Flucht und Menschenrechte in der Corona-Krise

Die Flüchtlingskrise 2015 stellte die Menschen vor ungeahnte Herausforderungen. GEMEINSAM FÜR AFRIKA machte bereits damals mit einer bundesweiten Straßenaktion auf das Thema Flucht und Menschenrechte aufmerksam. In Zeiten der Corona-Pandemie wird dieses Thema wieder relevanter denn je werden, denn aus den Folgen der Krise entstehen Hunger und Armut: Auslöser für riesige Flüchtlingsbewegungen.

Flucht und Menschenrechte – Straßenaktion 2015

Jedes Jahr verlassen Menschen ihre Heimat und begeben sich dabei in lebensgefährliche Situationen. Gründe dafür können z. B. Krieg, Verfolgung, Armut, Hunger oder eine mangelnde Gesundheitsversorgung sein. Nicht jeder überlebt diese lange, gefährliche Reise. Besonders auf dem Weg über das Meer ertrinken jährlich Tausende Menschen. Gemeinsam für Afrika machte bereits am 21. Mai 2015 mit einer bundesweiten Straßenaktion auf das Thema Flucht und Menschenrechte aufmerksam. Es war das Jahr, in dem sich die Flüchtlingskrise der EU zuspitzte. Über eine Millionen Menschen flüchteten damals über das Mittelmeer, über 16.000 sind seit 2015 auf diesem Wege ertrunken. In sieben deutschen Städten legten unsere Aktivistinnen und Aktivisten darum insgesamt 237 Leichensäcke nieder und protestierten damit für ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik. Unbürokratische, schnelle Hilfe ist nach wie vor gefordert, um den Betroffenen zu helfen. Das gilt in Zeiten der Corona-Krise mehr denn je.

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Corona-Krise: Illegale Migrationsrouten werden wieder mehr genutzt

Die Corona-Pandemie bringt neue Herausforderungen mit sich. Auch wenn die Grenzen derzeit geschlossen sind, sind die Gründe, die Menschen antreiben, zu flüchten, nach wie vor vorhanden. Wer sich gezwungen sieht, seine Heimat zu verlassen, sucht auch in diesen Zeiten einen Weg. Legale Migration ist derzeit allerdings keine Option. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, schlossen weltweit Regierungen die Grenzen. Was als Option bleibt, sind illegale Routen. Menschenhändler und – schmuggler sehen auch jetzt ihre Chance und bringen Notleidende über gefährliche Routen an ihr Ziel. Das bezahlen viele Flüchtende mit ihrem Leben.

Große Fluchtbewegungen als Folge der Pandemie

Doch warum wollen viele genau jetzt ihre Heimat verlassen? Die Corona-Krise ist für viele Menschen nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern vor allem auch eine Wirtschaftskrise. Weltweit verlieren Menschen ihre Anstellungen. Vor allem in den Ländern Afrikas, wo es viele Tagelöhner gibt. Diese können durch die strengen Ausgangsverbote ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen und werden ihrer Existenzgrundlage beraubt. Betroffene haben oft keine Sozialversicherungen und können sich teilweise nicht einmal mehr Nahrungsmittel leisten. Das stürzt sie in Armut und führt unweigerlich zu Elend und Hunger, Auslöser für große Fluchtbewegungen. Entwicklungsminister Gerd Müller äußerte diese Bedenken bereits in einem Interview mit „Cicero“. Diese Leiden seien außerdem ein guter Nährboden für Unruhen und Terrorismus, welche ebenfalls Menschen aus ihrer Heimat vertreiben. Anschläge gab es erst im März diesen Jahres im Tschad und in Nigeria.

Geflüchtete suchen den Weg zurück in ihre Heimat

Die Flucht findet jedoch auch auf umgekehrtem Wege statt. Geflüchtete, die bereits den gefährlichen Weg über das Meer auf sich genommen haben, suchen nun den Weg zurück in ihre Heimat. Schlepper verlangen für den Weg von Spanien nach Afrika derzeit hohe Summen und Menschen begeben sich erneut in große Gefahren. Diesen Weg scheinen bislang mehrere Boote in Richtung Marokko und Algerien auf sich genommen zu haben. Doch wer zurückkommt, darf nicht automatisch auch wieder einreisen und sitzt nun erst einmal fest.

