Was ist passiert?Bis vor kurzem waren die USA mit 38 Prozent der größte Geber in der Humanitären- und Entwicklungszusammenarbeit weltweit, vor allem im Gesundheitssektor. Allein vergangenes Jahr haben die USA 61 Milliarden Dollar, davon über 40 Milliarden über USAID, in Entwicklungsprojekte im Ausland investiert. Die 1961 gegründete United States Agency for International Development (USAID) ist eine Behörde der Vereinigten Staaten, die die Entwicklungszusammenarbeit der USA in rund 120 Ländern koordiniert und finanziert.Im Februar 2025 hat der Präsident der USA, Donald Trump, enorme Kürzungen für USAID angekündigt. Das US-Außenministerium begründet dies damit, dass die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit keinen effektiven Ressourceneinsatz darstellen würden. Es entspreche nicht den politischen Prioritäten der Regierung.International sorgte das für Aufruhr und Kritik. Viele Entwicklungsorganisationen sind sich einig, dass die Kürzungen zu einem Zusammenbruch der Versorgung von Millionen von Menschen führen wird. Noch im gleichen Monat wurden ohne Ankündigung die Gelder für USAID für 90 Tage eingefroren. Das ist besonders fatal, da es für die durch USAID geförderten Organisationen keine Möglichkeit gab, sich auf diesen Bruch vorzubereiten und Alternativen zu erarbeiten. Mittlerweile beschlossen, 83 Prozent der Gelder von USAID einzustellen. Tausende Mitarbeiter*innen werden entlassen oder beurlaubt. Laut der Website USAID STOP-WORK haben bereits weltweit über 150.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Fast 2.000 Institutionen in 120 Ländern sind massiv eingeschränkt. Die Website der Behörde wurde außer Betrieb gesetzt.Folgen der USAID-Kürzung in afrikanischen LändernAls weltweit zweitgrößter Empfänger von USAID-Geldern ist der afrikanische Kontinent von den Kürzungen stark betroffen. In den Bereichen Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung wird dies besonders deutlich.Stopp der LebensmittelversorgungSo ist beispielsweise die Auslieferung von Lebensmitteln durch die Kürzungen unterbrochen. Es wird angenommen, dass Rationen für 3,5 Millionen Menschen in Lagerhäusern, die von US-amerikanischen Organisationen betreut werden, verkommen. Laut dem Nachrichtendienst Reuters laufen die Produkte teils im Juli ab und könnten dann lediglich vernichtet oder an Tiere verfüttert werden. Neben den katastrophalen humanitären Folgen zeigt dies ein riesiges Ausmaß an Verschwendung von Ressourcen, ohne einen strukturierten Plan der Auflösung der Projekte. Die Übernahme der Verteilung der Lebensmittel durch andere Organisationen sei nicht möglich, da auch dafür die Zustimmung der US-Regierung nötig sei, welche bisher nicht erteilt wurde.Beispielhaft am World Food Programm (WFP) in Äthiopien zeigt sich das Ausmaß. Das WFP versorgt weltweit Millionen von Menschen mit Lebensmitteln und ist auf Spenden, insbesondere in großem Maße von USAID angewiesen. Durch die Entscheidung der US-Regierung ist es der Organisation unter anderem nicht mehr möglich ihr Programm in Äthiopien fortzuführen. Ohne neue Finanzierung wird in den kommenden Wochen und Monaten für mehr als 3,5 Millionen Menschen allein in Äthiopien der Zugang zu Lebensmitteln erschwert beziehungsweise ausbleiben. Besonders betroffen sind Frauen und Kinder. Stopp von GesundheitsversorgungsprogrammenÄhnlich große Herausforderungen zeigen sich im Gesundheitsbereich. So wurde die Auslieferung von Impfstoffen drastisch eingeschränkt. Davon sind besonders Kinder betroffen, die nun keinen Zugang zu Erstimpfungen erhalten. Gleichzeitig wurde die Unterstützung von Tuberkulosebehandlungen und Präventionsprogrammen gegen Malaria – eine der Haupttodesursachen weltweit – weitläufig eingestellt. Krankenpflegerin in Ostafrika bereitet eine Impfung vor. ©Gemeinsam für Afrika/canvaDramatische Kürzungen gibt es auch in der HIV/AIDS Behandlung. In Kenia beispielsweise „brach die Finanzierung von 846 Millionen US-Dollar auf nur noch 66 Millionen US-Dollar für das laufende Jahr 2025 zusammen. Zahlreiche HIV-Behandlungszentren wurden geschlossen, mehr als eine Million HIV-Infizierte stehen ohne Medikamente da“ (DW). Dies ist ein