Senegal: Prüfstein für die Stabilität der ECOWAS

Senegal wird von undemokratischen Strömungen erfasst inmitten einer Reihe von Militärputschen in Westafrika.

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Kagames Politik der Gegensätze

Ruandas Präsident Paul Kagame genießt weltweit Ansehen für seine politischen Erfolge. Aber was ist der Preis für die augenscheinliche Stabilität im Land?

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Frauen als Schlüsselfaktor für Frieden in Kamerun

Ein Blick auf die entschlossenen Methoden, mit denen Frauen aktiv für Frieden inmitten von Konflikten in Kamerun kämpfen.

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Von Nollywood bis Tech-Hub: Lagos‘ Weg zur globalen Anerkennung

In Lagos entfaltet sich eine einzigartige Geschichte: vom Erbe Nollywoods zur Vorreiterrolle als afrikanischer Tech-Hub im Wandel des 21. Jahrhunderts.

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In Lagos entfaltet sich eine einzigartige Geschichte: vom Erbe Nollywoods zur Vorreiterrolle als afrikanischer Tech-Hub im Wandel des 21. Jahrhunderts.

Weihnachtsessen in afrikanischen Ländern

Die Frage nach dem Weihnachtsessen ist weltweit von großer Bedeutung, und jedes Land pflegt seine eigenen kulinarischen Traditionen. Wir haben uns daher gefragt: Was steht in Äthiopien, Nigeria und Kenia an Weihnachten auf dem Speiseplan?

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Weihnachtsessen in afrikanischen Ländern

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Geraubte Kunst stehlen: Ein Akt zivilen Ungehorsams

Das Mittel zivilen Ungehorsams, um auf aus Afrika geraubte Kunst in europäischem Besitz aufmerksam zu machen.

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Geraubte Kunst stehlen: Ein Akt zivilen Ungehorsams

Spätestens seit den Aktionen der Letzten Generation ist auch der zivile Ungehorsam eine in der Bevölkerung bekannte Methode, um auf Missstände in einer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die Protestorganisation bemalte in diesem Jahr berühmte Bauwerke mit Farbe oder klebte sich auf Straßen, um den fließenden Verkehr aufzuhalten. Das Ziel dieser Protestaktionen war die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Klimakrise. Dabei sollten nicht nur Bürger*innen an ihre Pflicht zum Handeln erinnert, sondern vor allem die Politik dazu bewogen werden, die Maßnahmen und Klimaziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Doch ziviler Ungehorsam wird nicht nur im Kampf um den Klimaschutz eingesetzt, sondern in verschiedenen Kontexten, insbesondere zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeiten, genutzt. 

Was genau ist ziviler Ungehorsam?

Ziviler Ungehorsam ist eine Protestform, die auf einen bewussten, gewaltfreien Verstoß gegen Gesetze oder Regeln einer Gesellschaft abzielt. Auf diese Weise werden bewusst Gesetzesbrüche verübt. Formen des zivilen Ungehorsams sind unter anderem Sitzblockaden, Hausfriedensbruch, das Anketten an Gebäude oder auch Sachbeschädigungen. Bei den Protestaktionen werden dabei gezielt Gesetze missachtet und gebrochen, um möglichst eindrücklich auf die Missstände aufmerksam zu machen. Gleichzeitig wird allerdings die Anwendung von Gewalt strikt abgelehnt. Für den Protest ist es wichtig, dass niemand zu Schaden kommt, denn er soll lediglich Beeinträchtigungen verursachen und somit politische Veränderungen bewirken. Des Weiteren soll durch die Proteste auch die Öffentlichkeit auf die Thematik aufmerksam gemacht werden. Um diese Ziele zu erreichen, werden im Anschluss dann auch die auf die Aktion folgenden Strafen in Kauf genommen. Durch die gezielten Proteste soll die Demokratie gestützt und sogar verbessert werden.

Einer der modernen Begründer des zivilen Ungehorsams war der amerikanische Philosoph Henry David Thoreau, der 1849 Steuerzahlungen verweigerte. Das tat er, um sich gegen einen von den USA geführten Krieg mit Mexiko und das Fortbestehen der Sklaverei aufzulehnen. Somit brachte er seinen Unmut über das politische Fehlverhalten der US-Regierung mit einem Einzelprotest zum Ausdruck. Später orientierten sich auch Größen wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King an ihm. Ein weiteres bekanntes Beispiel für zivilen Ungehorsam ist Rosa Parks, die in den 1950er-Jahren das früher in den Südstaaten der USA herrschende Gesetz der „Rassentrennung“ missachtete, indem sie sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen Weißen freizumachen.

Geraubte Kunst stehlen: Ein Akt zivilen Ungehorsams

Diese Form des Protests und Aktivismus wendete auch der kongolesische Politaktivist Emery Mwazulu Diyabanza mit einer Gruppe anderer Aktivisten an. So versuchten sie 2020 einige der als Raubkunst aus Afrika gehandelten Kunstwerke aus verschiedenen französischen und niederländischen Museen zu entwenden. Die Kunstwerke sind während der Zeit des Kolonialismus zum Teil geraubt oder unrechtmäßig aus unterschiedlichen afrikanischen Ländern entwendet und von den Kolonialherren nach Europa gebracht worden. Die Entwendung der Kunst war oftmals nicht nur künstlerischer Natur, sondern auch mit kultureller Aneignung und vorherrschenden Machstrukturen verbunden. Um ausführlichere Informationen zum Thema zu erhalten, können unsere Artikel zu den Benin-Bronzen und der Rückgabe von kolonialer Raubkunst und zur Raubkunst im Humboldt Forum Berlin gelesen werden. Emery Mwazulu Diyabanza verfolgte mit der Protestaktion keineswegs das Ziel, die afrikanischen Kunstwerke tatsächlich zu stehlen, sondern versuchte damit die Aufmerksamkeit auf die Thematik in der Öffentlichkeit und der Politik zu erzielen. Auf diese Weise wollte die Gruppe auf afrikanische Kunst, die sich bis heute in europäischem Besitz befindet, aufmerksam machen. Somit sollten die betreffenden europäischen Staaten dazu bewogen werden, sich mit der aus Afrika stammenden Raubkunst auseinanderzusetzen und in den Austausch mit den Besitzerländern zu gehen, um diese zurückzugeben. Mit den Worten: „der Umstand, dass ich mein Geld dafür bezahlen musste, etwas zu sehen, das gewaltsam dort weggenommen wurde und dahin zurück gehört, wo ich herkomme, hat aus einer Entscheidung eine Tat werden lassen.“, kommentierte Emery Mwazulu Diyabanza die von ihm ins Leben gerufene Aktion. Die Aktion wurde von der Gruppe in einem Livestream im Internet übertragen. Damit sollte eine maximale Reichweite erzielt werden. Vorderstes Ziel der Aktion war nicht nur die Aufforderung, die geraubten Kunstwerke an die bestohlenen Herkunftsländer zurückzugeben, sondern auch auf die bis heute andauernden Auswirkungen des Kolonialismus aufmerksam zu machen. Dabei sollten Europäer*innen sowie Afrikaner*innen mit der Aktion erreicht und für die immer noch vorhandenen Missstände sensibilisiert werden. 

Für die Aktion werden Emery Mwazulu Diyabanza und seine Gruppe schließlich auch rechtlich zur Verantwortung gezogen, indem ihnen einige Monate nach dem Protest vor einem französischen Gericht der Prozess gemacht wird. Von einigen Beobachter*innen wird der Gerichtsprozess als Teil der Protestaktion gesehen, da durch diesen einige Monate später noch einmal Aufmerksamkeit auf die Aktion gelenkt wurde. Das französische Gericht verhängte für die Aktion schließlich eine Geldstrafe von 1.000 Euro. 

Durch den Protest erhielt die afrikanische Perspektive auf dieses Thema eine breite Aufmerksamkeit. 

Quellen: 

  1. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/letzte-generation-protest-berlin-101.html 
  2. https://www.bpb.de/themen/linksextremismus/dossier-linksextremismus/523756/die-protestform-des-zivilen-ungehorsams/ 
  3. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/138281/ziviler-ungehorsam-annaeherung-an-einen-umkaempften-begriff/ 
  4. https://www.socialnet.de/lexikon/Ziviler-Ungehorsam 
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Parks 
  6. https://www.ardmediathek.de/video/respekt/was-ist-ziviler-ungehorsam/ard-alpha/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvLzFjZWFhZWNiLTg2MmQtNGI1Zi1iM2ZlLTg2MGViOTg5NzU5NQ 
  7. https://www.dw.com/de/fridays-for-future-des-dekolonialismus/a-55286199 
  8. https://www.ardkultur.de/kunst-design/malerei/doku-raubkunst-afrika-100 
  9. https://www.deutschlandfunk.de/koloniale-raubkunst-geraubt-der-aktivist-mwazulu-diyabanza-100.html 
  10. https://www.sueddeutsche.de/kultur/urteil-paris-raubkunst-1.5067858 

Verfasst am 13. Dezember 2023

Die Auswirkungen der Klimakrise in Afrika — Naturkatastrophen und Notstände resultierend aus den Handlungen der Industrienationen

Über die dramatischen Folgen des Klimawandels für Afrika in Form von steigenden Temperaturen, extremen Wetterereignissen, Nahrungsmittelunsicherheit, verstärkter Migration und dem Risiko gewaltsamer Konflikte um Ressourcen.

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Die Auswirkungen der Klimakrise in Afrika — Naturkatastrophen und Notstände resultierend aus den Handlungen der Industrienationen

Die Zunahme der Klimakrisenherde auf der ganzen Welt ist dramatisch. Der afrikanische Kontinent ist dabei besonders stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, obwohl sein Beitrag mit einem Anteil von rund drei Prozent an den weltweit erzeugten CO2-Emissionen weitaus geringer ist als der Anteil der Industrienationen. Der Kontinent sieht sich aufgrund der negativen Folgen zahlreicher Herausforderungen konfrontiert. Diese haben erhebliche Auswirkungen auf Umwelt, Wirtschaft und die Lebensbedingungen der Bevölkerung vor Ort.

Ein Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), auch als Weltwetterorganisation bekannt, thematisiert den rapiden Temperaturanstieg auf dem afrikanischen Kontinent und geht auf die gravierenden Konsequenzen für Mensch und Natur ein. Insbesondere Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen, tropische Stürme und Starkregen sind bereits heute vermehrt auftretende Wetterereignisse auf dem Kontinent und werden laut der Organisation in Zukunft weiter zunehmen. Diese Entwicklung gefährdet unter anderem die Nahrungsmittelsicherheit, fördert Vertreibungen und die Migration von Menschen und erhöht das Risiko von gewaltvollen Auseinandersetzungen um Ressourcen.

Nahrungsmittelsicherheit

Aktuell sind über 55 Prozent der Bevölkerung Afrikas im Agrarsektor beschäftigt. Aufgrund von vermehrten Überschwemmungen und Dürren wird es für die Landwirt*innen jedoch zunehmend schwieriger, erfolgreiche Ernten zu erzielen. So prognostiziert die WMO vermehrte Ernteausfälle. Dies könnte langfristig zu einem Verlust vieler Arbeitsplätze im Agrarsektor führen. Zudem sind viele Länder in Afrika zunehmend darauf angewiesen, Nahrungsmittel aus anderen Teilen der Welt zu importieren, was erhebliche Zusatzkosten verursacht. Selbst bei erfolgreicher Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad müssen Regionen in Nord- und Südafrika mit Ernteeinbußen von bis zu 60 Prozent rechnen. Westafrika würde dabei etwa ein Zehntel seiner Maisernte einbüßen.

In den Regionen des Horns von Afrika, darunter Äthiopien, Somalia, Teile Kenias und dem Süden Madagaskars, sind die Menschen bereits von langanhaltenden Dürreperioden betroffen. Gleichzeitig kämpfen der Südsudan, Nigeria, der Kongo und Burundi mit massiven Überflutungen. Diese außergewöhnlichen Situationen verdeutlichen, wie der Klimawandel die Lebensbedingungen in verschiedenen Teilen Afrikas bereits jetzt erheblich beeinflusst.

Migration

Auch die Vertreibung der Bewohner*innen des Kontinents wird zu einem immer größeren Problem. So verließen im Jahr 2021 aufgrund klimatischer Ereignisse 2,5 Millionen Menschen in Afrika ihre Heimat. Die Einwohnenden sehen sich auch aufgrund fehlender Frühwarnsysteme und mangelhafter meteorologischer Daten immer stärker den Folgen der Klimaveränderungen ausgesetzt. Wesentliche Gründe für die Wanderungen ist Wasserknappheit, zunehmende Dürren und somit die Ausbreitung der Wüstenbildung, die Entwaldung und der steigende Meeresspiegel.

Auseinandersetzungen um Ressourcen

Der Klimawandel kann auch zu einer Zunahme von Konflikten führen. Durch die zuvor beschriebene Verknappung von Lebensmitteln und Wasser kann es zu gewalttätigen Konflikten kommen. Die Verteilung und der Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen können zum Auslöser für Auseinandersetzungen werden und somit zu Eskalationen führen. Gerade in Regionen, die bereits von Armut und politischer Instabilität betroffen sind, können zukünftige Belastungen durch den Klimawandel zusätzliche Spannungen verursachen. Konflikte um begrenzte Ressourcen wie Wasser und landwirtschaftliche Flächen können sich verschärfen. Darüber hinaus können Migrationsbewegungen aufgrund von Umweltveränderungen zu Unruhen zwischen verschiedenen Gemeinschaften oder Ländern führen. Es ist wichtig zu betonen, dass die Ursachen von gewaltsamen Konflikten komplex sind und oft unterschiedliche Faktoren einschließen. Darunter soziale, politische und wirtschaftliche Komponenten.

Diese Konflikte verdeutlichen die Notwendigkeit, gemeinschaftlich nachhaltige Lösungen für den afrikanischen Kontinent zu finden und gerade als Industrienationen, die durch ihren Lebensstil am meisten zur Klimakrise beitragen, die Lösungsfindungen maßgeblich mitzugestalten. 

Quellen:

  1. Spiegel: Erster Afrika-Klimagipfel startet in Kenia (September 2023)
  2. Tagesspiegel: Wer das Klima am meisten schädigt und wer die Folgen trägt (letzter Zugriff Dezember 2023)
  3. Zeit: Klimawandel zwingt 2,5 Millionen in Afrika zur Flucht (September 2022)
  4. Evangelische Zeitung: UN-Klimabericht: Temperaturen in Afrika steigen schneller (September 2023)
  5. Tagesschau: Afrika und Klimawandel – Mit voller Wucht (September 2023)
  6. IOM – UN Migration: In the Face of Climate Change, Migration Offers an Adaptation Strategy in Africa (September 2022)

Verfasst am 13. Dezember 2023

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Chinas Engagement in Afrika – Fluch oder Segen für die Entwicklung des Kontinents?

In den letzten Jahrzehnten hat China sich als bedeutender Akteur in Afrika etabliert, indem es erhebliche Investitionen getätigt und teilweise auch aktiv am politischen Geschehen des Kontinents teilgenommen hat. Laut Daten der China-Africa Research Initiative der Johns-Hopkins-Universität (Baltimore, USA) beliefen sich Chinas Investitionen in Afrika bis 2021 auf 299 Milliarden US-Dollar. Dieses bedeutsame wirtschaftliche Engagement hat gleichermaßen Enthusiasmus und Skepsis sowie eine komplexe Diskussion über die Rolle Chinas für die Zukunft Afrikas ausgelöst.

Chinas wirtschaftlicher Einfluss in Afrika hat sich in den letzten Jahren rapide ausgeweitet, mit Investitionen in Infrastruktur, der Ausbeutung natürlicher Ressourcen sowie dem Bau von Produktionsstätten. Die von China im Jahr 2013 gestartete Belt and Road Initiative (BRI) spielt dabei eine Schlüsselrolle bei der Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen China und afrikanischen Ländern. Nach einem Bericht des Brookings Instituts von 2021 beliefen sich Chinas Finanzierungszusagen allein im Transport- und Energiesektor Afrikas auf 148 Milliarden US-Dollar. Durch massive Infrastrukturprojekte wie Straßen, Häfen und Eisenbahnen strebt China an, die interkontinentalen Transportwege zu verbessern, was das Potenzial birgt, die gesamte wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent zu fördern.

Obwohl diese Investitionen zweifellos zur Verbesserung der Infrastruktur Afrikas beigetragen haben, wird aber auf Seiten der Kritiker oft argumentiert, dass sie auch zu einer (neuen) Abhängigkeit der afrikanischen Länder führen (können). Bedenken hinsichtlich der Kreditbedingungen und der Gefahr der sogenannten „Schuldenfallendiplomatie“ haben sich in letzter Zeit vermehrt. Auch gibt es immer wieder Zweifel bezüglich der von chinesischen Unternehmen angewandten Umweltstandards und Arbeitsbedingungen. Deshalb wird allgemein die Notwendigkeit betont, sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit gegenseitig vorteilhaft und nachhaltig ist.

Chinas Interessen in Afrika reichen augenscheinlich aber über rein wirtschaftliche Belange hinaus. Das Chinesisch-Afrikanische Kooperationsforum (FOCAC) dient als Plattform für diplomatischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen China und afrikanischen Ländern. Chinas Beteiligung an Friedenssicherungsmaßnahmen und Konfliktlösungen auf dem Kontinent spiegelt dabei ein wachsendes Engagement für politische Stabilität in der Region wider. Gemäß dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) hat China signifikant zur UN-Friedenssicherung in Afrika beigetragen, mit über 2.500 chinesischen Soldaten in verschiedenen Missionen. Allerdings wird Chinas militärisch-politisches Engagement in Afrika dahingehend kritisiert, da es als „nicht-interventionistisch“ betrachtet wird und wirtschaftliche Interessen über Menschenrechte und Minderheitenschutz stellt. Dabei wäre es insbesondere in Afrika von großer Bedeutung, die wirtschaftliche Zusammenarbeit gleichzeitlich mit dem Aufbau von demokratischen, rechtsstaatlichen Strukturen zu fördern, um eine umfassende und nachhaltige Entwicklungspartnerschaft zu gewährleisten.

Zusammenfassend ergibt sich somit ein recht ambivalentes Bild, was Chinas Rolle in Afrika betrifft: Einerseits tragen seine Investitionen erheblich zur dringend benötigten Entwicklung der Infrastruktur bei, fördern das Wirtschaftswachstum und reduzieren die Armut. Laut Studien der Weltbank entwickeln Investition in die Infrastruktur einen „Multiplikatoreffekt“ auf die wirtschaftliche Entwicklung, indem sie Arbeitsplätze schaffen und den Lebensstandard der Bevölkerung insgesamt verbessern. Andererseits dürfen die vielfältigen Bedenken hinsichtlich Transparenz, Umweltschutz und sozialer Auswirkungen nicht ignoriert und sichergestellt werden, dass die Erträge der Kooperation gerecht geteilt und langfristige Entwicklungsziele erreicht werden. Sollte dies gelingen, ist es aber durchaus möglich, dass China in Zukunft zu einer positiven Entwicklungsagenda für Afrika beitragen wird und damit einen Präzedenzfall für zukünftige globale Bemühungen setzt.

Quellen:

  1. China-Africa Research Initiative at Johns Hopkins University: “Cumulative Chinese Investment in Africa” (China’s Global Investment Tracker) (2021)
  2. Brookings Institution : “Foresight Africa 2021. Chinese Financing Commitments in Africa” (2021)                
  3. Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI): SIPRI Yearbook 2023: “Chinese Peacekeeping Troops in Africa. (2023)
  4. World Bank: World Bank on Infrastructure Investment (2023)

Verfasst am 29. November 2023

Von „König George“ zu „Präsident Weah“ – die unglaubliche Geschichte des liberianischen Weltfußballers George Weah

Wie ein Weltfußballer sich für seine Nation einsetzte und vom Sportler zum liberianischen Präsidenten wurde.

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Von „König George“ zu „Präsident Weah“ – die unglaubliche Geschichte des liberianischen Weltfußballers George Weah

Das Leben von George Weah mutet wie ein modernes Märchen an: Aufgewachsen in einem Ghetto in der liberianischen Hauptstadt Monrovia wurde er 1995 zum ersten afrikanischen FIFA-Weltfußballer des Jahres gewählt. Nach dem Ende seiner aktiven Fußballerkarriere widmete er sich der Jugendförderung und anderen humanitären Zielen und war zeitweise UNICEF-Botschafter. Schließlich engagierte er sich ab Anfang der 2000er in seinem Heimatland Liberia, politisch und regiert seit 2018 sogar als 25. Präsident das westafrikanische Land.

Dabei ist der erste Teil seiner Geschichte zwar nicht häufig, aber definitiv nicht einmalig. Viele große Namen wie Lionel Messi, Cristiano Ronaldo, Zinédine Zidane, Diego Maradonna, Sadio Mané, Pelé – um nur ein paar zu nennen – schafften den Sprung von einem bescheidenen Background auf die Weltbühne des internationalen Fußballs. Und dies macht wohl einen großen Teil der anhaltenden Anziehung des von Skandalen gebeutelten Profi-Sports aus: Die Möglichkeit, allein durch Talent und Disziplin den sozialen Aufstieg zu schaffen und unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder sozialer Schicht die höchsten Sphären von Ruhm und Wohlstand zu erreichen. Deshalb ist insbesondere Fußball auch in der ganzen Welt eine der beliebtesten Sportarten: Man kann ihn auf perfektem Rasen in einem teuren Stadium genauso spielen wie auf dem Hinterhof, der Sporthalle oder der Straße und dabei insgeheim träumen, entdeckt zu werden und irgendwann von dem Sport (gut) leben zu können.

Dieser Traum jedenfalls wurde für Weah wahr, als der kamerunische Nationaltrainer, Claude Le Roy, 1988 seinen Trainerkollegen Arsène Wenger auf ihn aufmerksam machte, welcher ihn für umgerechnet ca. 14.000 € nach Monaco, in die französische Division 1 holte. Als Kind getrennter Eltern und eines von 13 Kindern, die von der Großmutter großgezogen wurden, war für ihn dabei noch nicht mal der Schulbesuch vorgezeichnet. Umso bemerkenswerter ist es, dass Weah nicht nur einen Schulabschluss, sondern auch eine technische Ausbildung machen und im Anschluss eine feste Anstellung beim staatlichen, liberianischen Telekommunikationsunternehmen erlangen konnte.