Die Gründe für die umgekehrte Flucht sind unter anderem die eingebrochenen Aussichten auf Arbeit. Tagelöhner haben aufgrund der strikten Beschränkungen keine Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Im Falle einer Corona-Infektion hätten sie zudem keinen Anspruch auf eine Behandlung.

Das Virus verschlimmert die Lage in afrikanischen Flüchtlingscamps

In Flüchtlingscamps herrschen oft ungenügende hygienischen Bedingungen. Die Geflüchteten leben auf engstem Raum zusammen – Social Distancing ist hier so gut wie unmöglich. Sie haben zudem oft nicht genügend fließendes Wasser, um den Hygienebestimmungen gerecht zu werden, die nötig wären, um sich ausreichend vor Ansteckung zu schützen. Im Falle einer Ansteckung ist die medizinische Versorgung oft unzureichend. Überfüllte Camps und Auffanglager sind jedoch auch ohne das Virus ein großes Risiko und bieten beste Voraussetzungen für die Verbreitung von Krankheiten. In der Flüchtlingssiedlung Bidi Bidi in Uganda leben beispielsweise über 220.000 Menschen dicht an dicht. Es ist eines der größten Flüchtlingslager weltweit.

Auch auf griechischen Inseln sind Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten wie etwa Marokko, Tunesien und Algerien in komplett überfüllten Flüchtlingscamps untergebracht. Die Hygienebedingungen sind hier ebenso katastrophal, die angespannte Lage sorgt zudem für Unruhen. Erste Lager wurden bereits wegen positiven Coronatests abgeriegelt.

Doch die Ansteckungsgefahr stellt für viele Menschen nur eine der Sorgen dar. Durch die Krise gibt es viele Versorgungsengpässe und Menschen in Unterbringungen müssen mit der Angst leben, bald zu hungern. Entwicklungshelferinnen und -helfer sind derzeit mit dieser besonders großen Herausforderung konfrontiert.

Die UNO Flüchtlingshilfe und der UNHCR zeigen unermüdlichen Einsatz

Unsere Mitgliedsorganisation UNO Flüchtlingshilfe und das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen UNHCR sind daher weiterhin in unermüdlichem Einsatz. Sie stärken vor allem Gesundheitszentren und stellen hygienische Hilfsgüter zur Verfügung, damit Geflüchtete sich ausreichend schützen können. Dazu gehören auch der Ausbau der sanitären Anlagen und die Sicherstellung des Zugangs zu fließendem Wasser. Prävention ist das A und O. Der UNHCR bildet außerdem Personal aus und schult es in der Infektionskontrolle. Informationskampagnen stellen sicher, dass Menschen für den Umgang mit der Situation sensibilisiert werden und wichtige Hygienemaßnahmen kennen.

Spenden können helfen, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen sowie die nötigste Versorgung sicherzustellen.

Flüchtlinge brauchen jetzt besondere Hilfe und Schutz. Solidarität zu zeigen, ist in dieser weltweiten Krise wichtiger denn je. Corona macht keinen Halt vor Grenzen oder Religion. Um das Virus einzudämmen, darf keiner außer Acht gelassen werden – insbesondere nicht die Schwächeren und Benachteiligten.

Weitere Informationen:

dpa, Sueddeutsche.de (07.05.20): Durch Corona-Schließungen steigt der Migrationsdruck

ntv.de (24.04.20): Illegale fliehen aus Spanien nach Afrika

Cicero (04.05.20): Flucht und Corona: Interview mit Gerd Müller

Hans-Christian Rössler, faz.net (02.05.20): Menschenschmuggler bringen Migranten zurück nach Hause

Antonio Cascais, dw.com (09.04.20): Corona als Zeitbombe in Afrikas Flüchtlingscamps

tagesschau.de(05.04.20): Corona in Griechenland: Zweites Flüchtlingslager abgeriegelt

UNO Flüchtlingshilfe (02.04.20): Q&A: Wie hilft der UNHCR in Zeiten von COVID19?

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