Straßenputz für politische Veränderung

06.06.2014: ASW: Wie Nachbarinnen in Simbabwe für eine saubere und gesunde Umgebung sorgen.

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Straßenputz für politische Veränderung

„In meiner Gegend traut sich niemand mehr, Müll auf die Straße zu werfen. Wenn wir herausfinden, wer das war, gehen wir zu ihnen und sagen, dass sie ihren Müll wieder entfernen sollen“, erklärt Tracy. Sie ist Teil einer Gruppe von AnwohnerInnen, die sich im Rahmen einer groß angelegten Stadtreinigungs­aktion von der Organisation Envision Zimbabwe für saubere Straßen in ihrer Gemeinde engagiert. Envision Zimbabwe wird von unserer Mitgliedsorganisation Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW) unterstützt.

Die Gemeinde, in der Tracy aktiv ist, ist Mbare im Süden der Hauptstadt Hara­re. Ungefähr 300.000 Menschen leben hier. Bis Envision mit Leuten wie Tracy aktiv geworden ist, türmte sich der Müll in den Straßen. Gemeinsam mit dem Abwasser, das sich wegen fehlender Kanalisation in den Straßen sammelte, bildete er den Nährboden für Cholera und Typhus. Dass dieses Problem nun angegangen worden ist, freut die BewohnerInnen von Mbare. „Wir waren so sehr daran gewöhnt, dass wir die Hoffnung aufgegeben haben, jemals in ei­ner sauberen Umgebung zu leben“, sagt Mai Chaza. Sie lebt seit 20 Jahren in Mbare. Gerade im Sommer habe der Müll vor ihrem Haus solch einen Gestank entwickelt, dass sie die Fenster trotz der Hitze geschlossen halten musste.

Um dies zu ändern, stärkt Envision die Gemeinde auch institutionell. Der Gemeinderat wird animiert, den Inter­essen der Gemeinde bei der Lokalregierung Gehör zu ver­schaffen. Außerdem sind fünf weitere Gemeindemitglie­der, wie Tracy, als Hygienebeauftragte tätig. Sie sorgen dafür, dass das Viertel nach Beendigung der Aufräumaktionen sauber bleibt.

Fokus auf Nachhaltigkeit und politische Veränderung

Dabei geht es jedoch nicht nur um die hygienische Situ­ation im Viertel. Die gemeinschaftliche Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung soll gleichzeitig die poli­tische Kultur in der Gemeinde verändern – hin zu einem nachhaltigen friedlichen Miteinander. Denn Gemeindele­ben in Simbabwe ist geprägt von der Spaltung zwischen AnhängerInnen der Partei von Präsident Robert Mugabe, der ZANU-PF, und denjenigen, die Oppositionsparteien unterstützen. Envision nutzt das unpolitisch scheinen­de Thema der Wasser- und Sanitärversorgung, um Men­schen beider Seiten in einem Projekt zusammen zu brin­gen. Zusätzlich schult Envision die TeilnehmerInnen in friedlicher Konfliktlösung.

Aus diesem Grund versucht Envision auch PolizistInnen in die Projekte einzubeziehen. Denn im Konflikt zwi­schen Anhängern des Präsidenten und der Opposition nehmen diese eine klare Position für den Machthaber ein. Durch den persönlichen Kontakt zwischen Gemein­demitgliedern und der Polizei werden gegenseitige Vorur­teile abgebaut und Räume für Dialog eröffnet. Doch auch wenn Envision langfristig auf eine nachhaltige Transfor­mation der politischen Kultur in Simbabwe hin arbeitet, stehen die alltäglichen Bedürfnisse der Menschen stets im Fokus. Neben den Aufräumaktionen errichtet Envisi­on Toiletten an Schulen, sensibilisiert die Kinder in Ver­anstaltungen für Fragen der Hygiene und bietet Seminare zum Anlegen günstiger Kleinstgärten in städtischen Ge­bieten an. Diese ganzheitliche Herangehensweise zeich­net die Arbeit von Envision aus. Wenn ein großer politi­scher Konflikt alle Bereiche des Gemeindelebens durch­dringt, ist dies der einzige Weg zu nachhaltigen Ver­besserungen. Auch wenn der Weg dahin noch lang ist, bemerken die Menschen schon jetzt positive Veränderun­gen in ihrem Alltag. Mai Chaza hat daher eine klare Bot­schaft für Envision: „Bitte macht mit der guten Arbeit in unserer Gemeinde weiter.“

Zur aktuellen Situation in Simbawe

Nach Jahren der Gewalt, Unterdrückung und wirtschaftlichen Misere leidet die Bevölkerung Simbabwes unter einer sehr schlechten Versorgungslage, die sich auf alle Lebensbereiche erstreckt. Zur wirtschaftlichen Not kommt eine soziale Unsicherheit hinzu: Die Erfahrungen mit Gewalt haben tiefes Misstrauen in der Bevölkerung gesät, so dass im Alltag oft gegenseitige Unterstützung und gemeinsames Handeln ausbleibt.

Die Selbsthilfegruppe Envision Zimbabwe Women´s Trust

Eine Gruppe von Anwohnerinnen von Mbare hat sich zusammengefunden, um ihre unmittelbare Umgebung lebenswerter zu machen. Sie hatten es satt, dass ihre Kinder ständig krank wurden und Medikamente kaufen mussten, wofür oft das Geld fehlte. Sie schlossen sich dem Envision Zimbabwe Women’s Trust an, einer Gruppe engagierter Frauen, die seit 2008 zentrale Probleme der städtischen Bevölkerung mit der Wasserversorgung und den sanitären Einrichtungen angehen. Gemeinschaftliche Hilfe zur Selbsthilfe soll ein gegenseitiges Vertrauen und Solidarität innerhalb der politisch gespaltenen Gesellschaft Simbabwes bilden.

Der kleine Kreis an Nachbarinnen in Mbare ist zwischenzeitlich größer geworden, Männer haben sich angeschlossen und gemeinsam haben sie kräftig aufgeräumt. Baulücken wurden von Schutt befreit und die Straßen gefegt. Hygienebeauftragte sorgen dafür, dass das Viertel auch nach den Aufräumaktionen sauber bleibt, und somit ein nachhaltiger Prozess eingeführt wird.

Die ASW unterstützt Envision Zimbabwe Women’s Trust seit Ende 2011. Das Projekt ist gut angelaufen. Die Anschubfinanzierung wird voraussichtlich 10 Jahren laufen.

Bild: Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V. (ASW): Müllräumaktion in Mbare: Die BewohnerInnen packen gemeinsam an

Mehr Informationen zur Arbeit der ASW in Afrika finden Sie hier.