Im Laufe seiner Sportlerkarriere spielte Weah unter anderem für Paris Saint-Germains, AC Milan, Chelsea und Olympique de Marseille. Bis heute bleibt er dabei der einzige Weltfußballer, der nie an einer Weltmeisterschaft teilgenommen hat, da Liberia sich noch nie dafür qualifizieren konnte. Als er 2003 mit 37 Jahren schließlich seine Fußballschuhe an den Nagel hing, engagierte er sich deshalb zunehmend für die Ausbildung und Nachwuchsförderung in seinem Heimatland und gründete unter anderem den Fußballclub Junior Professional, dessen einziges Aufnahmekriterium der Schulbesuch war.

2005 versuchte er sich dann zum ersten Mal als Politiker und kandidierte mit seiner eigens dafür gegründeten Partei Kongress für demokratischen Wandel um die Präsidentschaft Liberias. Mit seinen kaum 40 Jahren und ohne viel Vorerfahrung verlor er allerdings an die spätere Nobelpreisträgerin und Harvard-Absolventin Ellen Johnson Sirleaf. 2014 erlangte er dann als Senator sein erstes politisches Amt und Ende 2017 wurde George Weah, der als Fußballspieler den Titel „King George“ erhalten hatte, zum ersten „Fußballer-Präsident“ des von Bürgerkriegen gebeutelten Liberia gewählt. Als Hauptziele seiner Präsidentschaft nannte er die Bekämpfung der Korruption, die Reform der Wirtschaft, die Bekämpfung des Analphabetismus und die allgemeine Verbesserung der Lebensbedingungen. Eine seiner ersten Amtshandlungen bestand darin, sein eigenes Gehalt um 25% zu kürzen, er veranlasste außerdem Reformen des Einwanderungs- und Eigentumsrechts, investierte in Gesundheit und Bildung und sagte der im Land weitverbreiteten Gewalt an Frauen und Mädchen den Kampf an.

Eine (wirtschaftliche) 180-Grad-Drehung hat Liberia zwar auch unter Weahs Regierung nicht geschafft – es leidet weiter unter hoher Inflation und einer international schwachen Währung. Auch sinkt der Korruptionsindex seit Jahren anstelle zu steigen (wenn auch marginal)und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hat sich in den letzten Jahren 5 Jahren seit Weahs Amtsantritt auch nicht drastisch verbessert. Trotzdem können viele seiner Initiativen als progressiv und vor allem auf gesellschaftlicher Ebene zukunftsweisend verstanden werden. Weahs Lebensweg von der Armut über den Profisport hin zur Präsidentschaft eines ganzen Lands dürfte in jedem Fall allein schon für viele Liberianer*innen und Nicht-Liberianer*innen inspirierend sein.

Quellen:

  1. BBC News: „George Weah sworn in as Liberia’s president“ (März 2018)
  2. Transparency International:  Korruptionsindex (“Corruptions Perception Index”) 2012-2022
  3. African Leadership Magazine: „George Weah’s Political leadership impact on Liberia“ (Juli 2023)

Verfasst am 22. November 2023

Lösungen mit und für Afrika – der African Climate Summit 2023 in Kenia

Auf dem diesjährigen African Climate Summit in Nairobi wurde diskutiert und verhandelt, um gerechte Lösungen gegen den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf den afrikanischen Kontinent zu finden.

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Lösungen mit und für Afrika – der African Climate Summit 2023 in Kenia

Der diesjährige Africa Climate Summit fand in der kenianischen Hauptstadt Nairobi statt. Vom 4. bis 6. September trafen sich afrikanische Staats- und Regierungschef*innen sowie Vertreter*innen der Vereinten Nationen internationaler Regierungen, der Privatwirtschaft und NGO’s um über eine gemeinsame grüne Zukunft vor allem für den afrikanischen Kontinent zu sprechen. Ausgerichtet wurde der Gipfel vom kenianischen Präsidenten William Ruto und der Afrikanischen Union. Dabei riefen vor allem afrikanische Staatsführende zur Beihilfe und Lösungsfindungen zur Bekämpfung der Klimakatastrophe auf dem afrikanischen Kontinent aus. Diese richtete sich insbesondere an die Industrienationen, da diese den Löwenanteil an den weltweit produzierten Treibhausgasemissionen verursachen und somit am stärksten für die Klimakrise verantwortlich sind. Afrika trägt im Gegensatz dazu nur einen sehr geringen Teil zur Klimakrise bei, leidet aber am stärksten unter den Folgen. So liegen laut der Organisation Oxfam sieben von zehn Klimakrisenherde in Afrika.

Vorhaben

Bei dem Gipfel sollte es insbesondere um den Ausbau erneuerbarer Energien, die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten in Afrika und Forderungen nach Schadenersatz durch die Nationen des Globalen Nordens gehen. Für den Anbau der erneuerbaren Energien sollten die benötigten Ressourcen, die Afrika bietet, diskutiert werden. Des Weiteren sollten Schuldenerleichterungen für afrikanische Staaten in den Blick genommen werden, da laut den Vereinten Nationen zwischen 2020 und 2030 Klimaschäden in Höhe von voraussichtlich 290 bis 440 Milliarden US-Dollar in Afrika entstehen würden. Ohne einen entsprechenden Erlass sei die Klimakrise demnach nur schwer bewältigbar. Somit soll zukünftig auf grüne Energie gesetzt werden. In diesem Vorhaben ist Kenia heute schon Vorreiter, indem 90 Prozent der in Kenia produzierten Energie aus erneuerbaren Energien stammt. Das Ziel ist die 100-prozentige Umstellung auf erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030. Aufgrund der auf dem afrikanischen Kontinent vorhandenen teilweise kritischen Ressourcen, unbewirtschafteten Ackerflächen und das Verfügen der größten Infrastruktur zur Kohlenstoffbindung wird Afrika als Hoffnungsträger für den Ausbau erneuerbarer Energien gesehen, so der kenianische Präsident Ruto. Der Kontinent soll nicht länger als hilfebedürftig dargestellt, sondern als Vorreiter und lösungsschaffend wahrgenommen werden.

Vereinbarungen auf dem Gipfel

Eine wichtige Errungenschaft des Klimagipfels war die Verabschiedung der Nairobi Deklaration. Darin wurde ein globales Finanzabkommen beschlossen, in dem Industrieländer zusagen, jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung bereitzustellen und ihre Ambitionen und Unterstützung für Anpassung, Klimaschutz, Technologietransfer und Kapazitätsaufbau in Afrika zu verstärken. Des Weiteren wurde den afrikanischen Staaten ein verbesserter Zugang zu vergünstigten Krediten in Aussicht gestellt. Gesonderte Finanzierungszusagen wurden von unterschiedlichen Staaten getätigt. So sagten die Vereinigten Arabischen Emirate Zahlungen von insgesamt 4,5 Milliarden US-Dollar für Projekte rund um erneuerbare Energien zu und die US-Afrika-Partnerschaft für Ernährungssicherheit stellt 30 Millionen US-Dollar in Aussicht, um die klimaresistente Ernährungssicherheit auf dem afrikanischen Kontinent zu verbessern. Das Land Kenia soll außerdem der neue Standort für das neue Afrika-Hauptquartier des Global Center for Adaptation werden.

Dies sind nur einige Beschlüsse und Einigungen, die der diesjährige Klimagipfel in Afrika hervorbrachte.

Kritik

Doch auch Kritik an verschiedenen Vorhaben im Zuge dieses Gipfels werden laut. So wird vor allem kritisiert, dass einige Verpflichtungen und Maßnahmen nicht konkret genug ausgearbeitet wurden. Des Weiteren kann auch der Abbau von kritischen Ressourcen für den Ausbau von erneuerbaren Energien kritisiert werden, da dieser negative Auswirkungen für die Bevölkerung der Länder vor allem in den Abbaugebieten haben kann. Nähere Informationen dazu können in unserem Infothekartikel zum „Grünen Kolonialismus“ nachgelesen werden. Es wird außerdem erwähnt, dass zur gerechten Umsetzung der Vorhaben um den Ausbau erneuerbarer Energien und „im Sinne der afrikanischen Bevölkerung“ der verstärkte Einbezug der Zivilgesellschaft stattfinden müsse. Dieser Zugang bliebe jedoch vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen verwehrt, so Joachim Fünfgelt von Brot für die Welt. Daneben stehen auch die Vereinigten Arabischen Emirate in der Kritik. Diese sagen zwar eine hohe Summe zum Ausbau erneuerbarer Energien für den afrikanischen Kontinent zu, sehen, sich jedoch als weltweit größter Ölproduzent harscher Kritik ausgesetzt. Es wird befürchtet, dass die Nation in CO2-Abscheidetechnologien investiert. Auf diese Weise könnten sie weiterhin auf fossile Brennstoffe wie Öl und Gas setzen, mit der Argumentation, dass diese aufgrund der neuen Technologie nun ja klimaneutral verbrennen würden. Dies erschwert die Erreichung des Ziels klimafreundlicher Energie.

Der Klimagipfel und die daraus resultierenden Beschlüsse und Vereinbarungen sind also erste Schritte, allerdings wird ersichtlich, dass es noch ein weiter Weg bis zu einer klimaneutralen bis -freundlichen und gerechten globalen Welt ist.

Quellen:

  1. https://www.spiegel.de/ausland/african-climate-summit-23-in-nairobi-erster-afrika-klimagipfel-startet-in-kenia-a-5489a170-e1b8-449e-8bb7-3780a791cf4b
  2. https://africaclimatesummit.org/
  3. https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-1244200.html
  4. https://www.welthungerhilfe.de/aktuelles/aktuelle-artikel/africa-climate-summit-2023-ein-aufruf-zum-handeln
  5. https://www.deutschlandfunk.de/klima-gipfel-in-afrika-soll-mit-abschluss-dokument-beendet-werden-100.html
  6. https://earth.org/africa-climate-summit-2023-milestone-or-mirage/
  7. https://www.brot-fuer-die-welt.de/pressemeldung/statement-zur-verabschiedung-der-nairobi-erklaerung-zum-klimawandel/
  8. https://www.seforall.org/news/key-outcomes-from-the-first-africa-climate-summit

Verfasst am 20. November 2023

Grüner Kolonialismus  – ein grüner Wettlauf um kritische Ressourcen in Afrika

Grüner Kolonialismus als neue Form der Kolonialisierung

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Grüner Kolonialismus  – ein grüner Wettlauf um kritische Ressourcen in Afrika

Was ist Grüner Kolonialismus?

Die Klimakrise stellt eine der dringlichsten Probleme und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar und muss auf politischer, wirtschaftlicher und globaler Ebene angegangen werden. Daher wird seit Jahrzehnten nach Lösungen gesucht, wie der Klimawandel eingedämmt und langfristig aufgehalten werden kann. So soll unter anderem ein dauerhafter Kohle- und Atomausstieg angestrebt sowie die Produktion von Elektroautos vorangetrieben und erneuerbare Energien auf den Weg gebracht werden. All das fordert allerdings auch wertvolle und vor allem kritische Ressourcen, die häufig aus Ländern des Globalen Südens bezogen werden. So werden für den Bau von Solaranlagen, Windrädern und E-Autos Ressourcen wie Lithium und Kobalt benötigt. Diese und einige andere wichtige Rohstoffe sind unter anderem auf dem afrikanischen Kontinent zu finden. Aufgrund dessen wird häufig von einem „grünen Wettlauf“ in Afrika gesprochen, denn auch diese Ressourcen sind begrenzt und neigen sich über kurz oder lang dem Ende zu. Vom „Grünen Kolonialismus“ wird deshalb gesprochen, da diese Art des Ressourcenabbaus in Ländern des Globalen Südens und zum Wohle des Globalen Nordens sehr an die Strukturen aus Zeiten des Kolonialismus erinnert. 

Das Problem am Grünen Kolonialismus 

In der Diskussion der Europäischen Union um eine verbesserte und sauberere Energiepolitik findet der sogenannte Grüne Kolonialismus wenig Berücksichtigung. Den Mitgliedsstaaten geht es vornehmlich um den Ausbau erneuerbarer Energien und das effiziente Erreichen der Klimaschutzagenda. Dabei werden jedoch die Auswirkungen auf die Länder, aus denen die Rohstoffe kommen, wenig berücksichtigt. Dieser Fakt wird in der Debatte um den Ausbau neuer Technologien häufig vergessen. Ein weiteres Problem stellt die Einstellung der Förderung von Öl, Kohle und Gas seitens vieler Industrienationen dar. So wollen unter anderem Großbritannien und die USA Finanzierungen zur Förderung der Rohstoffe im Ausland stoppen, aber in den eigenen Ländern durch Subventionierungen gefördert vorantreiben. Somit bauen sie ihre Inlandsproduktion sogar noch aus, um noch mehr Profite machen zu können. Kritisiert wird dabei vor allem der entstehende wirtschaftliche Schaden für die Menschen im Globalen Süden.

Die einkommensschwächeren Nationen, die ohnehin schlechteren Zugang zu Energieversorgung haben, haben auf diese Weise einen noch schwereren Zugang zu der wichtigen Ressource. Dies geht auf Kosten des Wachstums und Wohlstands dieser Bevölkerung. Der Abbau der kritischen Rohstoffe führt außerdem häufig dazu, dass Menschen, die das notwendige Land bewohnen, auf weniger ertragreiches Land umsiedeln müssen, was dazu führt, dass ihnen Einkommensquellen wegfallen und sie ihre Familien nicht ausreichend versorgen können. Daher wird kritisiert, dass diese Form der Klimapolitik nicht nur der Bevölkerung vor Ort schade, sondern auch keinen wesentlichen Effekt auf die Bekämpfung der Klimakrise habe. 

 Quellen: 

  1. Der Standard: Experten kritisieren „grünen Kolonialismus“ bei kritischen Rohstoffen (Juli 2023)
  2. Vienna Institute for International Dialog and Cooperation: Grüner Kolonialismus? Der Wettlauf um kritische Rohstoffe aus Afrika (letzter Zugriff September 2023)
  3. Zeit: Klimaschutz oder grüner Kolonialismus? (Januar 2022)  
  4. Rosa Luxemburg Stiftung: Beware Europe’s New Green Colonialism (Juli 2023)  
  5. Foreign Policy: Rich Countries’ Climate Policies Are Colonialism in Green (November 2021)  

Verfasst am 25. September 2023

Handicap International e.V.

Handicap International ist eine gemeinnützige Organisation, die sich weltweit mit etwa 400 Projekten in rund 60 Ländern für Inklusion, Rehabilitation und Rechte für Menschen mit Behinderung einsetzt und darüber hinaus inklusive humanitäre Hilfe in Krisensituationen leistet

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Handicap International e.V.

Handicap International ist eine gemeinnützige Organisation, die sich weltweit mit etwa 400 Projekten in rund 60 Ländern für Inklusion, Rehabilitation und Rechte für Menschen mit Behinderung einsetzt und darüber hinaus inklusive humanitäre Hilfe in Krisensituationen leistet

Matriarchale Gesellschaften — ein Gegenentwurf zu patriarchalen Strukturen

Die Gesellschaftsstruktur des Matriarchats als außergewöhnliche Lebensführung auf der westafrikanischen Insel Orango

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Matriarchale Gesellschaften — ein Gegenentwurf zu patriarchalen Strukturen

 

Es gibt sie nicht häufig, aber es gibt sie — matriarchale Gesellschaften. Diese Gesellschaftsformen sind heute noch in manchen Gebieten in Ländern wie China oder Indien zu finden, aber auch auf dem afrikanischen Kontinent gibt es vereinzelt matriarchale Gesellschaftsstrukturen. So auch auf der zu Guinea Bissau gehörenden Insel Orango. Auf der Insel herrschen seit 1910 matriarchale Strukturen und bilden somit einen Gegenentwurf zu den weltweit eher verbreiteten Strukturen des Patriarchats. 

Patriarchat vs. Matriarchat

Beim Patriarchat handelt es sich um ein Gesellschaftssystem von sozialen Beziehungen, welches vornehmlich von Männern geprägt und kontrolliert wird. Das bedeutet, dass in patriarchal geprägten Gesellschaften vor allem Männer auf staatlicher, politischer und rechtlicher Ebene die Macht inne haben und Entscheidungen in sämtlichen gesamtgesellschaftlichen Belangen treffen. In einem Patriarchat wird außerdem sichergestellt, dass die Macht an die nächste männliche Generation weitergegeben wird und somit in männlicher Hand bleibt. Mit diesen Strukturen geht ein Machtgefälle zwischen den Geschlechtern einher. Patriarchale Strukturen sind dabei bei Weitem die häufigsten gesellschaftlichen Strukturen weltweit. 

In einem Matriarchat wiederum hat die Frau die mehrheitliche Macht in Staat, Familie und Gesellschaftsordnung. Sie nimmt eine bevorzugte Stellung ein und gibt diese Macht mit der weiblichen Linie weiter. Dieses gesellschaftliche System wird meistens dadurch begründet, dass die Herrschaft auf eine Ahnfrau oder eine größere Göttin zurückzuführen sei.  

Okinka Pampa

Auch die matriarchalen Strukturen auf der westafrikanischen Insel Orango entstammen einer mächtigen Herrscherin. Die von 1910 bis 1930 herrschende Königin Okinka Pampa führte die matriarchalen Strukturen auf Orango ein. Sie hielt auf der Insel Widerstand gegen die portugiesischen Kolonialherren, setzte sich für die Rechte der Frauen ein und erließ Sozialreformen für ihr Volk. Außerdem schaffte die fortschrittliche Herrscherin die Sklaverei in ihren Hoheitsgebieten ab und schloss schließlich einen Friedensvertrag mit den portugiesischen Kolonialherren. Somit erlangte sie viele positive Errungenschaften für ihr Volk und wird bis heute von den Menschen vor Ort verehrt.

Das heutige Zusammenleben der Menschen auf Orango 

Seither haben vornehmlich die Frauen auf der Insel das Sagen und bilden das Familienoberhaupt. Sie bauen die Häuser, in denen sie mit ihren Familien leben, besitzen diese hinterher alleinig und verfügen über allen Besitz. Die Frauen treffen ebenfalls die Entscheidungen, wenn es um das Zusammenleben mit den Männern geht. Sie bestimmen somit auch die Trennung von ihnen. Die Frauen haben jedoch nicht nur die meiste Macht, sondern leisten auch die meiste Arbeit, indem sie sich um den Haushalt kümmern und das gesamte Familien- und Dorfleben managen. Die Männer auf der Insel kümmern sich währenddessen um das Fischen und haben ansonsten kaum größere Verpflichtungen, müssen sich aber dem Willen der Frauen unterordnen. Dabei sind die Frauen stolz auf ihre Rolle in der Gemeinschaft und nehmen sich als unabhängig wahr. Die meiste Macht auf der Insel haben jedoch die Königinnen und Priesterinnen von Eticoga. Sie geben den politischen und auch den spirituellen Ton an. 

Inzwischen gibt es auch einen männlichen Dorfvorsteher, dessen Meinung bedeutsam für die Königinnen und Priesterinnen ist. Somit soll sichergestellt werden, dass niemand ausgeschlossen wird. Zu Beratschlagungen treffen sich zunächst die Männer und Frauen getrennt, setzen sich dann aber zusammen, um über Dorfangelegenheiten zu entscheiden. Das letzte Wort haben dennoch am Ende die Königinnen und Priesterinnen. Somit werden auf politisch gesellschaftlicher Ebene mehr und mehr demokratische Werte gelebt. Aufgrund der Mitsprache aller wird von der Insel Orango seit einigen Jahren auch nicht mehr von einem reinen Matriarchat gesprochen.

Was denkt der Rest des Landes

Auch wenn die Regierung in der Hauptstadt Bissau kaum auf die besondere Lebensform der Menschen in Orango reagiert und alle offiziellen Dekrete an den männlichen Dorfvorsteher gehen, gelten die Bewohner*innen und die Gemeinschaftsstrukturen auf Orango für viele Einwohner*innen der Hauptstadt Bissau als vorbildlich. Diese sehen die besondere Lebensführung der Menschen auf der Insel als etwas Positives, an dem sich die sehr patriarchal orientierte Gesellschaftsordnung im Rest des Landes etwas abschauen könne. Aufgrund großer politischer Probleme des Landes wird ein vermehrtes Mitspracherecht für Frauen als fortschrittlich und demokratiefördernd angesehen.

Quellen:

  1. Youtube – Weltspiegel: Orango: Hier haben Frauen das Sagen | Weltspiegel (2023)
  2. Gleichstellung im Blick: Die Entwicklung des Patriarchats und wo Sie es heute noch finden können (Oktober 2021)  
  3. Hyperkulturell – Portal für Interkulturelle Kommunikation: Patriarchat und Matriarchat (2020)
  4. Wikipedia: Matriarchat (letzter Zugriff August 2023)
  5. Spektrum: Matriarchat (letzter Zugriff August 2023)
  6. Wikipedia: Okinka Pampa (letzter Zugriff August 2023)
  7. Spiegel: Was ist anders, wenn Frauen die Entscheidungen treffen? (April 2022)  

Verfasst am 30. August 2023

African Fashion — afrikanische Mode als politisches Statement

Wie African Fashion politische Statements setzt und das afrikanische Selbstbewusstsein stärkt.

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African Fashion — afrikanische Mode als politisches Statement

Afrikanische Mode und deren Designer*innen gewinnen immer mehr an Bedeutung und Aufmerksamkeit in der internationalen Modewelt. Die Modekreationen junger nigerianischer, senegalesischer oder südafrikanischer Designer*innen sind vermehrt auf den Laufstegen von Modemetropolen wie Paris und Mailand zu sehen. Auch Fashion Weeks werden auf dem afrikanischen Kontinent selbst immer häufiger und beliebter. So gibt es seit 2002 die Dakar Fashion Week. Die senegalesische Hauptstadt Dakar ist schon lange dafür bekannt, eine der Modehauptstädte des afrikanischen Kontinents zu sein, nicht zuletzt, weil sie lange Zeit die einzige Fashion Week in Subsahara-Afrika war. Mittlerweile finden Fashion Weeks aber unter anderem auch in Kapstadt, Johannesburg, Lagos und Accra statt. Auch einflussreiche internationale Modemagazine wie die Vogue Italia oder The Business of Fashion interessieren sich vermehrt für afrikanische Mode, deren Formen, Farben, Stoffe und die Message, die sie sendet. Denn bei der afrikanischen Mode geht es den Designer*innen nicht einzig und allein um Bekleidung, sondern auch um politische Botschaften, die auf gesellschaftlichen Wandel aufmerksam machen und diesen vorantreiben wollen.

