Insekten als nachhaltiges Nahrungsmittel der Zukunft?

Grillen, Ameisen und Mehlwürmer. Seit Jahrtausenden und womöglich noch länger bilden sie in verschiedenen Kulturkreisen einen wichtigen Bestandteil der Nahrungsmittelzufuhr. Die Zucht und Haltung der Insekten birgt die Chance, die Ernährungssicherheit weltweit zu verbessern.

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Insekten als nachhaltiges Nahrungsmittel der Zukunft?

Herausforderungen in der Landwirtschaft

Unter konventioneller Landwirtschaft versteht man den Anbau von Obst und Gemüse mit dem Einsatz von Pesitziden und Insektiziden, häufig in Monokulturen sowie Massentierhaltung. Diese Art der Bewirtschaftung ist nicht nachhaltig genug, um langfristig die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu gewährleisten. Sie schädigt die Böden und produziert große Mengen an Treibhausgasen, die die Klimakrise verstärken. Die Folgen der Klimakrise gestalten die Nahrungsproduktion zunehmend schwierig. Besonders der Zugang zu Wasser, elementar für eine funktionierende Landwirtschaft, ist in einigen Regionen bereits stark begrenzt. Erosion und unfruchtbare Böden erschweren den Anbau zusätzlich.

Mehr für weniger

Eine nicht zu unterschätzende Lösung könnte die Kultivierung von Insektenfarmen sein (1). Die Massenzucht von Insekten bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Was in Asien oder Lateinamerika bereits gang und gebe, sogar mancherorts eine Delikatesse ist, könnte auch global eine nachhaltigere Nahrungsquelle werden. Die ressourcenschonende Aufzucht von Insekten garantiert ein Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil an Proteinen, Vitaminen und „guten“ Fetten (2). „Um 100 Gramm Rindfleisch zu produzieren, braucht es 2200 Liter Wasser, Hausgrillen brauchen dagegen 2000 Mal weniger!“, schreibt die Hilfsorganisation Welt ohne Hunger (3).

Essbare Insekten

Die Massenhaltung von Insekten funktioniert ebenfalls in sogenannten Farmen. 1900 Insektenarten sind als essbar eingeordnet. „Laut Weltbank sind bisher 18 Arten als geeignet für die Tierhaltung identifiziert worden.“(3) Darunter zählt zum Beispiel die Schwarze Soldatenfliege. Das schnelle Wachstum, die Resistenz gegen Krankheiten und die omnivoren Eigenschaften der Soldatenfliege zeichnen sie für die Massentierhaltung aus. Vorreiter und Marktführer ist Südkorea. 2.500 Farmen züchten dort bereits Grillen, Raupen, Fliegen und viele weitere zum Verzehr geeignete Insektenarten.

Neben der Nahrungsquelle für Menschen dienen Insekten ebenfalls als Futter für Tiere. Neuerliche wissenschaftliche Studien ergaben auch, dass sich gewisse Insekten für Medizinpräparate eignen (2).

Gerechtere Verteilung von Lebensmitteln

Möglicherweise könnten Insekten Nahrungsengpässen in der Zukunfts entgegenwirken. Doch nur, wenn auch Insekten nachhaltig gehalten werden, in ökologischer als auch sozialer Hinsicht. Untersuchungen haben ergeben, dass der ökologische Fußabdruck von Insektenfarmen im Moment kaum besser ist als der von konventionellen Hühnerfarmen. Die Transportwege sind oft weit und die Löhne der Arbeitskräfte auf den Farmen sehr niedrig (4). Will man weg vom Fleisch als Nahrungsmittel, warum dann nicht gleich auf vegetarische Kost umsteigen? Das wäre noch nachhaltiger und gar keine Tiere müssten ihr Leben lassen.

Zudem ist laut FAO (Food and Agriculture Organisation) eigentlich ausreichend Nahrung für alle Menschen weltweit vorhanden. Doch von den vier Milliarden Tonnen Nahrung, die jedes Jahr produziert werden, wird ein Drittel verschwendet. Ein großer Teil davon landet im globalen Norden einfach in der Tonne, während sich viele hungernde – 155 Millionen – oder mangelernährte Menschen – 161 Millionen weltweit – die Nahrungsmittel schlichtweg nicht leisten können oder ihnen zu wenig zur Verfügung steht (5). Das Problem liegt also zum einen an der ungleichen und ungerechten Verteilung. Zum anderen an wenig effizienten Versorgungsketten, denn viel Nahrung verdirbt auch einfach durch schlechte Lagerung oder mangelnde Absatzmöglichkeiten im globalen Süden. Diese Probleme könnten unter anderem durch einen strategischen Ausbau der Infrastruktur im globalen Süden sowie einen achtsameren und sparsameren Umgang mit Lebensmitteln im globalen Norden in Kombination mit gerechteren Wirtschaftsstrukturen behoben werden.

Insekten als nachhaltiges Nahrungsmittel?

Ein Pilotprojekt der Weltbank strebt mithilfe der Massentierhaltung von Insekten eine verbesserte Nahrungssicherheit an. Die Überfischung der Weltmeere, erodierte, unfruchtbare Böden, sinkende Grundwasserspiegel, voranschreitende Abholzung der Regenwälder und weitere Ein- und Auswirkungen könnten die Insektenzucht zu einer ökonomischen, ökologischen und humanitären Alternative zur Bekämpfung des Welthungers erheben (1). Doch auch Projekte der Weltbank standen und stehen desöfteren in harscher Kritik. Daher sind Projektansätze der Entwicklungsbank einer profunden Kontrolle zu unterziehen, bevor sie vollumfänglich gutgeheißen werden können. Denn die ökologischen Schattenseiten der Massenhaltung jeglicher Erzeugnisse, ob Fleisch, Soja oder auch Insekten, bedürfen einer strategischen und umweltbewussten Annäherung.

Quellen:

(1) Insects, the Food of the Future?, Weltbank, 10.06.2015

(2) Esst mehr Insekten!, Frankfurter Allgemeine, 10.12.2021

(3) Insekten sind das neue Rind, Welt ohne Hunger, 23.04.2018

(4) Nicht die Nahrung der Zukunft, taz, 29.07.2019

(5) Welthunger-Index 2021

Verfasst am 13.12.2021