großer Rückschlag in der Eindämmung von HIV/AIDS, die über die vergangenen Jahrzehnte aufgebaut wurde. Für die Betroffenen bedeutet das eine Einschränkung in ihrer Lebensqualität und eine ungewisse Zukunft. Zudem kann es wieder zu einer vermehrten Verbreitung des Virus kommen.Auch jegliche anderen Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit, wie Bildung, Infrastruktur, Demokratieförderung oder die Bekämpfung von Armut, sowie humanitäre Hilfe, die bei Hungersnöten, Kriegen oder Naturkatastrophen zum Einsatz kommt, sind betroffen.Reaktion afrikanischer StaatenDr. Githinji Gitahi, Leiter von Amref Health Africa – der größten afrikanischen NGO im Gesundheitsbereich –, betont, dass auf dem Kontinent schon lange über die Notwendigkeit größerer Eigenständigkeit gesprochen werde. Nun jedoch geschehe dies mit einer neuen Dringlichkeit. Bei Treffen und Workshops zur Neuausrichtung in Sambia, Kenia und Uganda beispielsweise, diskutierten Regierungsvertreter*innen, wie die neuen Lücken geschlossen werden können - durch die Anpassung von Projekten, das Finden neuer Finanzierungsquellen oder durch die vollständige Aufgabe einzelner Programme. Ein Teil dieser Bemühungen war bereits vor den Kürzungen von USAID in Gang. „Es ist katastrophal, beispiellos – aber nicht unerwartet“, sagt Gitahi. Und weiter: „Hätte es tatsächlich einen Plan für den Übergang gegeben, würden wir nicht sagen, dass es etwas Schlechtes ist. Was wirklich schlecht ist, ist die plötzliche, ungeplante Art und Weise.“So haben einige Länder, wie beispielsweise Uganda und Nigeria trotz allem schnell gehandelt und politische Maßnahmen ergriffen, um die durch USAID entstandenen Lücken zumindest teilweise zu füllen. In Nigeria reagierte die Regierung unter Präsident Bola Ahmed Tinubu mit einem geplanten Zusatzbudget von 200 Millionen US-Dollar – als Schadensbegrenzung für die wegfallenden 600 Millionen US-Dollar von USAID. Die Maßnahme rief jedoch Kritik von Seiten der Opposition hervor, da zusätzliche Ausgaben die ohnehin hohe Inflation im Land weiter verschärfen könnten. Auch in Uganda plant Premierministerin Robinah Nabbanja mehr Gelder in den Gesundheitssektor zu investieren sowie Geldgeber und Unterstützende sowohl national als auch international zu akquirieren, um die Auswirkungen der Kürzungen von USAID abzumildern.Globale Verantwortung braucht Verlässlichkeit Entwicklungszusammenarbeit kann nur dann langfristig wirksam sein, wenn sie auf nachhaltigen Strukturen, lokaler Partizipation und echter Partnerschaft basiert. Politische Entscheidungen wie jene der US-Regierung, die kurzfristige Eigeninteressen über globale Verantwortung stellen, bringen grundlegende Versorgungsstrukturen ins Wanken – insbesondere, wenn sie ohne Vorlaufzeit und ohne Übergangspläne erfolgen. Die drastischen Kürzungen von USAID zeigen: Ohne Verlässlichkeit können weder Regierungen noch NGOs die entstandenen Lücken schließen. Lebensnotwendige Leistungen wie Ernährung, medizinische Versorgung oder Bildung fallen weg – mit oft lebensbedrohlichen Konsequenzen, die nur schwer und teils gar nicht durch alternative Akteure aufgehalten werden können. Hinzu kommt, dass es auch in Europa seit einigen Jahren den Trend gibt, Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen. Ein Bewusstsein für historische Verantwortung gegenüber jenen Regionen, die durch Kolonialismus, Ausbeutung und globale Ungerechtigkeit bis heute geprägt sind, ist eine zentrale Voraussetzung für (ger)echte Partnerschaften. Nur so kann Entwicklungszusammenarbeit globale Stabilität und Wohlstand für alle Menschen weltweit fördern.QuellenAfricanews: World Food Programme to halt aid for 650,000 women and children in Ethiopia (April 2025)Deutsche Welle: Nigeria approves $200M to 'fill the gap' from US aid cuts (Februar 2025)Deutsche Welle: Wie hart treffen die Kürzungen von Trump bei USAID Afrika? (Mai 2025)Parliament of the Republic of Uganda: Gov’t addressing funding gaps following US aid cuts - PM (März 2025)Reuters: Exclusive: US aid cuts leave food for millions mouldering in storage (Mai 2025)Albama Public Radio: Sub-Saharan Africa reels from USAID cuts (März 2025) Verfasst am 24. Juni 2025