Fashion als politisches Statement

Mode soll nicht nur schön sein, sondern auch auf politischer Ebene fungieren. So möchte der nigerianische Modeschöpfer Adebayo Oke-Lawal mit seinen Kreationen Geschlechternormen und -stereotype hinterfragen, aufbrechen und neu denken. Er verarbeitet Stoffe, Materialien und Farben, die typischerweise eher mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht werden, auch in seinen Herrenkollektionen. Diese enthalten oftmals Rüschen, Seide oder Chiffon. Mit seinen Designs setzte er in der Vergangenheit außerdem ein Statement gegen Polizeigewalt und machte auf deren Proteste aufmerksam, indem er bei den Schauen Elemente einbrachte, die die Gewalt auf Nigerias Straßen thematisierte.

Immer mehr zeigt sich auch die Sichtbarkeit queerer Menschen in der afrikanischen Modewelt. Der südafrikanische Designer Rich Mnisi brachte zur PRIDE 2023 gemeinsam mit dem Sportartikelhersteller Adidas eine queere Kollektion heraus und erwirkte damit internationale Aufmerksamkeit für die Bedarfe der afrikanischen LGBTQIA* Communities. Außerdem sollen non-binäre Designs dazu beitragen, Widerstand gegen strickte Anti-LGBTQIA* Gesetze in einigen afrikanischen Ländern zu leisten. 

Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit spiegelt sich in den Kollektionen vieler Designer*innen wider. Lukhanyo Mdingi, Fashion-Designer aus Kapstadt, schaut bei seiner Mode nicht nur auf die ökologische Nachhaltigkeit der verwendeten Materialien, sondern schafft auch faire Arbeitsbedingungen und Löhne für seine Angestellten, da gerade in der Textilindustrie weltweit verheerende Arbeitsbedingungen vorzufinden sind. Dem möchte der Designer entgegenwirken, indem er vor allem Frauen, die häufig als Näherinnen arbeiten, durch die Arbeit bei ihm die Möglichkeiten bietet, ihre Familien ausreichend versorgen zu können.

Ziele der afrikanischen Designavantgarde

Ziel der Designer*innen und ihrer Kreationen ist es aber auch international auf sich aufmerksam zu machen. Vorurteile gegenüber Afrika, die ein Bild von Armut und Korruption zeichnen, sollen aufgebrochen und tiefverankerte koloniale Vorstellungen abgeschafft werden. Stattdessen sollen positive und lebendige Schnitte und Designs dazu beitragen, dass der Kontinent mit Vielfalt und Aufbruch in Verbindung gebracht wird. 

Die zumeist jungen Designer*innen möchten außerdem selbst als positive Beispiele auf dem eigenen Kontinent fungieren. So wollen sie junge Afrikaner*innen motivieren, sich für ihre Träume stark zu machen und eine gemeinschaftliche positive Zukunft des Kontinents anstreben.

Durch diese Bemühungen schafft die afrikanische Modewelt Transparenz, Diversität und gesellschaftliche Verantwortung sowie die Konfrontation mit gesellschaftlich relevanten Themen, um so dazu beizutragen, dass die afrikanische Gesellschaft gestärkt wird und ein neues Selbstbewusstsein erlangt. 

Quellen: 

  1. Fashion Africa Now: THE POLITICS OF AFRICAN FASHION (August 2018)
  2. Arte: African Styles (Juli 2023)
  3. thred: Nigerias junge Designer setzen auf geschlechtsspezifische Mode (Juli 2022)
  4. Fashion Network: Adidas und Rich Mnisi lancieren Pride-Kollektion (Mai 2023)
  5. Frankfurter Allgemeine: Eine Protestbewegung wird in Blut ertränkt (Oktober 2020)
  6. Vogue Germany: #EndSARS: 5 Kreative aus Nigeria erkären, warum es bei der Bewegung um (noch) mehr geht als Polizeigewalt (November 2020)

Verfasst am 14. August 2023

Sexuelle Orientierung = Lebensgefahr? – LGBTQIA*-Bewegungen in Afrika für die Rechte von queeren Menschen

Was tun, wenn öffentliches Händchenhalten eine Gefängnisstrafe nach sich zieht? Was tun, wenn die Todesstrafe droht, wenn man sich öffentlich zu seiner Sexualität bekennt? Für viele homosexuellen und trans* Menschen weltweit gehören diese Fragen zum Alltag. Neben vielen anderen Organisationen setzen sich auch Gruppen in afrikanischen Ländern für die Rechte von queeren Menschen ein! Wir stellen euch drei Beispiele vor.

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Sexuelle Orientierung = Lebensgefahr? – LGBTQIA*-Bewegungen in Afrika für die Rechte von queeren Menschen

Weltweit sieht sich die LGBTQIA* Community immer noch verheerender Diskrimierung ausgesetzt. In 66 Staaten wird Homosexualität kriminalisiert und mit hohen Gefängnisstrafen oder sogar der Todesstrafe sanktioniert. Aber nicht nur auf formaler Ebene sieht sich die queere Community erheblicher Diskriminierung ausgesetzt, auch Ausgrenzung und Gewalt gegenüber homosexuellen und trans* Menschen sind immer noch an der Tagesordnung. So nehmen die Zahlen von Angriffen auf und Gewalttaten gegenüber Zugehörigen der LGBTQIA* Community beispielsweise auch in Deutschland zu. In den USA wird aufgrund des zunehmenden politisch rechten Einflusses verstärkt ein Klima des Hasses gegenüber homosexuellen und trans* Menschen sichtbar. Durch den Erlass von Anti-LGBTQIA* Gesetzen in Staaten wie Florida, Tennessee oder Texas steigen Gewalt und Hass enorm an. 

Und auch in einigen Ländern des Globalen Südens verschlechtert sich die Situation queerer Menschen, so beispielsweise in Uganda. Dort wurde kürzlich ein Gesetz erlassen, welches in bestimmten Fällen für den Tatbestand der „schweren Homosexualität“ die Todesstrafe vorsieht. Aktivist*innen, die sich für die Rechte dieser Menschen einsetzen, droht außerdem eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren. Damit hat das Land eines der schärfsten Gesetze gegen homosexuelle Menschen und die LGBTQIA* Community weltweit. 

Es wird sehr deutlich, dass die Situation für queere Menschen überall auf der Welt angespannt und gefährlich ist. Gleichzeitig entstehen immer mehr Bewegungen und Organisationen, die sich gegen solche Entwicklungen stellen und Aufklärungs- und Empowermentarbeit leisten. Diese Entwicklung ist auch in afrikanischen Ländern zu beobachten. Aktivist*innenbewegungen engagieren sich mit Projekten und Veranstaltungen für die Rechte und gegen die Diskriminierung von queeren Menschen. Hier möchten wir drei von ihnen vorstellen:

National Gay und Lesbian Human Rights Commission

Eine von ihnen ist die National Gay und Lesbian Human Rights Commission, die sich in Kenia für die juristische Unterstützung von queeren Menschen einsetzt. Sie wurde 2012 von sechs jungen Jurist*innen in Kenia gegründet, um die Rechte von Frauen zu stärken und Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität zu verhindern. Sie leiten strategische Rechtsstreitigkeiten im Sinne der queeren Community ein, stellen Betroffenen Rechtsbeistand zur Seite und bieten Schulungen und Aufklärung über die Rechte und Bedürfnisse sexueller und geschlechtlicher Minderheiten in Kenia an. Dabei erreichte die Kommission erst kürzlich einen wichtigen Meilenstein, indem einer ihrer Klagen von Kenias Obersten Gerichtshof stattgegeben wurde, welche sich auf das Recht auf die Vereinigungsfreiheit als LGBTQIA* Organisation berief. Dieses stehe nach dem Gerichtsurteil der gesamten queeren Community als Menschenrecht zu. 

BOLD Network AFRICA

Das BOLD Network AFRICA versteht sich als Sprachrohr der queeren Community, um zu vermitteln, dass diese sich nicht nur durch ihre Sexualität definiere, sondern inspirierende Visionär*innen, Macher*innen und Gestalter*innen unter ihnen seien. Vor allem soll jedoch vermittelt und erreicht werden, dass sie als gleichwertige Menschen in den afrikanischen Gesellschaften wahrgenommen werden. Das Netzwerk wurde 2020 von Chris Muriithi gegründet, nachdem sie Erfahrungen von Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung machte. 

BOLD setzt sich auf unterschiedlichen Ebenen für queere Menschen ein. Zum einen versuchen sie den Menschen außerhalb der Community Geschichten und Lebensrealitäten der Community durch Filme und Dokumentationen näher zu bringen und somit Aufklärung und Offenheit für diese zu schaffen. Zum anderen bieten sie Trainings in afrikanischen Organisationen an, um das Umfeld, in dem queere Menschen arbeiten, integrativer, freundlicher und respektvoller zu gestalten. Es soll dazu beitragen, Mobbing am Arbeitsplatz aufgrund der sexuellen Orientierung zu verhindern und die Repräsentation queerer Menschen im professionellen Umfeld zu steigern. Außerdem unterstützt das Netzwerk Kreative und Künstler*innen des Kontinents bei ihrer Arbeit, afrikanische Geschichten durch Musik, Kunst und Mode zu erzählen. Musik und Kunst soll so zur Aufklärung beitragen und bestehende gesellschaftliche Normen verändern. 

Coalition of African Lesbians

Die Coalition of African Lesbians ist ein feministisches pan-afrikanisches Netzwerk aus 14 Organisationen, welche sich für Freiheit, Gerechtigkeit und körperliche Selbstbestimmung in zehn Ländern auf dem afrikanischen Kontinent einsetzt. Sie gründete sich bereits im Jahr 2004. Ihr Ziel ist es, die Stimmen vor allem von lesbischen, bisexuellen und trans* Frauen zu stärken. Sie wollen die zunehmende Gewalt gegenüber Frauen der LGBTQIA* Community bekämpfen und streben eine schärfere Verfolgung der Täter*innen an. Das allumfassende Ziel ist es, unterschiedlichste Kampagnen in den verschiedenen afrikanischen Ländern zu vernetzen und zu koordinieren, um  Gerechtigkeit für die Community auf kontinentaler Ebene zu fordern und zu fördern. 

Die Klage des Lehrers Letsweletse Motshidiemang gegen den Staat Botswana

Dank des Lehrers Letsweletse Motshidiemang hat sich auch die Situation der LGBTQIA* Community in Botswana verändert. Er klagte 2016 gegen den botswansichen Staat, da homosexuelle Handlungen im Land verboten waren. Ein solches Gesetz wollte er mit einer entsprechenden Klage kippen. Das Gesetz sah eine Gefängnisstrafe von bis zu sieben Jahren für solche Handlungen vor. Letsweletse Motshidiemang wollte als schwuler Mann nicht länger in Angst leben und ging gemeinsam mit einem Anwalt rechtlich gegen dieses Gesetz vor. Er gewann die Klage schließlich im Jahr 2019. Der Oberste Gerichtshof entkriminalisierte Homosexualität mit der Begründung, dass es sich „bei der sexuellen Ausrichtung um keine Modeerscheinung handele, sondern den Menschen angeboren sei“. 

Quellen: 

  1. LSVD – Lesben- und Schwulenverband: LGBT-RECHTE WELTWEIT: WO DROHT TODESSTRAFE ODER GEFÄNGNIS FÜR HOMOSEXUALITÄT? (Zugriff Juli 2023)  
  2. ZDF: „Auch in Deutschland längst nicht alles gut“ (Mai 2023)
  3. ZDF: LGBTQ-Community: Zielscheibe der Republikaner (Juni 2023)
  4. ZDF: Ugandas Präsident stimmt Anti-LGBTQ-Gesetz zu (Mai 2023)  
  5. Zeit: Afrikanisch, queer und selbstbewusst – Mut zur Sichtbarkeit (Juni 2022)
  6. National Gay & Lesbian Human Rights Commission (Stand August 2023)
  7. Heinrich Böll Stiftung: Kenia: Welchen Preis zahlt die LGBTIQ-Community für ihren Kampf gegen Diskriminierung? (März 2023)
  8. CAL Coalition – Instagram @calcoalition
  9. Sigrid Rausing Trust: Coalition of African Lesbians (Zugriff Juli 2023)  
  10. Bold Network Africa (Zugriff Juli 2023)
  11. Fluter: „Politik ist mir egal, ich wollte einfach frei sein“ (August 2023)

Verfasst am 04. August 2023

Mehr als eine Kunstform: Musik als Sprachrohr für politischen Aktivismus 

Viele afrikanische Musiker*innen nutzen die Macht der Musik für sich, um Menschen zu inspirieren und politische Botschaften zu vermitteln.

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Mehr als eine Kunstform: Musik als Sprachrohr für politischen Aktivismus 

“When someone sings, truth speak directly to your heart” – Angelique Kidjo (1)

Musik bewegt. Sie kann Emotionen auslösen, Energie wecken, motivieren und Menschen zusammenbringen. Als eine Form der Kommunikation hat Musik damit eine unglaubliche Macht. Dieses machtvolle Werkzeug wissen viele Musiker*innen für sich zu nutzen, um Menschen zu inspirieren und politische Botschaften zu vermitteln (2).  

So sind unter anderem mehrere afrikanische Künstler*innen dafür bekannt, dass sie ihre Plattform nutzen, um Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken (3). In ihren Liedern nehmen sie die Zuhörenden mit auf eine Bildungsreise, die zum Beispiel auf soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam macht, von denen die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent im Laufe der Jahre betroffen waren und bis heute sind. Ob es um den Wunsch nach Frieden, die Beendigung von Konflikten oder das Eintreten für die Rechte von Frauen geht – sie machen auf Probleme und Ungerechtigkeiten aufmerksam, die beseitigt werden müssen (4). Eine kleine Auswahl von ihnen wollen wir Euch hier vorstellen.  

Y‘en a marre  

Y’en a marre – was so viel heißt wie „Ich hab’s satt“ – ist eine Gruppe senegalesischer Rapper, Jorunalist*innen und Aktivist*innen, die seit ihrer Gründung 2011 eine wichtige gesellschaftliche Rolle in Senegal spielt. Die Gruppe spricht verschiedene vor allem politische Themen an, die das Land betreffen. So wandte sich die Bewegung zum Beispiel entschieden gegen die dritte Amtszeit des damals amtierenden Präsidenten Abdoulaye Wade und spielte eine entscheidende politische Rolle bei der Wahl vom bis heute amtierenden Präsidenten Macky Sall im März 2012. Das lag mitunter auch daran, dass die Gruppe und ihre Mitglieder zusätzlich zu ihrer Musik von Tür zu Tür gingen, um junge Senegales*innen für die Wahl zu registrieren (5). Das allgemeine Ziel der Gruppe: Der senegalesischen Jugend eine neue Art des (politischen) Denkens und Handelns nahebringen.  

Auch nach der Wahl blieb Y‘en a marre weiterhin aktiv, veranstaltet Versammlungen und Shows und fordert die neue Regierung auf, versprochene Wahlversprechen einzuhalten. Mit der Infragestellung der sozio-politischen Ordnung steht Y‘en a marre in einer langen Tradition der Mobilisierung der Bürger*innen und der politischen Beteiligung junger Menschen im Senegal (4).  

PilAto – „The Voice of the Voiceless 

Der sambische Hip-Hop-Musiker, Poet, Menschenrechtsaktivist und politische Kommentator Fumba Chama, bekannt unter seinem Künstlernamen „PilAto“, ist in seinem Heimatland und über die Landesgrenzen hinaus für seinen beharrlichen gesellschaftlichen und politischen Einsatz bekannt und gilt als Idol der sambischen Jugend. In seiner Musik und seinen Auftritten spricht er kontroverse Themen an, prangert Machtmissbrauch, Korruption, soziale Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel an, und das obwohl die Meinungsfreiheit in Sambia eingeschränkt ist. Aus diesem Grund ist der Künstler schon mehrmals festgenommen worden (6).

Als im August 2021 in Sambia Präsidentschaftswahlen stattfanden, setzte sich der Musiker im Vorfeld – teilweise aus dem Untergrund agierend – zusammen mit anderen Zivilorganisationen für die Mobilisierung der jungen Wählerschaft ein und propagierte offen einen politischen Wandel, mit Erfolg. Die Wahlbeteiligung war unvorhersehbar hoch und mithilfe der mobilisierten Jugend wurde friedlich ein neuer Präsident gewählt. Auch nach dem Regierungswechsel setzt er sich weiterhin dafür ein, das politische Bewusstsein der Bevölkerung zu schärfen und für eine aktive politische Teilhabe zu motivieren (7). 

Angelique Kidjo – „Instead of screaming my rage I would sing it 

Ich habe immer versucht, meine Stimme zu benutzen – singend und sprechend – um gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu kämpfen.“ (8)  

Schon zu Anfang ihrer Karriere war die Musikerin Angelique Kidjo politik-kritisch aktiv. Nachdem sie sich weigerte, für das repressive Regime ihres Landes Benin aufzutreten, das in der Zeit der kommunistischen Diktatur von 1972 bis 1991 nur die engste Art von Kunst in Form von Propaganda zuließ, floh Kidjo in den 1980er Jahren aus ihrem Heimatland nach Frankreich. Seither setzt sich die Grammypreisträgerin und laut Forbes Magazin eine der 50 einflussreichsten Frauen Afrikas mit ihrer Musik unter anderem mit Themen der politischen Unterdrückung und staatlichen Gewalt auseinander (9) und setzt sich neben der Meinungsfreiheit vor allem auch für Geschlechtergerechtigkeit ein (8).

Mit jungen afrikanischen Künstler*innen zusammenarbeitend, zelebriert sie in ihren Liedern heute nicht nur die kulturelle Kraft und den Eifer des afrikanischen Kontinents, sondern behandelt auch sozio- und politikkritisch Themen wie die Klimakrise oder Polizeigewalt (9). Einer dieser Künstler*innen ist der nigerianische Musiker Burna Boy. In unserem Innovationskoffer für die Sekundarstufen stellen wir Arbeitsblätter für den Unterricht zum Album “African Giant” von ihm zur Verfügung. Mehr Infos dazu hier.  

Quellen

  1. New York Times: Songs of Freedom (November 2012)
  2. Global Citizen: 7 African Musicians Whose Music Stands Up Against Injustice & Inequality (Februar 2021)  
  3. Africa News: Music as a tool for activism (Oktober 2017)
  4. EduBirdie: Tactics Of Activism Used By The Selected African Musicians In Tackling Global Injustice (März 2022 ) 
  5. Jeune Afrique: Sénégal : Wade et le péril jeune (August 2011)
  6. Amnesty International Deutschland: AKTIVIST GEGEN KAUTION FREI (Letzter Zugriff am 24. Juli 2023)  
  7. Daily Maverick: People’s power triumphed in Zambia: ‘Can you breathe now?’ (September 2021)  
  8. Amnesty International: Musician Angélique Kidjo and African youth activists honoured with Amnesty International award (Mai 2016)
  9. The Guardian: Interview – ‘Africa has so much talent – we can’t even grasp it’: Angélique Kidjo on pop, politics and power (Juni 2021)

Verfasst am 24. Juli 2023

Feminist Coalition – Eine nigerianische Bewegung von Frauen für Frauen

Die Feminist Coalition ist ein Zusammenschluss nigerianischer Frauen, die sich unter anderem für Bildungsgerechtigkeit, politische Teilhabe und Ernährungssicherheit von Frauen für Frauen einsetzt.

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Feminist Coalition – Eine nigerianische Bewegung von Frauen für Frauen

Die Feminist Coalition ist ein Zusammenschluss nigerianischer Frauen, die sich unter anderem für Bildungsgerechtigkeit, politische Teilhabe und Ernährungssicherheit von Frauen für Frauen einsetzt.

Impfstoff gegen Malaria

Ghana und Nigeria lassen als erste Länder weltweit den R21-Malaria-Impfstoff zu.

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Impfstoff gegen Malaria

Im April 2023 ließ Ghana als erstes Land der Welt den neuen R21/Matrix-M-Impfstoff der Universität Oxford gegen Malaria zu. Eine vorläufige Zulassung des Impfstoffes erfolgte eine Woche später auch in Nigeria. Damit wurde der Impfstoff bereits vor der Empfehlung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und damit erstmals zuerst in einem afrikanischen Land zugelassen (1).  

Was ist Malaria? 

Malaria ist eine der gefährlichsten und häufigsten Infektionskrankheiten der Welt und wird durch die weibliche Anopheles-Mücke übertragen. Sie kommt in tropischen und subtropischen Regionen aller Kontinente (außer in Australien) in etwa 100 Ländern vor (2) und löst Fieber und Gliederschmerzen aus. Unbehandelt kann sie im schlimmsten Fall zur Hirnhautentzündung und somit zum Tod führen. Laut dem Malaria-Report 2022 der WHO wurden 2021 247 Millionen Malariafälle und 619.000 Todesfälle registriert. Ein Großteil der Todesfälle – etwa drei Viertel – waren Kinder unter fünf Jahren (3). Afrika ist mit 90 Prozent der registrierten Fälle der am meisten betroffene Kontinent (2).  

Für weitere Informationen zu Malaria: Unser Gesundheitskoffer enthält den Film „Das Fieber“, der eine Heilpraktikerin und einen Arzt bei ihrem täglichen Kampf gegen Malaria begleitet.  

Impfstoffzulassung und Herstellung 

Der nun in Ghana und Nigeria zugelassene Impfstoff ist auch für Kinder unter drei Jahren zugelassen und ist damit gerade im Kontext der hohen Sterblichkeitsrate bei mit Malaria infizierten Kindern ein bedeutender Fortschritt. Bereits vor zwei Jahren wurden die ersten klinischen Studienergebnisse des R21/Matrix-M-Impfstoffes veröffentlicht, in denen der Wirkstoff bei über 400 Teilnehmenden getestet wurde. Demnach bieten drei Erstdosen und eine Auffrischung ein Jahr später einen Schutz von über 77 Prozent (5). Die offizielle Empfehlung zur Zulassung durch die WHO steht derzeit noch aus. Sie wartet noch auf bisher unveröffentlichte Ergebnisse einer Phase-3-Studie in Burkina Faso, Kenia, Mali und Tansania, an der insgesamt 4.800 Kinder teilnahmen (1). Der Hauptentwickler des Impfstoffs, Adrian Hill, gab jedoch bereits bekannt, dass die Studie eine ähnliche Sicherheit und Wirksamkeit gezeigt habe (6).  

