Dritter Jahrestag der Gründung des Südsudans: Hungerkatastrophe droht

09.07.2014: Hilfsorganisationen rufen dazu auf, das von Hunger und Konflikt geschwächte Land zu unterstützen.

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Dritter Jahrestag der Gründung des Südsudans: Hungerkatastrophe droht

Drei Jahre nach der Gründung ihres unabhängigen Staates leben die meisten Südsudanesen aus Angst vor Gewalt außerhalb ihrer Heimatorte und werden in diesem Jahr keine Ernten einbringen können. Über 1,5 Millionen Menschen wurden seit Ausbruch bürgerkriegsähnlicher Kämpfe Ende 2013 vertrieben, 400.000 sind in Nachbarländer geflohen. Rund vier Millionen Menschen sind auf gespendete Nahrungsmittel angewiesen, und geschätzte 250.000 Kinder benötigen in den kommenden Wochen dringend Behandlungen gegen akute Mangel- und Unterernährung.

Der Südsudan ist der jüngste Staat der Welt und spaltete sich erst 2011 vom Sudan ab. Doch bereits kurz nach seiner Gründung leidet die Bevölkerung unter Hunger, Armut, Gewalt und Konflikten. Im Dezember 2013 brach ein blutiger Machtkampf zwischen dem Präsidenten Salva Kiir und seinem ehemaligen Stellvertreter Riek Machar aus. Beide gehören unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen an, zwischen denen schon seit langer Zeit Spannungen herrschten. Diese eskalierten in den letzten acht Monaten . Dem eigentlich fruchtbaren Land droht nun eine Hungerskatastrophe. Aufgrund der Kämpfe konnten viele Bauern  nicht aussäen und werden im September nichts ernten können. Die problematische Lage wird durch die schwache Infrastruktur des Landes verschärft, da es im Land nur etwa 120 km Teerstraßen gibt und die unbefestigten Straßen in der zur Zeit herrschenden Regenzeit oft unpassierbar sind.

Die Gefahr einer Hungersnot wächst und die Zahl der auf Hilfe Angewiesenen ebenso – aber der Hilfsaufruf der Vereinten Nationen für Südsudan in Höhe von 1,8 Mrd. US-Dollar ist bisher nicht einmal zur Hälfte finanziert. Daher warnen sieben internationale Hilfsorganisationen eindringlich vor dem ‚Aus ihrer Hilfsprojekte‘, falls Regierungen und internationale Geber nicht entschlossener gegen die humanitäre Krise vorgehen.

„Wir appellieren dringend an das Auswärtige Amt, seine Hilfszusagen für den Südsudan jetzt aufzustocken und entschiedener auf Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zu dringen“, sagt Ekkehard Forberg, Friedensexperte bei unserer Mitgliedsorganisation World Vision. „Wenn sich die Bundesregierung nicht nachdrücklich um eine Fortsetzung der Friedensgespräche in Addis Abeba und eine bessere Ausstattung der Hilfsorganisationen kümmert, steigen die Kosten dieser Krise ins Unermessliche“, warnt Forberg. Sie habe schon jetzt Auswirkungen auf ganz Ostafrika. Die Kinderhilfsorganisation versorgt als Partner des UN-Welternährungsprogramms und des UN-Kinderhilfswerks Unicef unter anderem 16.000 Flüchtlinge in Malakal und betreut Kinder in Kinderschutz-Zonen. Eine deutsche Mitarbeiterin unterstützt die Hilfsmaßnahmen vor Ort.

Marion Lieser, Geschäftsführerin von Oxfam Deutschland, sagt: „Dies ist keine Krise, die von einer Dürre oder Flut hervorgerufen wurde. Es ist eine politische Krise, die in Gewalt umgeschlagen ist. Die Menschen in Südsudan können ihr Leben erst wieder in die Hand nehmen und sich selbst versorgen, wenn die Kämpfe aufhören. Bis dahin ist die Zivilbevölkerung, die in dieser Krise gefangen ist, von umfänglicher internationaler Hilfe abhängig. Wird diese Hilfe nicht schnell und drastisch verstärkt, wird eine Hungersnot nicht abzuwenden sein.“ Bisher hat Oxfams Hilfe rund 260.000 Menschen erreicht.

Pete Walsh, Landesdirektor von Save the Children in Südsudan, berichtet: „In den Ernährungskliniken von Save the Children verzeichnen wir  einen großen Zustrom von unterernährten Kindern . Wir brauchen dringend weitere Gelder, um Familien mit lebensrettender Nahrung  zu versorgen. Südsudan ist ein neu entstandenes Land, und die erste Generation der Kinder hier isst teilweise giftige Beeren, um wenigstens noch einen Tag zu überleben. Sie brauchen Hilfe, und wenn wir jetzt noch warten, befürchte ich, wird alle Hoffnung verloren sein.“

Die Hilfsmaßnahmen werden nicht nur durch fehlende Gelder, sondern auch durch Unsicherheit und schlechte Straßenverhältnisse behindert. In einigen Gegenden können Menschen nur noch durch Pakete aus der Luft versorgt werden.  Aimee Ansari, Leiterin des CARE-Büros im Südsudan berichtet: “An dem Tag, als ich Bentiu verließ, brachten CARE-Mitarbeiter die Leichen von drei Kindern zu einer Grabstätte. Sie waren an Unterernährung gestorben. Das zeigte auf brutale Weise sowohl die Unsicherheit als auch die fehlenden Hilfsgelder”. Ohne neue Finanzzusagen sieht sich CARE zur Einstellung von Hilfen für rund 65.000 Menschen gezwungen.

Auch die Hilfsmaßnahmen von Christian Aid, Tearfund und dem International Rescue Committe können wegen Mangel an Finanzzusagen nicht ausgeweitet werden.

Der im Dezember 2013 ausgebrochene Bürgerkrieg hat Hunderttausende vom Zugang zu Märkten und Saatgut für die Aussaat abgeschnitten. Die Lebensmittelvorräte der meisten Familien sind zu klein, um sie mit den Vertriebenen zu teilen. Deshalb gehen die Hilfsorganisationen davon aus, dass sich die Nahrungsmittelkrise in den kommenden Wochen dramatisch zuspitzen wird. Auch im Gesundheitssektor hat sich aufgrund der Kämpfe die Lage verschlechtert: Durch Zerstörung, Plünderungen und Besetzungen von Gesundheitseinrichtungen ist die Gesundheitsversorgung nahezu zusammengebrochen, vielen Einrichtungen fehlt es am Nötigsten.

Internationaler Druck auf alle Konfliktparteien ist notwendig, damit die Gewalt  beendet und eine Nation für alle Südsudanesen aufgebaut werden kann. Ohne internationale Hilfe könnte die Zukunft für viele jedoch unerreichbar bleiben.

Foto: CARE Deutschland