bei dem Konflikt geht es insbesondere um die Verteilung von Land und Ressourcen, die Besetzung politischer Ämter, Rechtstaatlichkeit und soziale Ungerechtigkeit. Auch die Verteilung der Gewinne aus der Erdölförderung spielt angesichts hoher Arbeitslosigkeit und geringer Perspektiven immer wieder eine Rolle.
Schon seit einigen Jahrzenten werden die beiden Religionen politisiert. Der Norden fordert die Einführung der Scharia in ganz Nigeria und die christliche Mehrheit im Süden des westafrikanischen Landes versucht im Norden Bekehrungskampagnen durchzuführen, um die vemeintliche Islamisierung des Landes zu verhindern.
Seit 2001 haben zwölf nordnigerianische Bundesstaaten die Scharia, das islamische Recht, als oberstes Recht eingeführt. Dem damaligen Staatspräsidenten Olesegun Obasanjo wurde vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen die Einführung des islamischen Gesetzes vorgegangen zu sein. Die Empörung insbesondere auf christlicher Seite war sehr groß. So kam es in einigen Landesteilen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen um lokale Posten, die vornehmlich mit Muslimen besetzt worden waren. Seitdem kommt es immer wieder zu Angriffen von beiden Seiten auf Angehörige anderer Religionen.
Innerhalb der letzten vier Jahre führte der Aufstand der muslimischen Boko Haram zu mehr als 4.000 Toten, der Vertreibung einer halben Millionen Menschen, der Zerstörung von hunderten Schulen und Regierungsgebäuden und der Destabilisierung des Nordosten Nigerias.
Der Anschlag bei einem Public Viewing der Fußball Weltmeisterschaft in der nordnigerianischen Stadt Damaturu hat 21 Menschen das Leben gekostet und 27 weitere schwer verletzt.
Die Entführung von 200 Schülerinnen aus einer Schule in der Stadt Chibok im April hat weltweit Empörung hervorgerufen. Seitdem hat es weitere Entführungen im Norden des Landes gegeben. Meistens sind es Frauen und Mädchen die entführt werden. Die Regierung steht den Taten weitesgehend machtlos gegenüber.
Viele Nigerianer sind heute ärmer als bei der Unabhängigkeit 1960. In den meisten Teilen des Landes ist die Regierung nicht in der Lage für Sicherheit, Wasser, Gesundheit, Elektrizität und Bildung zu sorgen. Die Situation ist im Norden besonders angespannt. Frustration treibt viele Menschen dazu sich Gruppen anzuschliessen, die der Regierung ablehnend gegenüberstehen.
Nach Angaben des Hochkommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) sind innerhalb Nigerias etwa 650.000 Menschen aus den Bundesstaaten Adamawa, Yobe und Borno vertrieben worden, wo Angriffe von bewaffneten Gruppierungen am häufigsten vorkommen. Mit der Befürchtung, dass weitere Familien ihre Häuser verlassen und die Grenze nach Kamerun überqueren müssen, bereiten sich das Welternährungsprogram der Vereinten Nationen (WFP) und dessen Nothilfe-Partner in Kamerun darauf vor, dort bis zum Ende des Jahres bis zu 50.000 Menschen helfen zu müssen.
Die International Crisis Group warnte davor (PDF), dass der Konflikt auf Kamerun und Niger übergreifen könnte. Beide Nachbarstaaten Nigerias seien dem Kampf gegen eine bewaffnete radikal-islamistische Gruppe nicht gewachsen.
Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie hier.
Foto: wikipedia