Der weltweit größte Impfstoffhersteller – das Serum Institute of India – ist bereits dabei, mehr als 100 Millionen Dosen pro Jahr herzustellen. Die Herstellungskosten könnten sich auf ein paar Dollar belaufen, was eine Erhebliche Verringerung der Malariabelastung bedeuten würde (5). Der WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus sprach im Kontext der R21-Impfstoffherstellung von einem „historischen Moment“ und einem „Durchbruch für Wissenschaft, Kindergesundheit und Malariabekämpfung“. So könne der Einsatz des Impfstoffes zusätzlich zu den bereits bestehenden Mitteln zur Malariaprophylaxe und den Vorbeugungsmaßnahmen durch z.B. Moskitonetze, Moskitosprays und spezielle Malariaseifen jedes Jahr Zehntausende junger Menschenleben retten. (4) 

In diesem Artikel findet Ihr u.a. Antworten darauf, warum die Entwicklung eines Malaria-Impfstoffes vergleichsweise lange gedauert hat.  

Neue Selbstbestimmtheit afrikanischer Länder 

Die Zulassung des Impfstoffs durch die beiden Länder vor der offiziellen Empfehlung durch die WHO gilt als eher ungewöhnlich. Viele Länder, die über keine eigenen Zulassungsverfahren für Impfstoffe verfügen, halten sich oft an die WHO-Empfehlungen, denn für Impfstoffe, insbesondere Kinderimpfstoffe, erfolgt normalerweise zuerst eine Prüfung durch diese. Die Herstellung wird dann im Anschluss auch von internationalen Organisationen wie z.B. UNICEF mitfinanziert.

Mit der Zulassung des Malaria-Impfstoffes in Ghana und Nigeria wurde zum ersten Mal ein bedeutender Impfstoff in einem afrikanischen Land zugelassen, bevor dies in wirtschaftlich stärkeren Regionen der Welt geschieht. Expert*innen bewerten dieses Vorgehen als Zeichen einer neuen Selbstbestimmtheit der afrikanischen Länder. Das könnte auch ein Resultat der strukturellen Vernachlässigung des afrikanischen Kontinents bei der Verteilung der Corona-Impfstoffe sein (1). Zur Entscheidung zum R21-Impfstoff sagte die WHO, dass sie derzeit keinen konkreten Zeitplan habe. So zeigt sich erneut, dass es der WHO an der Dringlichkeit fehlt, die sie und andere Aufsichtsbehörden der Welt bei Covid an den Tag gelegt haben (6).  

Quellen

(1) LoNam: Malaria-Impfstoff Erstmals heißt es Africa-First (Juni 2023)
(2) Robert Koch Institut: Malaria (Letzter Zugriff am 26. Juni 2023)
(3) UNICEF: Malaria: Alle Fragen und Antworten zur Infektionskrankheit – und wie UNICEF hilft (Juni 2023)
(4) World Economic Forum: Malaria vaccines provide new hope in fight against the disease (April 2023)
(5) BBC: New malaria vaccine is world-changing, say scientists (September 2022)
(6) NBC News: Promising new malaria vaccine has been approved in two countries, with others likely to follow (April 2023)

Verfasst am 26. Juni 2023

Natürlich reich und trotzdem arm? Die Theorie des „Ressourcenfluchs“   

Haben rohstoffreiche Länder einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber rohstoffarmen Ländern? Eher nicht, suggeriert die Theorie des "Ressourcenfluchs".

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Natürlich reich und trotzdem arm? Die Theorie des „Ressourcenfluchs“   

In Zeiten von Energiekrise und einem Krieg, der zu einem Großteil aus Bodenschätzen finanziert wird, scheint es zunächst eine plausible Annahme zu sein, dass rohstoffreiche Länder einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber rohstoffarmen Länden hätten (1). Diese Annahme hielt sich auch in der Wissenschaft lange Zeit standhaft und wurde erst in den 1980er Jahren durch zahlreiche Studien hinterfragt, in denen ein Zusammenhang zwischen Ressourcenreichtum und niedrigem Wirtschaftswachstum nachgewiesen wurde (2). Ein Phänomen, das auch als „Ressourcenfluch“ bezeichnet wird. Als Beispiele auf dem afrikanischen Kontinent zählen hierzu unter anderem Nigeria, Angola und die Demokratische Republik Kongo (DRK).  

So war Nigeria 2021 führender Erdölproduzent und -exporteur Subsahara Afrikas, gefolgt von Angola. (6) Doch im Index für menschliche Entwicklung (Human Development Index – HDI), einem Wohlstandsindikator für Staaten, liegen beide Länder auf den hinteren Plätzen (Nigeria: Platz 163/191; Angola: Platz 148/191). Gleiches gilt für die DRK. Reich an Kobalt (z.B. für Lithium-Ionen-Batterien in E-Autos, die u.a. in der deutschen Automobilindustrie eingesetzt werden), Tantal (wichtiger Stoff für die Elektrotechnik) und Diamanten, belegt das Land im HDI Platz 179 von 191 (7) Doch wie ist dieser scheinbare Gegensatz zu erklären?  

Schlüsselfaktoren des Ressourcenfluchs 

Der afrikanische Kontinent ist reich an Rohstoffen. Doch unterschiedliche und kontextabhängige Schlüsselfaktoren führen dazu, dass die Wirtschaft und die Bevölkerung einiger Staaten nicht davon profitiert.

Die Erklärungsansätze für dieses Paradox sind vielfältig und für die einzelnen Länder unterschiedlich ausgeprägt. Gewiss spielt eine Rolle, dass viele der rohstoffreichen Länder gleichzeitig auch autokratisch-diktatorisch geführt werden. Vom Druck der Widerwahl entlastet, orientiert sich die Wirtschaftspolitik dieser Regierungen oftmals an den Interessen einer kleinen Oberschicht. (1) Bleiben wir bei den oben genannten Beispielen, so zeigt sich, dass alle drei Staaten auf dem Demokratieindex von 2022 als autoritäre bzw. im Falle Nigerias als hybrides Regime eingestuft werden. (8) 

Ein weiterer Aspekt ist Korruption. So landen viele rohstoffreiche Länder auf den hinteren Plätzen des Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International. Von insgesamt 180 bewerteten Ländern belegt Nigeria Platz 150, Angola Platz 116 und die DRK Platz 166. (9) Korruption hemmt die Entwicklung der Wirtschaft und klaut dem Staat Einnahmen (unter anderem vom Export der Rohstoffe), die z.B. für Investitionen in Infrastruktur, das Gesundheitssystem und Bildung benötigt werden. Zudem fördern große Vorkommen natürlicher Rohstoffe bewaffnete Konflikte um die wertvollen Lagerstätten. (2)  

Darüber hinaus führt ein großer Reichtum an natürlichen Ressourcen häufig zu einer oft einseitigen und damit krisenanfälligen Wirtschaftsstruktur. Fokussiert sich ein Staat nur auf eine einzige Einnahmequelle – hier die Einnahme durch den Export der natürlichen Rohstoffe – macht dieser sich davon abhängig. So hatten zum Beispiel die fallenden Ölpreise in den letzten Jahren für ein Land wie Nigeria dramatische wirtschaftliche Folgen. (2) Von dieser Gefahr sind auch stabile demokratische Staaten betroffen.   

Der Ressourcenfluch ist kein Naturgesetz 

Rohstoffreiche Länder wie Botsuana und Ghana zeigen jedoch, dass der Ressourcenfluch kein unumgängliches Naturgesetz sein muss. Nach dem Vorbild Norwegens – dem drittgrößten Erdölexporteur der Welt -, das einen erheblichen Anteil der Ressourcen-Einkünfte in einen staatlichen Pensionsfonds und den Rest in Bildung, Gesundheit und die Infrastruktur investiert, hat auch Ghana ein Gesetz verabschiedet, das einen Teil der Öleinnahmen des Landes in staatliche Fonds überführt. Kontrolliert durch ein speziell dafür gegründetes Komitee, dem auch zivilgesellschaftliche Akteure beisitzen, dient dieser der Stärkung von bäuerlicher Landwirtschaft und als Puffer für Krisenzeiten. Ähnliches gilt für Botsuana. Das Land im Süden Afrikas ist der weltweit größte Exporteur von Edelsteinen und investiert einen Großteil der Einnahmen aus dem Export in das Bildungs- und Gesundheitswesen. So hat es das Land seit Erlangung seiner Unabhängigkeit 1966 in relativ kurzer Zeit geschafft, zu einem der finanziell und politisch stabilsten Staaten Afrikas zu werden. (3) (4) 

Good Governance und Investitionen in Humankapital 

Natürlich spielen noch weitere, individuell geltende Faktoren eine Rolle für den Erfolg der Länder. Die Beispiele machen jedoch zwei allgemeine Aspekte deutlich, die dazu beizutragen scheinen, dem Ressourcenfluch zu entgehen: Gute Regierungsführung und Investitionen in Humankapital. Besonders der hohe Stellenwert von Bildung schlägt sich in einer höheren Arbeitsproduktivität nieder und kann somit höhere Wachstumsraten gewährleisten. So wird erwartet, dass die Entwicklung von Fähigkeiten bei der Gewinnung und Nutzung der natürlichen Ressourcen helfen kann. Das wiederum kann die negativen Auswirkungen auf das Wachstum, die mit dem Verbrauch natürlicher Ressourcen einhergehen, abschwächen. (5) 

Die Beispiele machen deutlich, dass die Auswirkungen des Rohstoffreichtums von Land zu Land unterschiedlich und nicht vom Rohstoffreichtum per se, sondern von den Kontextfaktoren abhängig sind. Ob der Begriff Ressourcenfluch also tatsächlich angebracht ist, lässt sich anzweifeln.  

Quellen

(1) Frankfurter Allgemeine: Der Fluch des Rohstoffreichtums (März 2023)
(2) DNR: Ressourcenfluch (Letzter Aufruf am 24. Mai 2023)  
(3) Deutschlandfunk Kultur: Ressourcenfluch – Warum viele Länder trotz Rohstoffreichtum arm bleiben (Mai 2015)   
(4) Spiegel: Der Fluch der Ressourcen (Mai 2006)
(5) Rahim et al.: Do natural resources abundance and human capital development promote economic growth? A study on the resource curse hypothesis in Next Eleven countries, in: Resources, Environment and Sustainability Volume 4 (Juni 2021)
(6) Statista: Oil production in Africa as of 2021, by country (Juni 2022)
(7) United Nations Developmental Programme: Human Development Report 2021-22 (September 2022)
(8) Länderdaten: Demokratieindex 2022
(9) Transparancy International Deutschland: CPI 2022: Tabellarische Rangliste

Verfasst am 24. Mai 2023

Der Mythos der „Überbevölkerung“ als Ursache für Klimakrise und Hungerkatastrophen

Bevölkerungswachstum wird häufig als Ursache für Klimakrise und Hungerkatastrophen genannt. Das ist nicht nur faktisch falsch, sondern schürt Angst und füttert menschenverachtende Narrative.

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Der Mythos der „Überbevölkerung“ als Ursache für Klimakrise und Hungerkatastrophen

Ob Klimakrise oder Hungerkatastrophen: In der Diskussion über Ursachen und Auswirkungen globaler Probleme hält sich der Mythos der „Überbevölkerung“ hartnäckig. Die Logik dahinter: Zu viele Menschen verbrauchen zu viele Ressourcen und tragen zu einem Zuviel an CO2-Emmissionen bei. Die Eindämmung des Bevölkerungswachstum würde demnach Klimakrise und Hunger entgegenwirken. Diese Logik ist nicht nur oberflächlich und faktisch falsch, sie ist zudem oft rassistisch und menschenfeindlich. (1)  

Überbevölkerung ist nicht verantwortlich für die Klimakrise 

Die Weltbevölkerung ist in den letzten 500 Jahren von 500 Millionen auf mehr als acht Milliarden Menschen gestiegen. Gleichzeitig waren die CO2-Werte in der Atmosphäre noch nie so hoch wie heute. Einen Kausalzusammenhang zwischen Bevölkerungswachstum und Klimakrise zu schlussfolgern, ist jedoch irreführend und leicht zu widerlegen. So ist Afrika momentan der Kontinent mit der höchsten Geburtenrate, knapp 18 Prozent der Weltbevölkerung leben hier. Gleichzeitig trägt der Kontinent aber nur etwa drei bis vier Prozent zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Die Gleichung „mehr Menschen = mehr CO2-Emissionen“ geht also nicht auf. Denn anders als das Argument nahelegt, trägt nicht jeder Mensch gleich viel zur Klimakrise bei. Ganz im Gegenteil. (2) 

Das Problem ist „Überkonsum“ nicht „Überbevölkerung“ 

Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Global Footprint Network leben besonders die Länder des Globalen Nordens über ihre Verhältnisse. So wären fast drei Erden notwendig, um den Ressourcenverbrauch nachhaltig zu ermöglichen, wenn alle Menschen so leben würden wie die Europäer*innen. Bevölkerungsreiche Staaten wie Nigeria und Äthiopien bleiben dagegen bisher unter der Nachhaltigkeitsschwelle von einer Erde. (3)  

Das Problem heißt also „Überkonsum“ und nicht „Überbevölkerung“. Denn das Produktions- und Konsumverhalten der Industrienationen trägt maßgeblich zur Klimakrise bei. Eng verbunden damit – zumindest zum Teil – sind auch die Ursachen von Hunger. So hat sich zum Beispiel in den Bemühungen zur Verringerung des Hungers in den letzten Jahren deutlich gezeigt, dass das Problem, trotz des Bevölkerungswachstums, nicht ein Mangel an Nahrungsmitteln ist, sondern vielmehr ein Problem der Effizienz des gesamten Produktions- und Verbrauchsprozesses, angefangen bei der Landnutzung. Denn als Reaktion auf die steigende Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten (vor allem im Globalen Norden) werden etwa 60 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Weidehaltung von Tieren genutzt. Im weiteren Verlauf des Verarbeitungsprozesses geht ein Drittel der produzierten Lebensmittel – also in etwa 1,3 Milliarden Tonnen pro Jahr – verloren und wird verschwendet. (4) Das Nicht-Vorhandensein von Ressourcen ist im Kern also nicht das Problem, sondern die Frage danach, wer sie verbraucht und wie. (5) 

Framing von „Überbevölkerung“ ist menschenfeindlich und rassistisch 

Die „Überbevölkerung“ zum Sündenbock der Klima- und Hungerkrise zu machen, ist also nicht nur falsch, es ist auch der Versuch, die Verantwortung zu verschieben – weg von den reichen Industrienationen hin zu den ärmeren Ländern des Globalen Südens. Darüber hinaus reproduziert das Framing das Problem tiefgreifender Ungleichheit und Rassismus, und macht den Weg frei für menschenverachtende Narrative. So schüren vor allem Rassist*innen ganz aktiv die Angst vor der sogenannten „Überbevölkerung“, um ihre Einstellungen und Taten zu rechtfertigen. (1)(5) 

Fakt ist, dass die Ursachen und Auswirkungen von Klimakrise und Hunger vielfältig und komplex sind. Einfache und schnelle Lösungen, wie es das Framing der „Überbevölkerung“ suggeriert, gibt es nicht. 

Quellen

(1) El Ouassil, Samira – Spiegel: Der Mythos der Überbevölkerung (November 2022) 

(2) Stich, Maria – Perspective Daily: Hört auf, den Mythos »Überbevölkerung« zu glauben! (Mai 2022)

(3) Earth Overshoot Day (Stand März 2023)

(4) UN Environmental Programme: How to feed 10 billion people (Juli 2020)

(5) Sepehr, Jana – Global Citizen: Wir werden immer mehr: 5 Mythen über das Wachstum der Welt (Juli 2018)

Verfasst am 21.3.2023

Ergebnisse der COP 27

Die UN-Klimakonferenz 2022 (COP 27) hat sich auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Der Aufbau eines Fonds für Klimaschäden und -verluste wurde beschlossen, dringend notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz fehlen jedoch.

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Ergebnisse der COP 27

Am Sonntag kam die zweiwöchige UN-Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh, Ägypten zum Ende und die fast 200 Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens haben sich auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt. 

Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden und -verlusten 

Festgelegt wurde der Aufbau eines gemeinsamen Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden und -verlusten in Ländern des Globalen Südens. Dies bedeutet einen großen diplomatischen Erfolg für Afrika und andere von der Klimakrise gefährdete Nationen. Sie versuchten schon lange vor allem die Europäische Union und die Vereinigten Staaten  von der Idee eines Fonds zu überzeugen. Die beiden großen Emittenten hatten sich jahrelang gegen die Forderungen nach einem Fonds gesträubt, weil sie befürchteten, dass ein solcher Fonds sie für historische Emissionen haftbar machen könnte. Durch die Formulierung in der Vereinbarung, die vorsieht, dass die Mittel aus einer Vielzahl bestehender Quellen, einschließlich Finanzinstitutionen, stammen sollen, konnten die Bedenken zerstreut werden. (2) 

Mit dem Fonds für Klimaschäden sollen unabwendbare Folgen der Erderhitzung wie Dürren, Überschwemmungen und Stürme, der steigende Meeresspiegel und Wüstenbildung abgefedert werden. Besonders gefährdete Länder im Globalen Süden sollen Mittel aus dem Fonds erhalten, darunter viele afrikanische Staaten. Viele Fragen bleiben jedoch offen, denn in dem Beschluss werden zum Beispiel weder Summen für den neuen Entschädigungsfonds genannt noch wer den Fonds beaufsichtigen soll. Vorgesehen ist lediglich der Einsatz einer Übergangs-Kommission, die Empfehlungen dazu erarbeiten wird. Diese sollen dann auf der nächsten UN-Klimakonferenz Ende 2023 in Dubai beraten werden. Bis der Fonds existiert und zum Einsatz kommt, werden wahrscheinlich noch einige Jahre vergehen. (1) (2) 

Ein Schritt nach vorne und zwei zurück?  

Doch die Errichtung des Fonds hat auch seinen Preis. Denn eine Einigung für eine stärkere Verpflichtung auf das im Pariser Abkommen von 2015 festgelegte 1,5 Grad Ziel gab es nicht. So gaben viele der Länder im Nachhinein zu, sie hätten sich unter Druck gesetzt gefühlt, auf strengere Verpflichtungen zur Begrenzung der globalen Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu verzichten, damit die wegweisende Vereinbarung über den Fonds zustande kommen konnte.  

Der letztjährige COP26-Gipfel in Glasgow, Schottland, hatte sich auf das Thema konzentriert, das 1,5 Grad-Ziel am Leben zu erhalten. Die Länder wurden damals aufgefordert, ihre nationalen Klimaziele vor dem diesjährigen Gipfel in Ägypten anzupassen. Nur ein Bruchteil der fast 200 Vertragsparteien hat dies auch getan. Einige Länder versuchten sogar auf der diesjährigen Klimakonferenz, die in Glasgow eingegangenen Verpflichtungen zurückzunehmen. Zwar konnte dies verhindert werden, doch eine ganze Reihe ehrgeiziger, aber von der Wissenschaft als notwendig erachteter, Maßnahmen wurde blockiert: Darunter zum Beispiel wichtige Maßnahmen zum Kohleausstieg und eine klare Verpflichtung zum Ausstieg aus oder zumindest der schrittweise Abbau von weiteren fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas. Ein Vorantreiben des Klimaschutzes ist auf der diesjährigen COP also nicht gelungen. (2)  

Damit bleibt die Erklärung hinter den Forderungen vieler Klimaaktivist*innen und Umweltschützer*innen zurück. Und auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres warf der UN-Klimakonferenz vor, zentrale Ziele verfehlt zu haben: „Ein Fonds für Verluste und Schäden ist wichtig – aber er ist keine Lösung, wenn die Klimakrise einen kleinen Inselstaat von der Landkarte verschwinden lässt oder ein ganzes afrikanisches Land in eine Wüste verwandelt. Die Welt braucht immer noch einen großen Sprung in Sachen Klimaambitionen.“ (3) 

Quellen

(1) Tagesschau: COP27 einigt sich auf Abschlusserklärung (November 2022)

(2) Reuters: COP27 delivers climate fund breakthrough at cost of progress on emissions (November 2022)  

(3) Foreign Policy: What Came Out of COP27? (November 2022)

Verfasst am 22.11.2022

Handlungsoptionen

Im Vorfeld und während der COP gibt es viele weitere großartige politische Kampagnen. Besonders wichtig ist es, auch die zu unterstützen, die von den sogenannten „Frontline“ Communities und Organisationen kommen. - also von denen, die am stärksten betroffen sind.

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Handlungsoptionen

Im Vorfeld und während der COP gibt es viele weitere großartige politische Kampagnen. Besonders wichtig ist es, auch die zu unterstützen, die von den sogenannten „Frontline“ Communities und Organisationen kommen. Also von denen, die am stärksten betroffen sind. Viele haben nicht das Privileg wie die meisten von uns, gegen Ungerechtigkeiten auf die Straße gehen zu können und zu demonstrieren. Jeden zweiten Tag wird weltweit ein*e Umweltschützer*in getötet. Du kannst Aktivistis mit deiner Reichweite unterstützen. Die Staats- und Regierungschefs auf der COP27 müssen auf die Lösungen hören, die diese inspirierenden Aktivist*innen auf den Tisch bringen.    

Drei solcher Kampagnen möchten wir euch im Folgenden gerne vorstellen: 

Don’t Gas Africa – Erschließungsstopp weiterer fossiler Energien in Afrika  

Don’t Gas Africa ist ein eindringlicher Aufruf der afrikanischen Zivilgesellschaft, um sicherzustellen, dass die Afrikanische Union die Ausweitung der Förderung fossiler Brennstoffe nicht unterstützt. Die Förderung fossiler Brennstoffe in Afrika hat nicht zum Wohlstand der Bevölkerung geführt. Ganz im Gegenteil. 600 Millionen Afrikaner*innen haben nach wie vor keinen Zugang zu moderner, sauberer und erneuerbarer Energie. Don’t Gas Africa setzt sich für die Verbreitung kostengünstiger, sauberer, dezentraler und erneuerbarer Energien ein, um die Energieausgrenzung zu beenden und die Bedürfnisse der Menschen in Afrika zu erfüllen. Darüber hinaus fordern sie einen transformativen, von den Menschen getragenen Prozess, der einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel beinhaltet, um den Menschen und Gemeinden auf dem gesamten Kontinent erneuerbare Energien zur Verfügung zu stellen.  

Auch Ihr könnt den Aufruf zum Förderungs-Stopp fossiler Energien unterstützen, indem Ihr den offenen Brief unterschreibt und in den sozialen Netzwerken teilt! 

