Ein großes Feld, eine vielversprechende Ernte – doch die Arbeit bleibt liegen, weil die nötigen Maschinen fehlen. Ein Traktor könnte die Lösung sein, aber mit Anschaffungskosten von rund 30.000 US-Dollar ist das für viele Kleinbäuer*innen in Afrika nicht machbar. Stattdessen müssen sie auf mühsame Handarbeit oder Zugtiere setzen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld, denn Arbeitskräfte müssen bezahlt werden, während die Produktivität oft weit hinter dem möglichen Ertrag zurückbleibt.Doch was, wenn man einen Traktor einfach dann nutzen könnte, wenn man ihn braucht, ohne ihn selbst kaufen zu müssen? Genau hier setzen das 2014 in Nigeria gegründete Unternehmen Hello Tractor, heute mit Sitz in Nigeria, Kenia und Uganda, sowie das 2016 in Accra, Ghana gegründete Unternehmen TROTRO Tractor Limited an. Beide Unternehmen bringen die „Sharing Economy“ in dieLandwirtschaft. Über digitale Plattformen können Kleinbäuer*innen Traktoren flexibel mieten, während Traktoreigentümer*innen ihre Maschinen dann vermieten können, wenn sie selbst keine Verwendung dafür haben. Das reduziert Kosten, steigert die Effizienz und macht moderne Landwirtschaft für mehr Betriebe zugänglich.Mechanisierung auf AbrufDer eingeschränkte Zugang zu Traktoren stellt in vielen afrikanischen Ländern ein Hindernis für das Wachstum der Landwirtschaft dar. Während weltweit durchschnittlich 200 Traktoren pro 100.000 Quadratkilometer im Einsatz sind, sind es in Afrika nur 13. Viele Kleinbäuer*innen können sich Maschinen nicht leisten und sind dadurch in ihrer Produktivität stark eingeschränkt.Digitale Plattformen wie Hello Tractor und TROTRO Tractor Limited lösen dieses Problem, indem sie landwirtschaftliche Betriebe mit Traktoreigentümer*innen vernetzen. Das Konzept funktioniert ähnlich: Kleinbäuer*innen können per App oder SMS angeben, wann und wo sie einen Traktor benötigen, und die Plattform vermittelt ihnen eine verfügbare Maschine. Während Hello Tractor stark auf GPS-Tracking und digitale Verwaltung setzt, nutzt TROTRO Tractor Limited ein SMS- und Anrufsystem, um auch Bäuer*innen ohne Smartphone zu erreichen.Der Nutzen liegt auf der Hand: Ein Traktor kann die Feldarbeit bis zu 40-mal schneller erledigen und das zu einem Drittel der Kosten im Vergleich zur Handarbeit. Gleichzeitig profitieren Traktoreigentümer*innen von einer zusätzlichen Einnahmequelle, indem sie ihre Maschinen vermieten.Zusätzliche Services für mehr EffizienzHello Tractor und TROTRO Tractor Limited gehen über die reine Vermittlung von Maschinen hinaus. Hello Tractor bietet einen SMS-Dienst für den Kauf von Ersatzteilen, sodass Traktoreigentümer*innenihre Maschinen schnell instand setzen können. TROTRO setzt auf lokale Vermittler*innen, die Landwirt*innen beraten und den Prozess begleiten, um sicherzustellen, dass die Buchungen optimal koordiniert werden.Beide Plattformen bieten außerdem ein Bewertungssystem für Traktoren, sodass Landwirt*innen die Qualität der Maschinen und des Service bewerten können. Das sorgt für mehr Transparenz und hilft Traktoreigentümer*innen, ihre Dienstleistungen zu verbessern.Kooperationen für eine breitere UmsetzungDie digitale Vermietung von Traktoren hat bereits internationale Partner*innen auf den Plan gerufen. Das US-amerikanische Unternehmen John Deere, eines der weltweit größten Landmaschinenhersteller, kooperiert mit Hello Tractor und stellt Traktoren bereit. Die beiden Unternehmen bauen ein Netzwerk aus Traktorenunternehmen auf, die den Zugang zu den Maschinen weiter verbessern sollen. So konnte das Unternehmen seine Präsenz seit 2014 auf mehr als 13 Länder auf dem afrikanischen Kontinent und drei in Asien ausweiten. Dabei hat es mit über 3.000 Traktor-Besitzer*innen zusammengearbeitet und mehr als eine halbe Millionen Landwirt*innen erreicht (Stand 2023).Einer dieser Landwirt*innen ist Augustine Mwongela aus Kenia. Er nutzt Hello Tractor seit mehr als zwei Jahren, um sein 0,5 Hektar Land zu bestellen: „Das Traktor-Leasingmodell hat es mir ermöglicht, das Pflügen und Pflanzen zu beschleunigen, die Kosten zu senken und meine Anbaufläche von 0,1 Hektar auf 0,5 Hektar zu vergrößern“, erzählt er gegenüber FairPlanet. „Mit dieser Ausweitung habe ich die Vielfalt der von mir angebauten Pflanzen erhöht, von Mais und Bohnen bis hin zu einer Reihe von Gartenbauprodukten wie Grünkohl, Zwiebeln, Tomaten und Paprika, die ich auf lokalen Märkten verkaufe.“TROTRO Tractor Limited hat sich ebenfalls ausgeweitet und ist mittlerweile auch in Nigeria, Togo und Simbabwe aktiv. Durch Kooperationen mit Banken unterstützt das Unternehmen Kleinbäuer*innen, die langfristig in eigene Maschinen investieren möchten. Bis 2021 hatte das Unternehmen laut der Allianz für eine grüne Revolution in Afrika (Alliance for a Green Revolution in Africa – AGRA) mehr als 27.000 Landwirte registriert, die seinen Service nutzen.Technologie mit Zukunft – Made in AfricaDiese Plattformen zeigen, wie digitale Lösungen die Landwirtschaft effizienter und zugänglicher machen können. Die Idee der Sharing Economy, die sich in vielen anderen Branchen bewährt hat, bietet Kleinbäuer*innen die Möglichkeit, Maschinen zu nutzen, ohne hohe Investitionen tätigen zu müssen. Sie können die Arbeitsweise von Millionen landwirtschaftlichen Betrieben grundlegend verändern, denn der vereinfachte Zugang zu Traktoren steigert nicht nur die Produktivität, sondern verbessert auch wirtschaftliche Perspektiven. Digitale Lösungen wie diese könnten einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der afrikanischen Landwirtschaft leisten.QuellenFoodtrank: Hello Tractor Is Bringing the Sharing Economy to Agriculture (Juli 2019)GROW FURTHER: “Uber for Tractors” Gains Traction at Smallholder Farms (Januar 2022) Fair Planet: How the Uber of tractors is revolutionising farming (Mai 2023)Verfasst am 4. Juni 2025