Debt for Climate – Schuldenerlass des Globalen Südens  

Die Graswurzel-Initiative Debt for Climate – angeführt von Menschen aus dem Globalen Süden – verbindet soziale Gerechtigkeits- und Klimagerechtigkeitskämpfe miteinander, indem sie die Arbeits-, sozialen und Klima-Bewegungen des Globalen Südens und des Globalen Nordens hinter einem gemeinsamen Ziel vereint. Das Ziel ist die Überwindung der “Diplomatie der Schuldenfalle” durch die Entschuldung der Länder mit geringen finanziellen Ressourcen, sodass diese es sich leisten können, eine gerechte Energiewende zu finanzieren, ohne dabei auf fossile Energien zurückgreifen zu müssen.  

Unterstützen könnt Ihr die Initiative, indem Ihr sie in den sozialen Netzwerken teilt und euch der Bewegung anschließt.  

Rise Up Movement  

Das Rise Up Movement wurde von der ugandischen Klimaaktivistin Vanessa Nakate ins Leben gerufen und bietet afrikanischen Klimaaktivist*innen eine Plattform, auf der ihre Stimme von der Welt gehört werden kann.  

Indem Ihr das Rise Up Movement auf euren Social Media Kanälen teilt, könnt ihr die Reichweiten dieser Stimmen erhöhen.  

Klimafinanzierung auf der COP27

Jährlich 100 Milliarden US-Dollar Klimafinanzierung ab 2020 – Das wurde den Ländern des Globalen Südens von den Ländern im Globalen Norden versprochen. Mit ca. 83 Milliarden US-Dollar pro Jahr wurde das Versprechen jedoch weit verfehlt. Auf der COP27 steht die Zukunft der Klimafinanzierung nun im Mittelpunkt der Konferenz.

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Klimafinanzierung auf der COP27

Im Jahr 2009 haben sich die Länder im Globalen Norden dazu verpflichtet, den Ländern im Globalen Süden ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Schutz- und Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Also für Maßnahmen, die dazu beitragen, dass die Länder im Globalen Süden sich an die unabwehrbaren Folgen der Klimakrise anpassen können. Beispiele für Anpassungsmaßnahmen in Deutschland gegen die Klimakrise wäre z. B. die Errichtung von Dämmen. Die Bestätigung dieser Summe war ein fundamentaler Bestandteil des Pariser Klimaabkommens von 2015, in dem auch festgelegt wurde, diesen Mindestbetrag bis 2025 zu halten. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lag die jährliche weltweite Klimafinanzierung seither jedoch nur bei rund 83 Milliarden US-Dollar. Das Ziel wurde also deutlich verfehlt. (1)

Diese Verfehlung bedeutet, dass bis 2023 Milliarden von Dollar für wichtige Projekte und Programme fehlen, z. B. zur Anpassung an klimatische Veränderungen, aber auch für bereits entstandene Schäden. (2) Wenn also jetzt über die Klimafinanzierung gesprochen wird, dann muss das neue Ziel deutlich über den bisherigen Zusagen liegen, um den Bedürfnissen der Länder gerecht werden zu können, die von der Klimakrise am meisten betroffen sind und über wenige finanzielle Mittel verfügen. (1) 

100 Milliarden sind ein Tropfen auf den heißen Stein  

Die Studie „Finance for Climate Action“ der „High Level Expert Group for Climate Finance” im Auftrag der britischen und ägyptischen COP-Präsidentschaft kommt nach einer neuen Berechnung zu dem Schluss, dass für das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens bereits 2025 etwa eine Billion US-Dollar in die Energiewende, die Anpassung an die Klimakrise und den Erhalt von Naturflächen im Globalen Süden investiert werden muss. Bis 2030 steigt dieser Bedarf laut des Berichts auf 2,4 Billionen US-Dollar jährlich. Davon sollen eine Billion aus „externen Finanzflüssen“ in die Länder des Globalen Südens fließen. Zwar betonen die Autor*innen ausdrücklich, dass die Billion nicht die neue 100 Milliarden ist. Doch zeigt die Berechnung sehr deutlich, dass selbst das Versprechen der 100 Milliarden, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. (3)  Eine weitere Studie, die die die Schäden auf das Bruttoinlandsprodukte (BIP) betroffener Länder bis 2100 berechnet hat, geht von jährlichen Schäden von 13,1 % des BIPs aus (unter Voraussetzung, dass die 1,5 Grad-Grenze erreicht wird). Diese Schätzung sei sehr konservativ. (6) Bei afrikanischen Ländern werden die Schäden weit höher eingeschätzt. (7) 

Ein Schutzschirm für Verluste und Schäden 

Die Zukunft der Klimafinanzierung und der Themenpunkt „Loss and Damage“ (Verluste und Schäden) stehen auf der diesjährigen Klimakonferenz im Mittelpunkt. Dieser Fakt an sich ist schon ein Erfolg, wurden vor allem Verluste und Schäden im Zuge der Klimakrise auf den vergangenen Klimakonferenzen weitestgehend ignoriert. Zentrale Zusagen und Umsetzungspläne blieben jedoch bisher dürftig.

Heraus sticht die deutsche Initiative eines finanziellen Rettungsschirm für Klimarisiken, die von den G7-Staaten einhellig unterstützt wird. Deutschland will zu diesem Schirm 170 Millionen Euro als „Anschubfinanzierung“ beisteuern. Bisher haben sich jedoch nur sieben Staaten im Globalen Norden gefunden, die sich an diesem Schutzschirm beteiligen wollen. Neben Deutschland sind das Schottland mit ca. 2,3 Millionen Euro, Dänemark mit ca. 13,5 Millionen Euro, Österreich mit 50 Millionen Euro, Irland mit 10 Millionen Euro, Belgien mit 2,5 Millionen Euro und Neuseeland mit 12 Millionen Euro. Das sind zusammen ca. 260,3 Millionen Euro. Zu wenig, um Schäden und Verluste durch Klimakatastrophen im Globalen Süden auszugleichen. (4) Das Programm wurde auch kritisiert, weil es sich auf Versicherungen und die Verhinderung künftiger Verluste und Schäden konzentriert, anstatt direkte Mittel für die Bewältigung der bereits eingetretenen – und jüngsten – Katastrophen bereitzustellen. Außerdem sei die Initiative auch kein Ersatz für einen offiziellen UN-Schadensfonds, wie es Umweltorganisationen und Länder aus dem Globalen Süden schon lange fordern, betonte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze. (5)  

Fonds für Schäden und Verluste erst 2024? 

Die Einrichtung eines solchen verbindlichen Finanzmechanismus innerhalb des UN-Rahmens für klimabedingte Schäden und Verluste scheint sich jedoch weiterhin zu verzögern. Vor allem die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und das Vereinigte Königreich haben sich bisher gegen die Einrichtung eines “Loss-and-Damage“-Mechanismus ausgesprochen. Bevor ein verbindliches Abkommen über einen neuen Fonds für Verluste und Schäden zustande kommen könne, müssen erst alle Details der Funktionsweise geklärt werden, heißt es von Seiten der EU. So könne die COP27-Vereinbarung eine Einigung darüber beinhalten, dass an diesem Thema gearbeitet werden muss und bis 2024 eine Lösung gefunden werden sollte. Ähnliche Pläne kommen von Seiten der britischen Regierung, die einen “Prozess” in Gang setzen möchte, der spätestens 2024 zu einer konkreten Lösung führen soll. Vertreter*innen der US-Regierung haben lediglich zugesagt, ein Gespräch über Verluste und Schäden zu führen, sind aber nicht weiter darauf eingegangen, welche Art von Fonds sie letztendlich unterstützen würden. Auch sie sehen das Jahr 2024 als Frist für eine Einigung über Schäden und Verluste an, lehnen aber die bisher vorgelegten Vorschläge ab, da sie befürchten, dass die Länder im Globalen Norden in den kommenden Jahren rechtlich haftbar gemacht werden könnten. (5)

Diese Verzögerung ist jedoch nicht nur keine Garantie dafür, dass jemals ein spezieller Fonds für Schäden und Verluste im Rahmen der UN eingerichtet wird, sie bedeutet auch, dass die Länder im Globalen Süden mindestens zwei weitere Jahre auf verbindliche Zahlungen warten müssen, für Schäden und Verluste aufgrund von Klimakatastrophen, die schon jetzt eintreten.  

Quellen 

(1) VENRO Positionspapier: ZEITENWENDE FÜR KLIMAGERECHTIGKEIT – Forderungen zur 27. Weltklimakonferenz in Ägypten  

(2) Deutsche Klimafinanzierung: Klimafinanzierung im Bundeshaushalt 2023: Unfall oder absichtsvolle Missachtung? (September 2022)  

(3) Capital: COP27 – Neue Studie zeigt Billionen-Bedarf beim Klimaschutz (November 2022)

(4) Fridays for Future Berlin: Der Tag der Finanzen – COP Daily Tag 3 (November 2022)

(5) CNN: Rich countries are trying to hit pause on climate summit’s key issue (November 2022)

6) Diffenbaugh und Burke Global warming has increased global economic inequality (2019) 

7) CAN International, Christian Aid; Heinrich Böll Stiftung (Washington, DC); Practical Action & Stamp Out Poverty. LOSS AND DAMAGE FINANCE FACILITY – WHY AND HOW (2022) 

Test

Deutsche und europäische Investitionen in fossile Brennstoffe

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine seit Februar dieses Jahres macht die europäische Abhängigkeit von russischem Gas mehr als deutlich. Auf der Suche nach einer schnellstmöglichen Alternative wenden sich die EU-Staaten an Afrika. Doch dies ist der falsche Weg.

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Deutsche und europäische Investitionen in fossile Brennstoffe

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Draghi bemühte sich intensiv um neue Gasabkommen mit Algerien, Ägypten, Angola, der Republik Kongo und Mosambik (1). Bundeskanzler Scholz setzte sich beim EU-Gipfel im Oktober 2022 für die weltweite Erschließung neuer fossiler Gasfelder ein, nachdem er bereits im Mai angekündigt hatte, im Senegal mit finanzieller Hilfe neue Offshore-Gasfelder und LNG-Exportanlagen zu unterstützen. (2)  

Investitionen in nicht-zukunftsfähige Energiequellen 

Die Neuerschließung fossiler Gasfelder verstößt jedoch nicht nur gegen das Pariser Klimaabkommen von 2015. Estreibt Deutschland und die EU in neue fossile Abhängigkeiten und widerspricht der Erklärung des letzten Weltklimagipfels von Glasgow, dass keine neuen Öl- und Gasvorhaben mehr finanziert werden sollen. (2) Deutschland drängt die afrikanischen Länder auch dazu, ihre begrenzten finanziellen Reserven in den Aufbau einer Förder- und Exportindustrie für fossile Brennstoffe zu stecken, die ausschließlich europäischen Kund*innen zugutekommen würde. In ein paar Jahren, aller Voraussicht nach, wenn eigene europäische Investitionen in Erneuerbare Energien zu greifen beginnen, werden sie ihren Nutzen verlieren. Denn die EU erwartet bis 2030 einen Erdgas-Nachfragerückgang um 40 Prozent im Vergleich zu 2021. Und Deutschland und Italien planen zum Beispiel innerhalb der nächsten 30 Jahre ihre Emissionen auf null zu senken. Auch das neue CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) der EU, das kohlenstoffintensive Importe besteuert, wird den Übergang weiter beschleunigen und damit Länder, die noch von fossilen Brennstoffen abhängig sind, weiter benachteiligen. (1)   

Energiegerechtigkeit durch Investitionen in fossile Energie? 

Einige afrikanische Staatschefs dürften sich über die europäische Energie-Kehrtwende freuen, forderten sie doch zu Beginn des Jahres den Stopp der öffentlichen Finanzierung von Gasprojekten zu überdenken. So begründeten der nigerianische Vizepräsident Yemi Osinbajo und Senegals Präsident Macky Sall, dass nur mit Hilfe von Gas als Brückenstoff eine gerechte Wende möglich sei, die es den Ländern des Globalen Südens erlaube, sich zu industrialisieren, schnellen Zugang zu moderner Energie für die Bevölkerung und Wohlstand zu schaffen. Doch das extraktive Exportmodell, das zurzeit durch die EU befördert wird, wird wenig zur Entwicklung der Länder beitragen. (4)  So weist die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate darauf hin, dass afrikanische Länder, deren Volkswirtschaften ohnehin schon auf der Produktion und dem Export von fossilen Brennstoffen basieren, ein oft bis zu dreifach langsameres Wirtschaftswachstum aufweisen als Länder mit einer stärker diversifizierten Wirtschaft. In Mosambik zum Beispiel haben ausländische Gesellschaften, allen voran ENI und Total, für 20 Milliarden Dollar ein Offshore-Erdgasfeld und eine Onshore-Flüssiggasanlage aufgebaut. Dennoch sind gleichzeitig 70 Prozent des Landes von Elektrizität abgeschnitten. Ein Beispiel, dass ganz deutlich zeigt, dass weder das Gas noch die Exportprofite für die einheimische Bevölkerung bestimmt sind. (1)  

Erneuerbare Energien sollten Vorrang haben 

Dabei gibt es andere und viel bessere Optionen. Afrika verfügt über reichhaltige und erschwingliche Quellen von erneuerbaren Energien: starke Sonneneinstrahlung, heftige Winde und unerschöpfliche geothermische Energie. Diese sind nicht nur klimasicher, sondern auch zukunftsfähig. (3)  

Quellen

  1. Zeit: Deutschland will uns eine fossile Infrastruktur aufdrücken (Juni 2022) https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-06/afrika-erdgas-europa-erneuerbare-energien-klimaschutz?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F  
  2. Presseportal: Interne EU-Gipfel-Dokumente zeigen massive Gas-Förderpläne von Olaf Scholz: Deutsche Umwelthilfe fordert klare Absage an diesen Weg in die Klimakatastrophe (Oktober 2022) https://www.presseportal.de/pm/22521/5349950 
  3. Tagesspiegel: Gas aus dem Senegal statt aus Russland? (Juni 2022) https://www.tagesspiegel.de/politik/wir-wollen-euer-geld-fur-fossile-energien-nicht-5430943.html 
  4. Heinrich Böll Stiftung: Die Suche Europas nach Gasressourcen in Afrika (Juni 2022) https://www.boell.de/de/2022/06/22/die-suche-europas-nach-gasressourcen-afrika  

Katastrophale Überschwemmung in Nigeria

Nigeria wird aktuell von den schlimmsten Überschwemmungen seit einem Jahrzehnt heimgesucht, mit katastrophalen Folgen.

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Katastrophale Überschwemmung in Nigeria

In den vergangenen Wochen haben die Überschwemmungen in Nigeria massive Schäden angerichtet. Über 600 Menschen kamen ums Leben, mehr als 2.400 wurden verletzt und über 2,5 Millionen sind laut den Vereinten Nationen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dazu zählen 1,5 Millionen Kinder, die durch Ertrinken, Krankheiten und Hunger oder bedroht sind. Über 200.000 Häuser, Infrastruktur und weite Teile der landwirtschaftlichen Nutzfläche wurden beschädigt oder sind ganz zerstört. 34 der insgesamt 36 Bundesstaaten Nigerias sind betroffen. In einigen davon werden die Überschwemmungen wahrscheinlich noch mehr als einen Monat andauern. (1) (2) 

Klimakrise mitverantwortlich  

Nigeria ist an saisonale Überschwemmungen gewöhnt. Dieses Jahr sind sie jedoch deutlich schlimmer als sonst. Laut nigerianischer Regierung und den Vereinten Nationen sind ungewöhnlich starke Regenfälle und die Klimakrise mitverantwortlich für die massiven Überschwemmungen. (2) (3)  

Im Klima-Risiko-Index des Kinderhilfswerks UNICEF belegt Nigeria Platz zwei von weltweit 163 Ländern und leide daher unter einem “extrem hohen Risiko”, Schäden durch die Klimakrise zu erleiden. (2) Neben Überschwemmungen nennt das bevölkerungsreichste Land Afrikas in einem nationalen Klimapolitikdokument auch Dürren, schlechte Luftqualität, Gesundheitsgefährdung und Lebensraumverlust als Folgen der Klimakrise. (1) 

Klimakrise nicht der einzige Faktor 

Regen und Klimakrise sind jedoch wohl nicht die einzigen Ursachen für die aktuelle Katastrophe. Jedes Jahr lässt das benachbarte Kamerun Wasser aus einem Damm im Norden Kameruns ab, was zu Überschwemmungen flussabwärts in Nigeria führt. Als der Damm in den 1980er Jahren gebaut wurde, vereinbarten die beiden Länder, dass auf der nigerianischen Seite ein Zwillingsdamm gebaut werden sollte, um den Überlauf einzudämmen. Das wurde jedoch nie realisiert. Die nigerianische Ministerin für humanitäre Angelegenheiten, Sadiya Umar Farouq, machte deshalb auch die Untätigkeit anderer Regierungsstellen für das Ausmaß der Katastrophe verantwortlich. (1) Auch schlechte Planung und Infrastruktur haben laut Expert*innen die Schäden weiter verschlimmert. (3) 

Quellen

(1) New York Times: Nigeria Floods Kill Hundreds and Displace Over a Million (Oktober 2022)

(2) Tagesschau: Überschwemmungen in Nigeria – 2,5 Millionen Menschen brauchen humanitäre Hilfe (Oktober 2022)   

(3) BBC: Nigeria floods: ‚Overwhelming‘ disaster leaves more than 600 people dead (Oktober 2022)

Extreme Hitzewellen

Bis zu 600 Millionen Menschen in Nordafrika und im Mittleren Osten könnten bis 2100 so stark von extremer Hitze und Hitzewellen betroffen sein, dass ihr Zuhause unbewohnbar wird.

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Extreme Hitzewellen

Die Länder, die am wenigsten zur menschengemachten Klimakrise beigetragen haben, verzeichnen bereits jetzt einen unverhältnismäßigen Anstieg an extremer Hitze. Extreme Hitzeereignisse, die in einem Klima ohne menschlichen Einfluss einmal in 50 Jahren aufgetreten wären, sind jetzt fünfmal so wahrscheinlich. Und die Wahrscheinlichkeit eines extremen Hitzeereignisses bei einer Erderhitzung um 2 Grad Celsius ist fast 14-mal so hoch. In diesen Szenarien sind auch Hitze- und Luftfeuchtigkeitswerte weitaus gefährlicher. (1)  

Fast überall, wo zuverlässige Daten verfügbar sind, sind Hitzewellen die tödlichste wetterbedingte Gefahr. Diese von extremer Hitze ausgehenden Gefahren nehmen aufgrund der Klimakrise zu. (1) Prognosen zufolge können bis 2100 bis zu 600 Millionen Menschen in Nordafrika und im Mittleren Osten so stark von extremer Hitze betroffen sein, dass ihr Zuhause unbewohnbar wird. Tödliche Temperaturen könnten über Wochen hinweg 56 Grad übersteigen. (2) Laut der zugrundeliegenden Studie sind diese Prognosen eher konservativ und nehmen an, dass die Treibhausgase ungefähr im gleichen Ausmaß wie heute ausgestoßen werden. Es könnten in Afrika jedes Jahr zusätzlich 50-180 Menschen pro 100. 000 Menschen allein an Überhitzung sterben. (3) 

Die Auswirkungen extremer Hitze sind jedoch in sozialer als auch in geografischer Hinsicht ungleich. So sind ohnehin stark gefährdete und ausgegrenzte Personen, einschließlich Gelegenheitsarbeiter*innen, Landarbeiter*innen und Migrant*innen, unverhältnismäßig stark betroffen. Auch ältere Menschen, Kinder sowie schwangere und stillende Frauen sind einem höheren Krankheits- und Sterberisiko ausgesetzt, wenn die Umgebungstemperatur extrem steigt. (1) 

Quellen

(1) United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs et al.: Extreme Heat – Preparing for the Heatwaves of the Future (Oktober 2022)
(2) George Z. Et al/”Business-as-usual will lead to super and ultra-extreme heatwaves in the Middle East and North Africa” in Nature.com vom 23. März 2021
(3) 6. IPCC Sachstandsbericht von 2022 

Wirbelstürme und Naturkatastrophen

Afrika, vor allem der südliche Teil, wird jedes Jahr von Wirbelstürmen geplagt.

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Wirbelstürme und Naturkatastrophen

2019 verwüstete der Wirbelsturm „Idai“ Teile Mosambiks, Simbabwes und Malawi. Viele Dörfer wurden von der Außenwelt abgeschnitten. 11,5 Millionen Menschen waren von der Katastrophe betroffen, 2,6 Millionen wurden obdachlos, 1,8 Millionen Menschen davon in Mosambik. Allein dort standen mehr als 3.000 Quadratkilometer Land unter Wasser. Zum Vergleich, das Saarland ist etwa 2.500 Quadratkilometer groß.  

Verletzte Menschen, zerstörte Dörfer, überflutete Landstriche und verlorene Ernten prägten das Bild der betroffenen Regionen. Die Provinz Sofala in Mosambik wurde besonders stark geschädigt. Hier traf Zyklon Idai mit 210 Kilometern pro Stunde auf Land und zerstörte rund 90 Prozent rund um die Küstenstadt Beira. Dem Zyklon folgten langanhaltende, sintflutartige Regenfälle und Stürme, die in der Region zu schweren Überschwemmungen führten. 

Nicht alle Wirbelstürme sind so schlimm wie „Idai“. Die Häufigkeit der Wirbelstürme führt jedoch dazu, dass sich die Länder des südlichen Afrikas kaum von den entstandenen Schäden erholen können. So folgte gut einen Monat nach “Idai” Zyklon “Kenneth”. Nachdem er zuvor über die Komoren gezogen war, richtete er in Mosambiks nördlicher Provinz Cabo Delgado häftige Schäden an. Im Bezirk Ibo wurden dem Katastrophenschutz zufolge rund 90 Prozent der Häuser zerstört und in allen Bezirken im Norden des Landes fiel der Strom aus. Aufgrund von Überschwemmungen und zerstörten Häusern waren über 1000 Menschen vorübergehend obdachlos, die meisten von ihnen Kinder.  (1)

Die durch die Klimakrise bedingten Rekordtemperaturen können dazu führen, dass Wirbelstürme in Zukunft sogar noch zunehmen. Klimaforschende und –wissenschaftler*innen sind sich zwar noch nicht einig darüber, ob die Häufung starker Stürme in den vergangenen Jahren einen Ausblick in die Zukunft zulassen oder lediglich als Ausreißer zu betrachten sind. Doch warme Meerestemperaturen, die bedingt durch die Klimakrise zunehmen, sind ein entscheidender Faktor in der Entstehung von Wirbelstürmen und beeinflussen auch ihre Intensität. (2)

Quellen

(1) Tagesspiegel: Zweiter Zyklon in kurzer Zeit: Wirbelsturm „Kenneth“ trifft auf Mosambik (April 2019)
(2) Malteser International: Hurrikan, Taifun, Zyklon: Entstehung und Zerstörungskraft (Aufgerufen im November 2022)

Überschwemmungen und Wasser-Stress

Afrika ist der Kontinent, der weltweit am zweitstärksten von Überschwemmungen betroffen ist.

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Überschwemmungen und Wasser-Stress

Afrika ist der Kontinent, der weltweit am zweitstärksten von Überflutungen betroffen ist. Allein zwischen 2020 und 2022 waren in Afrika 215,3 Millionen Menschen von Dürren und Überschwemmungen betroffen. Das sind mehr als doppelt so viele Menschen, wie in Deutschland leben. Der Meeresspiegel um Afrika steigt auch schneller als im globalen Durchschnitt, was zu mehr Überschwemmungen führt und den Zugang zu Trinkwasser bedroht. Durch Wassermangel und Wasserstress werden in Afrika bis 2030 bis zu 700 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen. (1)    

Überschwemmungen und Überflutungen können auch zusammen mit Wirbelstürmen auftreten. In Nigeria forderte aktuell die schlimmste Überschwemmung seit einem Jahrzehnt mehr als 600 Tote. 1,4 Millionen Menschen wurden vertrieben. 2,5 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen – darunter 1,5 Millionen Kinder, die durch Ertrinken, Krankheiten und Hunger bedroht sind. Über 200.000 Häuser, die Infrastruktur und weite Teile der landwirtschaftlichen Nutzfläche wurden beschädigt oder sind ganz zerstört. 34 der 36 Bundesstaaten sind betroffen. (2)   Zwar sind saisonale Überschwemmungen in Nigeria ganz normal. Doch dieses Jahr sind sie deutlich schlimmer als sonst. Laut nigerianischer Regierung und der Vereinten Nationen sind ungewöhnlich starke Regenfälle und die Klimakrise mitverantwortlich für die massiven Überflutungen. Nigeria belegt im Klima-Risiko-Index des Kinderhilfswerks UNICEF Platz zwei von weltweit 163 Ländern und leide daher unter einem „extrem hohen Risiko“, Schäden durch die Klimakrise zu erleiden. (3)

Quellen

(1) World Meteorological Organization (WMO) von 2022  

(2) BBC Africa Daily Podcast/”Why is the flooding in Nigeria so bad this year?” vom 19. Oktober 2022  

(3) Tagesschau: Überschwemmungen in Nigeria – 2,5 Millionen Menschen brauchen humanitäre Hilfe (Oktober 2022) https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/nigeria-ueberschwemmungen-un-101.html  

Hunger und Dürre

Afrika ist die Region der Welt, die am meisten von Dürren betroffen ist. Dürren führen oft zu Hungersnöten. Die Klimakrise verschärft diese Situation weiter.

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Hunger und Dürre

Hunger und Dürre

Afrika ist die Region der Welt, die am stärksten von Dürren betroffen ist. Dürren führen nicht selten zu Hungersnöten. Vorhersagen erwarten, dass durch die Klimakrise weltweit über 78 Millionen Menschen bis 2050 Opfer von chronischem Hunger (chronischer Unterernährung) werden. Über die Hälfte dieser Menschen wird in Sub-Sahara Afrika leben. Gleichzeitig werden in Afrika die Erträge aus der Landwirtschaft weniger und weniger. In den letzten 60 Jahren sind sie aufgrund der globalen Erderhitzung um ein Drittel zurück gegangen. Das ist mehr als in jeder anderen Region der Welt. Madagaskar galt 2021 als das erste Land der Welt, das von einer Hungersnot getroffen wurde, die von der Klimakrise ausgelöst wurde.  (1)

Somalia 

Die Menschen in weiten Teilen Somalias stehen kurz vor einer Hungersnot. Mehr als 1,5 Millionen Kinder in Somalia sind mangelernährt. 300.000 Kinder gelten als lebensbedrohlich unterernährt. Die langfristig angelegten Hilfsprojekte reichen nicht aus, um die Menschen vor Ort zu helfen. Nothilfe muss her! Unsere Bündnisorganisation action medeor ist mit mehreren Projekten vor Ort: mit einer mobilen Klinik reist medizinisches Fachpersonal in die Dörfer und untersucht Kleinkinder sowie schwangerer und stillende Frauen auf Mangel- und Unterernährung. Schwere Fälle werden mit therapeutischer Nahrung behandelt oder in eine Klinik überwiesen.  Frauen werden zudem geschult, Mangelernährung bei Kindern vorzubeugen, zu erkennen und zu behandeln. Um mehr Austausch untereinander zu ermöglichen, Gemeinschaftsgefühl und mehr Sicherheit für Frauen zu schaffen, werden Müttergruppen gegründet.   

Äthiopien 

In Äthiopien sind über 24 Millionen Menschen aufgrund der schwersten Dürreperiode seit 40 Jahren auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. 4,5 Millionen Frauen, Männer und Kinder sind innerhalb ihres Landes auf der Flucht – auf der Suche nach Nahrung oder vertrieben durch die Konflikte in der Tigray-Region. Schon seit Mitte 2021 sichert unsere Bündnisorganisation Don Bosco Mondo mit einem Nothilfeprogramm das Überleben von hunderten von Familien in der Region. Sie erhalten Lebensmittelpakete mit Mehl, Speiseöl, Hülsenfrüchten und Wasserreinigungstabletten. Für die unterernährten Kinder gibt es Spezialnahrung aus Mais und Sojabohnen, angereichert mit Vitaminen und Mineralien.   

Südsudan: LEBENSMITTEL UND SCHUTZ FÜR MÄDCHEN UND FRAUEN 

Überschwemmungen und lokale Dürren haben die ohnehin angespannte humanitäre Lage im Südsudan weiter verschärft. Zwei Drittel der südsudanesischen Bevölkerung sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. 1,3 hier fehlt was – Millionen? Kleinkinder sind von akuter Unterernährung bedroht.   

Unsere Bündnisorganisation CARE Deutschland ist vor Ort und unterstützt die Menschen mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und mobilen Gesundheitsstationen. Da Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen in prekären Situationen oft zunimmt, stellt ihnen CARE sichere Räume und psychosoziale Unterstützung zur Verfügung.   

Quellen

(1) World Meteorological Organization (WMO) von 2022  

Eine Punk-Rock-Band aus Nairobi: Crystal Axis

Mit ihrer Musik bekämpft die Band systematische Unterdrückung und setzten sich gegen die jahrhundertelange koloniale Gewalt auf dem afrikanischen Kontinent zur Wehr.

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Eine Punk-Rock-Band aus Nairobi: Crystal Axis

Crystal Axis, eine fünfköpfige Afro-Punk-Band aus Nairobi, Kenia, hat sich als eine der führenden Gruppen in Kenias aufstrebender Rockmusikszene etabliert. Die Band besteht aus Sänger Ahmed Bulhan, den Gitarristen Djae Aroni und Fox Elijah, Bassist Doug Kihoro und Schlagzeuger Dan Gichia. (1) Die als Anwälte ausgebildeten Afropunk-Rocker bekämpfen systematische Unterdrückung und setzten sich gegen die jahrhundertelange koloniale Gewalt auf dem afrikanischen Kontinent zur Wehr. (2) 

Werdegang 

Ihre Ursprünge hat die Band in der alternativen Musikszene von Nairobi in den späten Nullerjahren, in der es eine Reihe von Bands gab, die von Indie-Rock über Punk bis hin zu Heavy Metal alles spielten. In dieser Zeit ging Gitarrist und Gründer der Band Djae Aroni noch zur Schule. Nachdem er sich eines Abends von Zuhause wegschlich, um eine Post-Hardcore-Band  zu sehen, gründete er kurz darauf, im Jahr 2009, Crystal Axis. 2017 stießen die weiteren Bandmitglieder dazu, Gichia kam als letztes 2021 dazu. (1) 

Wissen ist Macht 

Ihre Liedtexte, verfasst auf Englisch und ein wenig Suaheli, sind vor allem politisch und befassen sich mit Themen der Kolonialgeschichte, Korruption und Rassismus. (1) 

„Wir wollen afrikanische Geschichten aus einer afrikanischen Perspektive erzählen“

Djae Aroni. (1) 

Sie verbinden die Vergangenheit mit der Gegenwart und fordern die Höhrer*innen dazu auf, ihr gelerntes Wissen zu hinterfragen, gegen (neo-)koloniale Unterdrückung zu kämpfen und die Geschichte damit zu verändern. Ihre Botschaft: Wissen ist Macht! (2) So ist ihre erste veröffentlichte Single „Leopold“ ein Kommentar zu den kolonialen Gräueltaten König Leopolds II. von Belgien in der Demokratischen Republik Kongo. Ihre Hitsingle „Nyayo House“ befasst sich mit dem Erbe Daniel arap Moi, Kenias Dienstältestem Präsidenten. Moi führte das sog. „Nyayo-Regime“ . Das Nyayo House ist ein Hochhaus der Regierung im Zentrum Nairobis, das für seine Folterkammer berüchtigt ist. Dort wurden Gegner*innen von Moi, der von 1978 bis 2002 an der Macht war, gefoltert . (1)  

Ihre letzte, im August veröffentlichte, Single „Black AF“ ist eine Hommage an zeitgenössische Identitäten. Die Band verarbeitet in der Single ihre eigenen Erfahrungen als junge Schwarzafrikaner, die mit verschiedenen Herausforderungen, wie Korruption, zu kämpfen haben. Gleichzeitig aber feiert der Song ihre eigene Stärke, ihr Talent und ihre Kreativität. (1)  

“Wenn wir [als Band] einen Song machen können, der dich zum Ausrasten bringt – aber nachdem du ausgeflippt bist, machst du eine schnelle Google-Suche -, dann nutzen wir verschiedene Wege, um die Botschaft zu verbreiten, dass wir unsere Rechte schützen müssen und dass wir unsere Rechte kennen müssen.” 

Ahmed Bulhan (2) 

Aufarbeitung von Punk-Geschichte 

Darüber hinaus ist den Bandmitgliedern die Aufarbeitung der Punkrock-Geschichte, in der der Beitrag schwarzer Punk-Künstler*innen oft nur wenig Beachtung findet und weiße, männliche Bands das Genre dominieren, besonders wichtig. Schwarze Pioniere und Bands der Punkrockgeschichte, wie zum Beispiel die gruppe Death, eine 1971 in Detroit gegründete Proto-Punk-Band, und deren Beitrag zur Entwicklung des frühen Punk-Sounds werden oft nicht gewürdigt. Auch deshalb will die Band die Kraft ihrer Musik dazu nutzen, jungen Kenianer*innen zu zeigen und den Raum zu geben, solche Musik nach ihren eigenen Vorstellungen zu machen. (1) 

Wir haben eine Verantwortung, wenn wir Musiker sind, wenn wir Künstler sind. Und wenn wir jemanden erziehen können, ihm mehr über sich selbst beibringen können und ihn auf eine Art und Weise lehren können, von der er nie gedacht hätte, dass er sie lernen würde, nun, das ist … wirklich etwas.“

Fox Elijah (2)

Quellen  

(1) BBC: Letter from Africa: The Afro-punk band taking on ‚whitewashed‘ history (Oktober 2022) 

(2) Louder than War: Anticolonial Afropunk Rockers — Interview with Crystal Axis (September 2020) 

Verfasst am 19.10.2022

Mali: Weitergabe bewährter Ansätze an lokale Organisationen der Zivilgesellschaft

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. stärkt zusammen mit ihrem lokalen Partner GRADEM den Wissens- und Kompetenztransfer zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen für einen besseren Zugang von Kindern und Jugendlichen zu ihren Grundrechten in benachteiligten Regionen Malis.

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Mali: Weitergabe bewährter Ansätze an lokale Organisationen der Zivilgesellschaft

Projektregionen: San, Koulikoro und Doïla in Mali
Laufzeit: 01.11.2021 bis 31.10.2024
Lokaler ProjektpartnerGRADEM (Groupe Recherche Action des Droits de l’Enfant au Mali)
Projekttitel: Stärkung des Wissens- und Kompetenztransfers zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen für einen besseren Zugang von Kindern und Jugendlichen zu ihren Grundrechten in benachteiligten Regionen Malis

Hintergründe

Die Ansätze der Projekte

die wir in den vergangenen Jahren mit GRADEM in den ländlichen Regionen Ségou, Koulikoro und Mopti umsetzen konnten, haben erfolgreich dazu beigetragen, die Kinderrechtssituation in insgesamt 76 Dörfern maßgeblich zu verbessern. Ökologische Anbaumethoden wurden eingeführt, die in der kargen Sahelregion nachhaltig zu höheren Ernteerträgen führen. Die Versorgungslage, das Einkommen der Familien und damit auch die Bildungs- und Zukunftsperspektiven der Kinder haben sich verbessert. Gemeinschaftsinitiativen der neu gegründeten Kooperativen fördern die Schulbildung der Kinder. Die Landflucht junger Mädchen konnte eingedämmt werden. Kinderrechte wurden in lokale Sprachen übertragen und verbreitet und in Schulen und Familien ist ein Wandel hin zu gewaltfreien Erziehungsmethoden zu beobachten!

Um eine größere Reichweite zu erzielen, sollen diese erfolgreichen Projektansätze nun an drei lokale Organisationen (NRO) weitergegeben werden. GRADEM arbeitet mit ihnen im Netzwerk malischer Kinderrechtsorganisationen zusammen, ist aber bislang der einzige Akteur, der diese Ansätze beherrscht. Im neuen Projekt nimmt GRADEM nun eine Coaching-Funktion ein, gibt seine Erfahrungen und Kenntnisse weiter und begleitet die drei NRO bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen in je 5 Pilotdörfern mit dem Ziel, dass sie die Ansätze später eigenständig ausweiten können.

Die begleiteten Kooperativen engagieren sich für die Verbesserung der Bildungssi­tuation in ihrem Dorf. Die Mitglieder le­gen auch selbst Hand an, wie hier beim Verputzen der Klassenzimmer.

Projektziele

Oberziel (Impact): Beitrag zu einem wirksameren Kinderschutz in den drei benachteiligten ländlichen Regionen Dioïla, Koulikoro und San in Mali

Projektziel (Outcome): Die drei NRO Kabu-Wolo, SOLI-AM und Séniwè setzen in 15 Dörfern ihres Interventionsgebiets einen integrierten Ansatz für Kinderrechte und nachhaltige Entwicklung um.

Unterziele (Output):

  1. Die Mitarbeitenden von GRADEMs drei Partnerorganisationen haben den integrierten Ansatz zu Kinderrechten und nachhaltiger Entwicklung verstanden und die notwendigen Fähigkeiten erworben, um ihre Kenntnisse an die Dorfgemeinschaften in ihrem jeweiligen Interventionsgebiet weiterzugeben.
  2. Die Mitarbeitenden der drei im ländlichen Bereich aktiven zivilgesellschaftlichen Organisationen verfügen über erste praktische Erfahrungen bei der Umsetzung des integrierten Ansatzes zu Kinderrechten und nachhaltiger Entwicklung in insgesamt 15 Dorfgemeinschaften ihrer Interventionsgebiete.
  3. Das Bewusstsein und die Akzeptanz des integrierten Kinderrechtsansatzes als wirksames Mittel zur Verbesserung des Zugangs von Kindern zu ihren Grundrechten in benachteiligten ländlichen Gebieten in Mali sind gestärkt.

Zielgruppen

Direkte Zielgruppe:

  • 3 zivilgesellschaftliche Organisationen, die in den benachteiligten ländlichen Gemeinden Tenindougou, Motougoula, Benena aktiv sind
  • 2.000 Kinder aus 15 Projektdörfern der drei Gemeinden in den Regionen San, Koulikoro et Dioïla
  • 120 Mitglieder von 15 (vor)genossenschaftlichen Vereinigungen
  • 54 Führungskräfte aus dem Schulbereich
  • 28 Medienvertreter(innen)
  • 150 Kinderschutzakteure von Staat und Zivilgesellschaft

Indirekte Zielgruppe:

Die Bevölkerung der 15 Projektdörfer in den drei Projektgemeinden der Regionen San, Koulikoro et Dioïla (ca. 17.500 Personen)

Welche Pflanzen unterstützen sich ge­genseitig? Und wie kann ich mit der rich­tigen Fruchtfolge meine Erträge erhöhen? Auf der Farm von GRADEM lernen die Mitglieder der Kooperativen ökologische Anbaumethoden für ihre Region kennen.

Wesentliche Projektmaßnahmen

  • Diverse Schulungen der NRO zu Kinderrechten und deren Vermittlung in den Lokalsprachen, zur Realisierung von Radiobeiträgen, zur Förderung gewaltfreier Erziehungsmethoden, zum Konzept der (vor)genossenschaftlichen Vereinigungen sowie zur Agroökologie
  • Weiterbildung von 120 Mitgliedern aus 15 (vor)genossenschaftlichen Vereinigungen in nachhaltigen Anbaumethoden und Kleintierhaltung nach agroökologischen Grundsätzen sowie Treffen (vor)genossenschaftlichen Vereinigungen zum Erfahrungsaustausch
  • Begleitung von 15 Dörfern bei der Gründung einer (vor)genossenschaftlichen Vereinigung sowie Schulungen der Mitglieder
  • Förderung von Gemeinschaftsinitiativen in allen 15 Projektdörfern
  • Sensibilisierung von 2.000 Kindern und Jugendlichen zu Kinderrechten sowie ihrer eigenen Rolle bei der Durchsetzung ihrer Rechte
  • Förderung der Sekundarschulbildung, insbesondere für Mädchen, in den 15 Projektdörfern

Finanzierung

Projektkosten: 469.700 Euro

Finanzierung:

  • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
  • Kinderrechte Afrika e. V. (Spenden)

Weitere Informationen zu dem Projekt von Kinderrechte Afrika e. V. in Mali finden Sie hier.

Ihre Spende hilft! Unterstützen Sie die Projekte unserer Mitgliedsorganisationen:

10 Jahre Weltmädchentag

Mädchen sind weltweit mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, die sie daran hindern, ihre Rechte voll und ganz zu entfalten.

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Weltmädchentag

10 Jahre Weltmädchentag

Die Ernennung des 11. Oktobers zum Weltmädchentag durch die Vereinten Nationen im Dezember 2011 gilt als Meilenstein auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung. Denn in den letzten 10 Jahren haben Regierungen, politische Entscheidungsträger*innen und die breite Öffentlichkeit Themen, die für Mädchen wichtig sind, mehr Aufmerksamkeit geschenkt und mehr Möglichkeiten für Mädchen geschaffen, sich auf der globalen Bühne Gehör zu verschaffen. (1)  

Doch warum braucht es neben dem Weltkindertag und dem Weltfrauentag auch noch einen gesonderten Tag nur für Mädchen?  

Mädchen sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert 

Die UN-Kinderrechtskonvention legt fest, dass Mädchen und Jungen dieselben, unveräußerlichen Rechte haben. Dennoch haben sie immer noch nicht dieselben Chancen: Im Verhältnis werden Mädchen häufiger diskriminiert und an der freien Entfaltung ihrer Rechte gehindert. Dies zeigt sich zum Beispiel im Bereich der Bildung deutlich: Weltweit gehen rund 34 Millionen Mädchen im Grundschulalter nicht zur Schule, im Vergleich zu 30 Millionen Jungen. 9 Millionen der Mädchen leben in Subsahara-Afrika (4). Barrieren, wie Frühverheiratung, Frühschwangerschaft und (sexuelle) Gewalt hindern sie daran, einen Zugang zu hochwertiger Bildung zu erhalten. (1) (3)

In West- und Zentralafrika waren beispielsweise 37 Prozent der heute 20-24-jährigen Frauen bereits vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet – 12 Prozent von ihnen waren bei der Hochzeit nicht einmal 15 Jahre alt. (3) Prozentual die meisten Kinderbräute gibt es in Niger (76 Prozent), der Zentralafrikanischen Republik (68 Prozent), im Tschad (67 Prozent), Burkina Faso, Mali, Sudan (je 52 Prozent) und Guinea (51 Prozent) (Stand 2021). (5) Mädchen, die als Minderjährige verheiratet werden, gehen danach meist nicht mehr zur Schule, da sie sich um den Haushalt kümmern müssen und früh Mutter werden. Viele der jungen Ehefrauen geben an, dass sie physischer und sexueller Gewalt durch ihren Ehemann ausgesetzt sind. (3) 

Krisen verschärfen Ungleichheit 

Die Ungleichheit wird durch Krisen wie die Klimakrise, die Corona-Pandemie und gewaltvolle und humanitäre Konflikte weiter verstärkt. So steigt das Risiko, Opfer von (sexueller) Gewalt oder Zwangsverheiratung zu werden, in Krisen- und Katastrophensituationen deutlich an. (1) (2) Das liegt unter anderem auch daran, dass der Zugang zu Bildung in Krisenzeiten nochmals erschwert wird. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen in einer Notlage nicht mehr zur Schule gehen, mehr als doppelt so hoch wie bei Jungen. Den Kindern fehlt dann nicht nur die Bildung, sondern auch der Schutz, den die Schule, zum Beispiel vor Frühehen, bietet. So kann ein einziges Jahr auf der weiterführenden Schule die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mädchen zur Heirat gezwungen wird, um fünf Prozentpunkte oder mehr verringern. (3) 

Mädchen sind Multiplikatorinnen 

Die Gleichstellung von Mädchen hat nicht nur auf das Individuum positive Auswirkungen, sondern auf die ganze Gesellschaft: Wenn Mädchen zur Schule gehen, heiraten sie später und bekommen weniger und gesündere Kinder. Ihre Kinder gehen wiederum später auch mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zur Schule. Studien haben gezeigt, dass jedes zusätzliche Jahr, das ein Mädchen die Grundschule besucht, später zu einem durchschnittlich 10 bis 20 Prozent höheren Einkommen führt. (3) 

Die vollständige Gleichberechtigung der Geschlechter ist eines der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, die bis 2030 erreicht werden sollen. Ihr kommt eine besondere Rolle zu. Denn ohne die Gleichstellung der Geschlechter sind Ziele wie das Ende von Armut, Frieden und Gerechtigkeit nicht zu erreichen.  

Hinweis:  

Unter Mädchen* und Frauen* verstehen wir Personen, die sich selbst als weiblich definieren und /oder von der Gesellschaft als weiblich gelesen werden. 

Quellen

(1) Plan Deutschland: Welt-Mädchentag

(2) United Nations: International Day of the Girl Child 11 October 

(3) Unicef: Weltmädchentag – Elf Fakten über Mädchen (September 2022)   

(4) UNESCO: Education in Africa  

(5) Unicef: Kinderehen weltweit: Die wichtigsten Fragen und Antworten (November 2021)

Verfasst am 11. Oktober 2022

Aus Elefantenmist wird Papier 

Papier aus Elefantenmist - ein ungewöhnlicher Industriezweig, der eine nachhaltige Alternative zur Abholzung von Wäldern bietet, zum Schutz von Elefanten und Umwelt beiträgt und Gemeinschaften stärkt.

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Aus Elefantenmist wird Papier 

“When life hands you elephant dung, make paper”  

Nampath Paper (5)

Aus Sch**ße Gold machen? – Das geht wirklich. Zumindest im übertragen Sinne. Die Kataara Womens Poverty Alleviation Group (dt. Kataara-Frauengruppe zur Armutsbekämpfung) im ugandischen Distrikt Bushenyi verarbeitet Elefantenmist zu Papier. Die von Frauen geführte Organisation, mit insgesamt 83 Mitgliedern schafft eine Gemeinschaft mit nachhaltiger Lebensgrundlage, indem Armut gelindert und die Umwelt geschützt wird. Neben der Herstellung von Papier betreiben sie auch ein Handwerkszentrum. Dort wird das Papier weiterverarbeitet zu Produkten wie Büchern, Bilderrahmen und Taschen. Die Frauen züchten auch Bienen und rösten Kaffee. Darüber hinaus bieten sie Touren für Tourist*innen an, die sich zum Beispiel den Papier-Herstellungsprozess anschauen können. (3)  

Wie aus Elefantenmist Papier wird 

Bits of elephant poop paper_©flickr
Bits of elephant poop paper _©flickr

Elefanten verzehren durchschnittlich 200 bis 350 kg Nahrung am Tag, hauptsächlich von Pflanzen und Früchten. Davon fallen etwa 50 kg Dung an. Da die Dickhäuter die Zellulose in den Pflanzen nicht verdauen, wird das faserige Material fast komplett ausgeschieden. Die Zellulose wird nach dem Einsammeln zurückgewonnen, indem der Elefantendung gewaschen, mehrere Stunden gekocht und auf flachen Sieben getrocknet wird. Danach kann das Material wie herkömmlicher Holzzellstoff, der für die Herstellung von normalem Papier verwendet wird, behandelt werden. Aus den 50 kg Dung entstehen in etwa 125 Blatt (A4) Papier, das natürlich, geruchlos und frei von Bakterien ist. Qualität und Preis sind am Ende ähnlich zu dem von herkömmlichem Papier. (1) (2)  

Ein außergewöhnlicher Industriezweig 

Die Frauen der Kataara-Frauengruppe sind nicht die ersten, die diese innovative und nachhaltige Form der Industrie betreiben. Bereits 1994 kam der Unternehmer John Matano aus Kenia auf die Idee, Elefantenmist zu Papier zu verarbeiten. Sein aus dieser Idee entstandenes Unternehmen – Nampath Paper – beschäftigt heute 42 Mitarbeitende. (1)  

Sowohl in Uganda als auch in Kenia tragen die beiden lokalen Unternehmen zur Verbesserung des Lebensunterhalts der Mitglieder durch den Verkauf von Elefantenmistpapier und Kunsthandwerk bei.Die gemeinsame Arbeit an den Produkten fördert und stärkt den Zusammenhalt der Gemeinschaft. (4)   

Grey Black Elephant on Green Grass Field

Schutz der Elefanten und der Umwelt  

Die außergewöhnliche Art der Papierherstellung eröffnet jedoch nicht nur eine innovative Form der Beschäftigung und Industrie. Sie bietet auch eine nachhaltige Alternative zur Abholzung der Wälder und Schutz für Elefanten. Denn damit das Material zur Herstellung des Papiers nicht ausgeht, muss die lokale Elefantenpopulation erhalten bleiben. So helfen die Projekte den Menschen auch, die Vorteile der Pflege von Elefanten sowie die Verbesserung und Erhaltung ihres Lebensraums und der Umwelt insgesamt zu erkennen. (4) 

Am Beispiel des Mwaluganje Elephant Sanctuary in Kenia zeigt sich, dass der Schutz der Tiere wiederum den örtlichen, in der Landwirtschaft tätigen, Personen zugutekommt, nicht nur, weil sie aus deren Dung Papier herstellen können. Denn die Bauer und Bäuerinnen mussten sich vor Gründung des Schutzgebiets damit abfinden, dass Elefanten in ihr Ackerland eindrangen und die Ernten fraßen oder zerstörten. Dies führte zu schweren und manchmal tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Menschen und Elefanten. Mit dem Elefantenschutzgebiet gaben die umliegenden Bauern und Bäuerinnen einen Teil ihrer Ländereien für einen Wanderkorridor für die Elefanten ab. Um die von den Elefanten zerstörten Ernten wiederum auszugleichen, erhalten sie einen Anteil an den Tourismuseinnahmen. (1) Eine Win-Win-Situation, von der die Mitglieder der örtlichen Gemeinden und die Tiere profitieren.  

Quellen

(1) BBC: Don’t pooh-pooh it: Making paper from elephant dung (Mai 2016)

(2) BBC: The Ugandan women turning elephant dung to household items (September 2022)   

(3) Kataara Womens Poverty Alleviation Group: About us (Letzter Aufruf September 2022)  

(4) SEED: Kataara Women’s Poverty Alleviation Group (Letzter Aufruf September 2022)

(5) Design Indaba: Nampath Paper (Letzter Aufruf September 2022)   

Verfasst am 29.9.2022

Vertreibung und Klimakrise

Weltweit sind so viele Menschen wie nie zuvor dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Die meisten Menschen fliehen, weil sie Angst haben, Opfer von Kriegen und gewaltsamen Konflikten zu werden. Aber mehr und mehr Menschen müssen aufgrund von Naturkatastrophen und Klimaveränderungen ihre Heimat verlassen.

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Vertreibung und Klimakrise

Weltweit sind so viele Menschen wie nie zuvor dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. So waren Ende 2021 laut dem aktuellen „Global Trends Report“ von UNHCR 89,3 Millionen Menschen auf der Flucht, davon 7 Millionen allein in Afrika (6). Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 steigt die Zahl mittlerweile auf über 100 Millionen Menschen an. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. (1) Die meisten Menschen fliehen, weil sie Angst haben, Opfer von Kriegen und gewaltsamen Konflikten zu werden. Aber mehr und mehr Menschen müssen aufgrund von Naturkatastrophen und Klimaveränderungen ihre Heimat verlassen.  

Vertreibung betrifft aktuell nicht nur viel mehr Menschen, sondern sie ist auch kein kurzfristiges und vorübergehendes Phänomen mehr. Wir brauchen eine grundlegend neue und positivere Haltung gegenüber allen, die fliehen – gepaart mit einem viel entschlosseneren Bestreben, Konflikte, die jahrelang andauern und die Ursache dieses immensen Leidens sind, zu lösen. 

Filippo Grandi, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (1)

Naturkatastrophen und Klimaveränderungen tragen zu Flucht bei 

Bereits in seinem ersten Bericht von 1990 warnte das International Panel on Climate Change (IPCC) davor, dass die Auswirkungen der Klimakrise dazu führen würden, dass „Millionen von Menschen durch Küstenerosionen, Überschwemmungen und schwere Dürren vertrieben werden“ würden. (3) Laut dem Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) haben 2021 rund 23,7 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Naturkatastrophen, wie Dauerregen, langanhaltende Dürren, Hitzewellen und Stürmen sowohl kurz- als auch langfristig verlassen müssen. Und die Klimakrise verdoppelt die Anzahl der Naturkatastrophen innerhalb eines Jahres noch einmal.  

Die meisten Menschen, die im Zusammenhang mit Klimaveränderungen und Naturkatastrophen zur Flucht gezwungen werden, bleiben in ihren eigenen Ländern und sind damit, formal gesehenen, Binnenvertriebene und keine Flüchtlinge. (2) Ein “Flüchtling” ist definiert als eine Person, die eine internationale Grenze überquert hat “aus der begründeten Flucht vor Verfolgung wegen ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung”. (4) So kamen 2021 zu den 53,2 Millionen Menschen, die aufgrund von Konflikten und Gewalt innerhalb ihres Landes vertrieben wurden, 23,7 Millionen intern Vertriebene im Rahmen von Katastrophen und den Auswirkungen der Klimakrise dazu. (1) 

Kein Rechtsstatus für Klimaflüchtlinge 

Es gibt mehrere Gründe dafür, dass Menschen innerhalb ihres Staates fliehen. Einer davon ist der fehlende Rechtsstatus außerhalb der Landesgrenzen. Menschen, die aufgrund klimatischer Veränderungen fliehen fallen also weder unter die Kategorie “Flüchtling” im Sinne der UN-Flüchtlingskonvention, noch gibt es eine rechtliche Definition für Klimakrisenflüchtlinge. Das ist nicht nur ein theoretisches Problem, sondern vor allem ein praktisches: Ohne rechtliche Definition haben diese Menschen keinen Anspruch auf Schutz außerhalb ihrer Landesgrenzen. (5) 

„Gefangene Bevölkerungen”  

Von den Auswirkungen der Klimakrise sind insbesondere marginalisierte Personen und Menschen mit geringen finanziellen Mitteln betroffen. Diese haben bisher wenig bis gar keinen Zugang zu Anpassungsmaßnahmen, wie zum Beispiel der Umstellung auf klimaresistente Anbauprodukte. Darüber hinaus fehlt es ihnen auch oft an Zeit und sozialen Ressourcen für die Migration. Auch wenn die Menschen ihr Zuhause verlassen möchten, können sie es nicht und sie werden innerhalb der eigenen Staatsgrenzen gefangen. (3) 

Klimakrise als Sicherheitsproblem?  

Im Jahr 2008 veröffentlichten die Europäische Kommission und der Hohe Vertreter der EU für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einen Bericht über den Zusammenhang zwischen der Klimakrise und der internen Sicherheit innerhalb der Union. Sie betonten, dass Europa in Folge der Klimakrise mit einem erheblich erhöhten Migrationsdruck rechnen müsse. 

Ein wesentlicher Bestandteil der „Versicherheitlichung“ der Klimakrise ist daher die Sorge, dass „Klimaflüchtlinge“ Europa „überschwemmen“ könnten, was dazu führt, dass die Klimakrise zunehmend als Sicherheitsproblem wahrgenommen wird. Wie jedoch oben bereits beschrieben, kommt es aus verschiedenen Gründen vor allem zu Mobilität innerhalb von Staaten infolge der Klimakrise. Einfache und alarmistische Schlussfolgerungen sind dementsprechend fehlleitend und entziehen sich jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. (3) 

Quellen

(1) UNO-Flüchtlingshilfe: Flüchtlingszahlen (Stand September 2022)   

(2) UNO-Flüchtlingshilfe: Fluchtursachen – Klimawandel (Stand September 2022)

(3) Welternährung: Mythos Migrationsdruck: Klimawandel ist kein automatischer Treiber (Juni 2021)  

(4) UNHCR: Climate Change and Desaster Displacement (Stand September 2022)   

(5) OHCHR: “Intolerable tide” of people displaced by climate change: UN expert (Juni 2022)   

(6) UNO-Flüchtlingshilfe: Flüchtlinge in Afrika (Stand September 2022)  

Verfasst am 28.9.2022

Energiewende nur MIT Afrika

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine lässt die Forderungen der Industriestaaten auf die Beschleunigung des Übergangs zu grüner Energie in den Hintergrund rücken. Alternativen zu russischem Gas müssen her. Und das auf Kosten der afrikanischen Energiewende.

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Energiewende nur mit Afrika

Energiewende nur MIT Afrika

Noch vor etwas weniger als einem Jahr drängte Europa die afrikanischen öl- und gasproduzierenden Staaten den Übergang zu grünen Energiequellen zu beschleunigen und zu forcieren. Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dem Willen der europäischen Staaten, schnellstmögliche Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas zu erlangen, rückt die Forderung nach der grünen Energiewende jedoch in den Hintergrund. Doch die Suche der Industriestaaten nach fossilen Brennstoffen außerhalb Russlands gefährdet die Energiewende Afrikas.

Der Verzicht auf fossile Energie ist nicht überall die Antwort

Auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP26) im letzten Jahr einigten sich 19 Staaten darauf, die Finanzierung der fossilen Energien im Ausland zu beenden. Projekte, die Kohle, Öl oder Gas nutzen, sollen ab Ende 2022 nicht mehr finanziert werden. (1) Diese Entscheidung stieß wenig überraschend nicht überall auf Wohlwollen. Der senegalesische Präsident und seit Februar 2022 Präsident der Afrikanischen Union (AU), Macky Sall, kritisierte die Erklärung der COP 26 als „unilateral“. Bevor sie sich gegen die Finanzierung der Gasförderung für Afrika aussprechen, sollten die Unterzeichnerstaaten zunächst einmal vor der eigenen Haustür kehren und den Verbrauch von Kohle und Öl einstellen. Auch der nigerianische Vizepräsident Yemi Osinbajo forderte die Europäer*innen bei dem Treffen mit der EU-Delegation im März 2022 dazu auf, die öffentliche Finanzierung von Gasprojekten in Nigeria und anderen Ländern des Globalen Südens während ihres Übergangs zu einer Zukunft mit Netto-Nullemissionen nicht zu stoppen. Beide begründeten ihre Kritik und Forderungen damit, dass Gas als Brückentreibstoff für eine gerechte Wende notwendig sei, da es den betroffenen Ländern erlaube, sich zu industrialisieren und schnellen Zugang zu moderner Energie für die Bevölkerung sowie Wohlstand schaffe. (2) Erdgas kann potentiell die weit verbreitete Energiearmut auf dem Kontinent lindern und die fast 600 Millionen Menschen in Subsahara-Afrika, die bisher ohne verlässliche Stromversorgung sind, mit Strom versorgen. Gleichzeitig kann der faire Handel mit der Ressource die finanziellen Mittel bieten, die Afrika für eine erfolgreiche Energiewende benötigt. (3)

Perspektivenwechsel: Europa auf Energie-Einkaufstour

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine seit März dieses Jahres veränderte den europäischen Standpunkt erheblich. Denn seither versucht Europa unabhängig von russischem Öl und Gas zu werden. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) bezieht die Europäische Union derzeit 45 Prozent ihrer Gasimporte aus Russland. (3) Mit der Absicht, dies schnellstmöglich zu ändern, sind die Europäer*innen derzeit auf weltweiter “Energie-Einkaufstour”. (2)

So standen Gasimporte bei der Afrikareise von Bundeskanzler Scholz im Mai zum Beispiel ganz oben auf der Agenda. Scholz besprach in Senegal mit Präsident Sall eine Zusammenarbeit für die Erschließung der Gasressourcen des westafrikanischen Landes. Anders als der Erdölgigant Nigeria steht Senegal noch ganz am Anfang seiner Förderung von Öl und Gas. Bis vor kurzem hatte das Land noch Schwierigkeiten, auf den internationalen Finanzmärkten Investitionskapital für seine Öl- und Gasförderung einzuwerben. Die gestiegene europäische Nachfrage ändert diese Situation. (2)

Extraktives Exportmodel schadet afrikanischer Energiewende

Doch von dem europäischen Sinneswandel profitiert die breite Masse der afrikanischen Bevölkerung am Ende am wenigsten. Denn das klassische extraktive Exportmodell trägt nur wenig zur Entwicklung afrikanischer Länder bei, wenn das Gas nicht für die eigene Industrie genutzt wird. Darüber hinaus wird der europäische Bedarf für Gas, sofern die Länder der EU ihre Ausbaupläne für erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff umsetzten, mittel bis langfristig stark zurückgehen. Damit drohen Teile von heute gebauter Gasinfrastruktur, deren Kosten sich oft erst über Jahrzehnte decken, sogenannte “stranded assets” (dt. “gestrandete Vermögenswerte”) zu werden – also Vermögenswerte, deren Ertragskraft oder Marktwert drastisch sinkt, bis hin zu ihrer weitgehenden oder vollständigen Wertlosigkeit. (2)

Wenn also in Afrikas Erdgas investiert wird, dann sollte der Brennstoff nicht einzig und allein zu Exportzwecken gefördert werden, sondern zum Großteil für die Industrialisierung des Kontinents reserviert bleiben. Denn die in Afrika vorhandenen Ressourcen könnten bis 2030 zusätzlich etwa 90 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr liefern, das wiederum für die einheimische Düngemittel-, Stahl und Zementindustrie sowie die Meerwasserentsalzung von zentraler Bedeutung sein könnte. Die gesamte CO2-Emission aus der Nutzung dieser Gasressourcen würden sich dabei in den kommenden 30 Jahren auf etwa zehn Milliarden Tonnen belaufen. Das entspräche lediglich einem Anteil von etwa 3,5 Prozent an den weltweiten Emissionen seit Beginn der Industrialisierung. (1)

Grünes Potential auf dem afrikanischen Kontinent

Gleichzeitig braucht es Investitionen in Afrikas erneuerbare Energien. Der afrikanische Kontinent verfügt über 40 Prozent des weltweiten Potentials für grünen Strom. Allerdings gehen nur etwa zwei Prozent der weltweiten Erneuerbaren-Investitionen nach Afrika. (1) So stehen in allen Afrikanischen Ländern zusammen heute insgesamt so viele Wind-Onshore- und Solar-Anlagen wie Deutschland sie bald in einem einzigen Jahr installieren will. (4) Laut dem im Juni veröffentlichten Africa Energy Outlook 2022 beherbergt Afrika etwa 60 Prozent der weltweit am besten geeigneten Solarstandorte. Gleichzeitig verfügt der Kontinent aber bisher nur über ein Prozent der globalen Photovoltaik-Kapazitäten. Bei einem nachhaltigen Ausbau können 80 Prozent der bis 2030 neu installierten Stromerzeugung Afrikas auf Erneuerbaren beruhen, darunter Sonne, Wind und Wärmeenergie. (1) Die internationale Staatengemeinschaft muss Afrika daher deutlich stärker auch im Ausbau einer nachhaltigen Energiewirtschaft unterstützen. Denn ausgehende von dem enormen Potential erneuerbarer Energien hat Afrika die Möglichkeit, zukünftig eine zentrale Rolle bei der Erzeugung und dem Export von Strom und anderen Energieträgern wie grünem Wasserstoff zu spielen und so auf lange Sicht in doppelter Hinsicht von der Energiewende zu profitieren. (4)

Quellen

1) Klimareporter: Erneuerbare für Afrika statt Erdgas-Suche für Europa (Juni 2022)

2) Heinrich-Böll-Stiftung: Die Suche Europas nach Gasressourcen in Afrika (Juni 2022)

3) African Energy Chamber: Es ist an der Zeit, dass sich Europa und Afrika auf ein grünes Gasabkommen einigen (April 2022)

4) Deutsche Energie-Agentur: Gewaltige Potenziale Afrikas für erneuerbare Energien endlich besser nutzen (Juni 2022)

Verfasst am 21.9.2022

Kinder brauchen Schutz – Stoppt Kinderarbeit!

Kinder brauchen besonderen Schutz. Sie werden zunehmend bedroht von Armut, Klimakrise und bewaffneten Konflikten - und auch Kinderarbeit nimmt wieder zu in Folge dieser Entwicklungen.

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Kinder brauchen Schutz – Stoppt Kinderarbeit!

Weltweit müssen etwa 160 Millionen Kinder im Alter zwischen 5 und 17 Jahren arbeiten. Afrika ist besonders von Kinderarbeit betroffen: 92 Millionen Kinder – etwa 20 Prozent – müssen dort unter extremen und ausbeuterischen Bedingungen schuften. Das ist jedes fünfte Kind! Darum rufen wir unseren Appell vom letzten Jahr wieder in Erinnerung: Stoppt Kinderarbeit!

Kinderarbeit kurz erklärt

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Kinderarbeit ist eine direkte Folge von Armut

  • Familien sind darauf angewiesen, dass ihre Kinder in der Landwirtschaft mithelfen oder zum Einkommen der Familie beitragen.
  • Familien können es sich nicht leisten, Kinder zur Schule zu schicken – weil die Kosten zu hoch sind oder die Schulen zu weit weg.
  • Alleinlebende Kinder ohne jegliche Unterstützung müssen Lohnarbeit nachgehen, um nicht zu verhungern.
  • Flüchtlingskinder sind häufig Opfer von Kinderhandel. Sie werden dazu gezwungen, in Fabriken, als Hausmädchen oder in der Prostitution zu arbeiten.
  • Oft geraten Kinder in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse: Arbeitgeber und -geberinnen stellen Kinder ein, weil sie ihnen niedrigere Löhne zahlen können und Kinder sich nicht gewerkschaftlich organisieren.

Was kann jede*r gegen Kinderarbeit tun?

Ihr persönliches Handeln macht einen Unterschied:

  • Achten Sie beim Kauf von Produkten darauf, dass in deren Lieferketten keine Kinderarbeit steckt. Gütesiegel können hier Orientierung geben, zum Beispiel Fairtrade-Siegel. Fragen Sie aktiv in Supermärkten nach.
  • Beteiligen Sie sich an Petitionen für den Stopp von Kinderarbeit. Petitionen können Gesetzgeber zum Handeln auffordern und politischen Druck aufbauen.
  • Mit Patenschaften können Sie bedürftigen Kindern eine Schulbildung und damit eine selbstbestimmte Zukunft ermöglichen
  • Unterstützen Sie Projekte, die Familien genügend Einkommen ermöglichen, damit sie ihre Kinder zur Schule schicken können.
  • Unterstützen Sie die Arbeit von GEMEINSAM FÜR AFRIKA mit einer Spende, denn unsere Mitgliedsorganisationen sind vor Ort aktiv.
  • Machen Sie in Ihrem Freundeskreis und Ihrer Familie auf das Schicksal arbeitender Kinder aufmerksam.

Mehr zum Thema Kinderarbeit erfahren Sie hier.

Armut nimmt wieder zu

Bereits durch die Covid-Pandemie lebten in den Ländern Subsahara-Afrikas in den Jahren 2020 und 2021 etwa 40 Millionen Menschen mehr in Armut als vorher. Weltweit hat Armut seitdem zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder zugenommen.

Klimakrise verstärkt Armutstrend

Längere Hitzeperioden, ausbleibende Regenzeiten und zunehmende Extremwetterereignisse verstärken die Ernährungsunsicherheit in vielen Regionen Afrikas bereits jetzt enorm – und damit auch Armut und Abwanderung. Das ist nicht gerecht! Denn die Menschen in Afrika tragen nur rund 4 Prozent zu den weltweiten Emissionen bei, während der Globale Norden 92 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase verursacht. Es wird Zeit, dass die Industrieländer dafür endlich die Verantwortung übernehmen! Hier finden Sie weitere Informationen zu den Auswirkungen der Klimakrise und zum Thema Klimagerechtigkeit.

Verfasst am 20.09.2022

Klimaaktivistin Mitchelle Mhaka – Stärkung von Klimakompetenz in Südafrika

Mitchelle Mhaka, eine in Simbabwe geborene Aktivistin für soziale und ökologische Gerechtigkeit, setzt sich in Südafrika für die Stärkung von Klimakrisenbildung ein.

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Klimaaktivistin Mitchelle Mhaka setzt sich für mehr Klimakompetenz ein

Klimaaktivistin Mitchelle Mhaka – Stärkung von Klimakompetenz in Südafrika

Bildung kann ein entscheidendes Element sein, um die Klimakompetenz zu stärken und zusammen mit indigenen und lokalen Wissenspraktiken zu einer fundierten Anpassung an die Klimakrise und deren Folgen in ganz Afrika beitragen. Doch ein großer Teil der afrikanischen Bevölkerung hat keinen oder nur geringen Zugang zu Bildung. Das hat auch direkte Auswirkungen auf die Klimakompetenz. So liegt die durchschnittliche nationale Klimakompetenzrate in Afrika bei nur 37 Prozent.  

Das ist zu wenig, findet auch Mitchelle Mhaka. Die in Simbabwe geborene Aktivistin für soziale und ökologische Gerechtigkeit setzt sich in Südafrika für die Stärkung von Klimakrisenbildung ein.  

Stärkung von Klimakompetenz 

Mhaka ist Bildungskoordinatorin des Afrikanischen Klima-Bündnisses (African Climate Alliance (ACA)) – eine von Jugendlichen geführte Interessengruppe mit Sitz in West Cape, Südafrika. Das Bündnis konzentriert sich auf die Verbreitung von Informationen über Klima- und Umweltfragen und fordert von führenden Politiker*innen und Verantwortlichen, dass sie bei der Bewältigung der Klimakrise Verantwortung übernehmen. (1) 

Als Bildungskoordinatorin konzentriert sich Mhaka hauptsächlich auf die Entwicklung von Inhalten, die sich mit den Problemen der Klimakompetenz befassen und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Menschen, vor allem in weniger privilegierten Gemeinden, den gleichen Zugang zu Informationen über die Erhaltung der Umwelt haben. Insbesondere die Jugend soll mit Wissen ausgestattet werden, da diese eine starke Stimme sein kann, um echte Veränderung zu bewirken. (1) 

“Wir, die Jugend, sind diejenigen, auf die wir gewartet haben, um uns zu retten. Im Grunde werden wir uns selbst retten.”  (1) 

Klimakrise ist kein alleinstehendes Problem  

Viele junge Menschen, mit denen Mhaka zusammenarbeitet, leben in einem ungesunden Umfeld – sie kämpfen mit anderen dringenden Herausforderungen wie Armut, unzureichender Schulbildung, Kriminalität und weiteren Problemen. Dementsprechend hat die Klimakrise keine herausragende thematische Stellung. Informationen über diese und andere klimabezogene Themen fehlen. (1) Dabei ist es in vielerlei Hinsicht unmöglich, klimabedingte Probleme von sozialen Herausforderungen zu trennen. Sie bedingen sich gegenseitig.

“Es gibt viele Überschneidungen und es ist unmöglich, Klimafragen von anderen Themen wie sozialen Fragen zu trennen.” (2)  

Umso wichtiger ist die Aufklärungsarbeit und die damit einhergehende Stärkung und Befähigung junger Menschen, sich aktiv gegen klimaschädliche Maßnahmen von Staaten und Unternehmen zur Wehr zu setzen und ganzheitliche Lösungsansätze zur Anpassung und Prävention zu gestalten. (2) 

Ihr Wunsch 

Mhaka wünscht sich von der Regierung, dass sie die Klimaaktivismus-Bewegung vorantreibt, indem sie Informationszentren einrichtet, um die Menschen über die Klimakrise aufzuklären und sie mit ihr vertraut zu machen. (1) Menschen mit wenigen finanziellen Ressourcen und benachteiligte Personen tragen nach wie vor die Hauptlast der fehlenden Maßnahmen gegen die Klimakrise und Umweltzerstörung. Mit ihrer Arbeit hofft Mhaka, einen Teil dazu beizutragen, dass die Gesundheit und das Wohlergehen aller Südafrikaner*innen zur Priorität gemacht werden. (3) 

Quellen

(1) Daily Maverick: Mitchelle Mhaka: Arming the youth with knowledge is critical in fostering a good climate for change (Juni 2021)   

(2) The Coolest Show: EMPOWERED EDUCATION W/ MITCHELLE MHAKA (April 2022)   

(3) Mail and Guardian: Young people call for an end to the terrible legacy of coal (Juni 2021)  

Verfasst am 14. September 2022

Unterstützung der `Rwandan Daughters´ muss weitergehen

Erste positive Ergebnisse sind erfreulich, jedoch braucht es weitere Unterstützung.

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Unterstützung der `Rwandan Daughters´ muss weitergehen

Berlin im August 2022

Zwei Jahre nach der Veröffentlichung des Buch- und Hilfsprojektes ‚Rwandan Daughters‘, ziehen die Initiatoren, Fotograf Olaf Heine, die Hilfswerke ora Kinderhilfe international e.V. und die Agentur spring brand ideas und der Verlag Hatje Cantz eine erste Bilanz. So konnte durch die Veröffentlichung des Buches im Hatje Cantz Verlag, durch zahlreiche Presse- und Fernsehberichte (u.a. CNN, BBC, Guardian, Die ZEIT, Süddeutsche Zeitung), die begleitenden Ausstellungen im Museum Frieder Burda Salon Berlin und der Berlin PhotoWeek sehr viel Aufmerksamkeit auf das Thema ‚Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe‘ gelenkt werden. 

Konkrete Hilfe kam bei den Frauen an

Zwei Frauen der Rwandan Daughters. Eine der Frauen steht, die andere sitzt neben ihr auf einem weißen Holzstuhl. Die Sonne scheint durch die geöffnete Tür.

Des Weiteren konnte durch die Publikation den portraitierten Frauen und Töchtern konkret geholfen werden. Es wurden mehrere Patenschaften für die ruandischen Frauen bzw. Töchter vermittelt, Finanzierungen für den Kauf eines Grundstückes und eines Hauses gesichert sowie die Kosten der Studiengebühren der Opfer zusammengetragen. Die Kinder der Frauen, die durch die Vergewaltigungen schwanger geworden sind und die Babys bekommen haben, sind heute 25 Jahre alt. Die meisten von ihnen befinden sich inmitten eines Studiums oder einer Ausbildung. Beides ist in Ruanda kostenpflichtig.

Während der Corona-Krise konnten zudem sämtliche Frauen und im Buch dargestellten Personen mit finanziellen Geldspenden unterstützt werden, um die Covid -19 – Epidemie besser zu überstehen. Über 200 Personen wurden mit Lebensmitteln für min. einen Monat sowie Barspenden zum Kauf notwendiger Güter bedacht. Auf diesem Wege möchten sich die Initiatoren bei allen Unterstützern und Spendern bedanken. 

Zwei Frauen der Rwandan Daughters vor einer türkisfarbenen Hauswand mit Verzierung. Eine der Frauen steht, die andere sitzt neben ihr auf einem Berg mit rötlichen Ziegelsteinen.
Zwei Frauen der Rwandan Daughters vor einer türkisfarbenen Hauswand mit Verzierung. Eine der Frauen steht, die andere sitzt neben ihr auf einem Berg mit rötlichen Ziegelsteinen.

Rwandan Daughters zwischen 2016 und 2018 entstanden

Das Projekt ‚Rwandan Daughters‘ handelt von den Opfern – Mütter und Töchter – des Völkermords in Ruanda. Im Frühjahr 1994 vergewaltigten dort tausende Soldaten, Milizionäre und Mitläufer bis zu 500.000 Frauen und Mädchen. Von dieser Zahl geht das Kinderhilfswerk Unicef aus. Viele Frauen wurden von ihren Vergewaltigern schwanger und bekamen Kinder. Der Berliner Fotograf Olaf Heine hat von 2016 bis 2018 ruandische Mütter mit ihren aus diesen Vergewaltigungen entstandenen Töchtern porträtiert.

Manche haben bis heute ein distanziertes Verhältnis, für andere war das Kind der einzige Grund weiterzuleben. Viele der Frauen sind schwer traumatisiert. Für die Aufnahmen für den Bildband ‚Rwandan Daughters‘ wählten die Frauen gemeinsam mit dem Fotografen Orte, die auf die Umstände der Vergewaltigung hinweisen: ein Fluss, ein Feld, eine Kirche. Inzwischen ist Ruanda das erste Land der Welt, das die Gleichstellung von Frauen in der Verfassung festgeschrieben hat.

Verfasst am 12.9.2022

Eine Frage der Verantwortung: Vorbereitungen auf die UN-Klimakonferenz im November

Im November findet die 27. UN-Klimakonferenz in Ägypten statt. In den Vorbereitungen auf diese liegen die Prioritäten auf der Frage nach Verantwortung und Klimagerechtigkeit.

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Eine Frage der Verantwortung: Vorbereitungen auf die UN-Klimakonferenz im November

Im November 2022 richtet Ägypten, als zweites afrikanisches Land nach Marokko seit der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens 2015, die 27. UN-Klimakonferenz (COP27) in Sharm El Sheikh aus. Das von 196 Ländern unterzeichnete Abkommen hat das Ziel, die globale Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das große Thema in diesem Jahr wird die Integration des Konzepts der Klimagerechtigkeit sein. (1) Ein Konzept, dessen Umsetzung in den letzten Jahren verfehlt wurde.  

Regionale Vorbereitungen auf die Klimakonferenz 2022 

Im Vorfeld der UN-Klimakonferenz 2022 finden und fanden bereits eine Reihe von Veranstaltungen statt. So kamen Ende August Vertreter*innen aus Regierungen, multilateralen Organisationen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft zur diesjährigen Africa Climate Week (ACW 2022) in Libreville, Gabun, zusammen, um wichtige regionale Impulse im Kampf gegen die Klimakrise zu setzen. Zwei Schlüsselthemen waren dabei von besonderer Bedeutung: Die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf durchschnittlich 1,5 Grad Celsius und die Schaffung einer widerstandsfähigen Zukunft.  (2) 

Auch bei den Africa Climate Talks, die in zwei Sitzungen im Juli und August, einmal für das südliche Afrika in Maputo, Mosambik und für West-, Zentral- und Nordafrika in Niamey, Niger, stattfanden, formulierten die afrikanischen Staaten gemeinsame Prioritäten und Positionen im Vorfeld des Klimagipfels. Dabei spielten zudem besonders Indigene Stimmen eine entscheidende Rolle. Ihre Erfahrungen sollen dazu beitragen, Afrikas Position bei den internationalen Klimagesprächen zu stärken. Anstatt sich auf externe Hilfe zu verlassen, soll sich auf das Wissen und die Praktiken indigener Völker zum Schutz und zur Anpassung an die Klimakrise konzentriert werden. (3) 

Reparationsforderungen 

Die COP26 in Glasgow im letzten Jahr war in vielerlei Hinsicht erfolgreich: So ist der schrittweise Abschied aus der Kohleenergie festgelegt worden (welcher durch den Krieg in der Ukraine und der damit einhergehenden Energiekrise in weitere Ferne rückt (5)), über 140 Regierungen haben den Schutz und die Wiederaufforstung der Wälder versprochen und über 100 Länder wollen bis 2030 den Methanausstoß um ein Drittel reduzieren. Ein entscheidender Punkt – DER entscheidende Punkt – wurde im Abschlusspapier der COP26 jedoch weggelassen: Die Benennung von Verantwortung für die Klimakrise. (4)  

Es ist mittlerweile allgemein bekannt, dass die Länder des globalen Südens am wenigsten zu den weltweiten Treibhausgasemissionen beitragen, aber unverhältnismäßig unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden. Zehn der am meisten von der Klimakrise betroffenen Länder liegen in Afrika. Gleichzeitig haben drei Viertel der afrikanischen Länder die Klimaziele des UN-Nachhaltigkeitsziels 13 (SDG13), das Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise und seiner Auswirkungen fordert, bereits erreicht. Kein Land in Nordamerika oder der EU kann dasselbe von sich behaupten. (2)  

Die Vereinten Nationen schätzen, dass die afrikanischen Staaten bereits jetzt zwischen 2 und 9 Prozent ihres Nationaleinkommens für Naturkatastrophen im Zusammenhang mit der Klimakrise ausgeben. (3) Seit Jahren fordern die betroffenen Staaten einen Fonds für Schäden und Verluste („loss and damages“) von den Hauptverursachern der Klimakrise. Die versprochene Mobilisierung von jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung seitens der Industrieländer blieb bisher jedoch unerfüllt (wobei die genaue Zahl umstritten ist). (1) Die Klimafinanzierung wird dementsprechend auch dieses Jahr ein zentrales Thema auf der UN-Klimakonferenz sein.  

Herausforderungen für die diesjährige Klimakonferenz  

Resilienzstärkung, die Verwirklichung der Klimaschutzziele sowie Fachwissen, Inklusion und Rahmenbedingungen für zu treffende Maßnahmen stehen auf dem Programm des zehntägigen Gipfeltreffens. (6) In einer Zeit, in der mehrere andere Faktoren das Weltgeschehen dominieren und die Aufmerksamkeit von der Klimakrise lenken (wirtschaftliche Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, der russische Krieg in der Ukraine, angespannte Beziehungen zwischen den USA und China), bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit die Forderungen von Verantwortungsübernahme und Reparationszahlungen auf der diesjährigen COP umgesetzt werden.  

Quellen

(1) The National News: ‚Climate justice‘ a priority at Egypt’s Cop27 summit (September 2022)

(2) UNFCCC: Africa Climate Week 2022 Builds Important Regional Momentum for Climate Action ahead of COP27 (September 2022)  

(3) Africa News: 4th edition of Africa Climate talks kicks off as the continent endures damaging weather events (Juli 2022)  

(4) Zeit: Klimaschutz oder grüner Kolonialismus? (Januar 2022)  

(5) Tagesschau: Was die Energiekrise für das Klima bedeutet (Juli 2022)  

(6) UNFCCC: Climate Action Calendar for COP27 Published (August 2022)  

Verfasst am 8.9.2022

Fortschritte in der Pandemiebekämpfung in Afrika

In der Bewältigung der Corona-Pandemie konnten in diesem Jahr bereits einige große Fortschritte auf dem afrikanischen Kontinent erzielt werden. Massenimpfkampagnen steigerten die Impfquote und internationale Zusammenarbeit fördert die lokale Impfstoffproduktion. Dennoch macht die Pandemie sehr deutlich, dass die Gesundheitssysteme Afrikas reformbedürftig sind.

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Fortschritte in der Pandemiebekämpfung in Afrika

Mit „nur“ knapp 9,3 Millionen bestätigten Covid-19-Infektionen (Stand August 2022 (2)) bildet der afrikanische Kontinent das Schlusslicht unter den sechs Kontinenten. Dennoch kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass Afrika weniger von der Corona-Pandemie betroffen ist als der Rest der Welt. Ganz im Gegenteil: Expert*innen nehmen an, dass nur eine von sieben Infektionen in Afrika offiziell festgestellt wird. Die Dunkelziffer ist also deutlich höher. (1) 

In der Bewältigung der Pandemie konnten die afrikanischen Staaten in diesem Jahr bereits einige Fortschritte erzielen. So ist zum Beispiel die Impfquote deutlich gestiegen. 

Massenimpfkampagnen sorgen für einen Anstieg der Impfungen  

Bis zum 10. Juli dieses Jahres haben 282 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent ihre Grundimmunisierung erhalten, was 21,1 Prozent der afrikanischen Bevölkerung, und einem Anstieg von 10 Prozent der Impfungen seit Jahresbeginn entspricht. Dieser Anstieg ist auf zahlreiche Massenimpfkampagnen zurückzuführen, die im Juni und Juli in vielen Ländern Afrikas durchgeführt wurden. So ist die Durchimpfungsrate in Tansania zum Beispiel von 1,8 auf 15,8 Prozent gestiegen, im Südsudan von 2 auf 11 Prozent. Insgesamt sechs Länder konnten damit die kritische Marke von mehr als 10 Prozent der Gesamtbevölkerung überschreiten, die die erste Impfserie abgeschlossen haben. Die Zahl der Länder, die in der Gruppe unter 10 Prozent liegen, hat sich von 14 auf 8 verringert. (3)  

Ein großer Erfolg also, der jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Impfquote afrikanischer Länder immer noch deutlich unter dem globalen Durchschnitt liegt. Mit Stand 31. August 2022 waren laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 62,56 Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft, mit Impfquoten von 63,81 Prozent in Europa und sogar 69,37 in Nord- und Südamerika. (2) Die Unterschiede der Impfquoten der Bevölkerung in den verschiedenen Teilen der Welt sind also immer noch groß. Einige der Gründe dafür finden Sie hier.   

Ausbau lokaler Impfstoffproduktion  

Die WHO, die Afrikanische Union, die Europäische Union, die Regierungen Südafrikas, Ruandas, Senegals, Deutschlands und Frankreichs sowie weitere Partner*innen arbeiten daran, die Industrie und ihre Partner*innen beim Ausbau der lokalen Impfstoffproduktion zu unterstützen und die globale und regionale Zusammenarbeit zu verbessern, um künftigen Pandemien vorzubeugen und auf sie zu reagieren. Diese gemeinsame Investition soll sicherstellen, dass alle Regionen der Welt über eine hochmoderne Produktionsinfrastruktur, geschultes Personal sowie industrielle Regelungen verfügen. So haben vor einem Jahr die WHO, Südafrika und der Medicines Patent Pool mit Unterstützung der EU, Frankreichs, Deutschlands und anderer lokaler und internationaler Partner*innen ein Technologietransferzentrum für mRNA-Impfstoffe in Kapstadt eingerichtet. Ziel des Zentrums ist es, die Technologie in Entwicklungsländern zu verbreiten, indem Hersteller geschult und lizenziert werden, damit sie ihre eigenen Impfstoffe für den nationalen und regionalen Gebrauch herstellen können. (5) 

Auch Teile des Privatsektors engagieren sich. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „BioNTainer“ – mobile, in Schiffscontainern untergebrachte mRNA-Produktionsanlagen – des deutschen Unternehmens BioNTech. Die ersten BioNTainer sollen in der zweiten Hälfte dieses Jahres auf dem afrikanischen Kontinent eintreffen und etwa 12 Monte nach der Lieferung an die endgültigen Standorte – Ruanda und Senegal, ggf. auch Südafrika – mit der Herstellung beginnen. (6) Die mRNA-Technologie ist nicht nur zur Bekämpfung von Covid-19 geeignet. Sie kann auch zur Bekämpfung anderer Krankheiten wie HIV, Tuberkulose und Malaria eingesetzt werden. (5) 

Reform der Gesundheitssysteme 

Wie in fast jedem Teil der Welt hat die Corona-Pandemie einen großen Druck auf die Gesundheitssysteme afrikanischer Länder ausgeübt. Zusätzlich wurden aber die bereits bestehenden gesundheitlichen Herausforderungen in den afrikanischen Regionen noch verschärft. Denn die Region sieht sich jährlich, mehr als jeder andere Teil der Welt, mit zahlreichen Gesundheitskrisen konfrontiert. In Notsituationen, wie die Pandemie eine darstellt, müssen viele Länder ihre Gesundheitsprogramme aufgrund von Personalverschiebungen, Unterbrechungen der Versorgungsketten und Bewegungseinschränkungen einstellen. Diese Unterbrechungen untergraben die Fortschritte auf dem Weg zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung und legen die Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung offen. So hat die Pandemie die Notwendigkeit einer Reform der Gesundheitssysteme des Kontinents besonders deutlich gemacht. Auch wenn die Länder im Zuge der Pandemie ihre Maßnahmen in den Bereichen Überwachung, Prävention, klinische Versorgung und Impfung verstärkt haben, sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Gesundheitssysteme robuster und widerstandsfähiger zu machen. (4) 

Quellen 

(1) Unicef: Corona in Afrika: Die Pandemie, die Folgen für Kinder und wie UNICEF hilft (März 2022)  

(2) WHO: Corona (COVID-19) Dashboard (Letzter Aufruf 30. August 2022)  

(3) WHO Regional Office Africa: COVID-19 vaccination in Africa increases by almost three-quarters in June 2022 (Juli 2022)   

(4) WHO Regional Office Africa: Transforming Africa’s health system in wake of COVID-19 pandemic (August 2022)   

(5) AllAfrica: Africa: Ending Covid-19 Pandemic – and Preventing Worse Ones – Demands Equity, Innovation, Investment (August 2022)

(6) Deutsche Afrika Stiftung: Pressespiegel KW 7/2022: Mehr als nur Symbolik? (Februar 2022)  

Bildung wichtig für Krisenbewältigung

Bildung ist ein Menschenrecht und kann ein Schlüssel für die Bewältigung von Krisen sein. Dies gilt auch im Kontext der Klimakrise.

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Bildung wichtig für Krisenbewältigung

Bildung ist ein Menschenrecht. Es ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 enthalten und wird in verschiedenen späteren Menschenrechtskonventionen erneut aufgegriffen und ausdifferenziert. (2) Eines der wichtigsten Dokumente in diesem Kontext ist der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der das Recht auf Bildung in Artikel 13 enthält. 160 Staaten haben sich zu diesem Pakt bekannt. (1)   

Bildung hat im Rahmen der Menschenrechte eine besondere Bedeutung. Sie gilt als Schlüssel für den Zugang zu weiteren Menschenrechten, da sie eine Grundlage dafür schafft, dass Menschen ihre Rechte kennen und aktiv ausüben können. Gleichzeitig ist Bildung eine wichtige Voraussetzung für die aktive politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe in der Gesellschaft. (2) Im entwicklungspolitischen Zusammenhang ist sie damit auch eine Voraussetzung für Nachhaltige Entwicklung, die Verringerung von weltweiter Armut und für ein friedliches Zusammenleben. (3)  

Das Recht auf Bildung in der Praxis  

Viele Länder und Regionen der Welt sind jedoch noch weit davon entfernt das Recht auf Bildung als universelles Menschenrecht zu realisieren. Dabei weisen afrikanische Länder südlich der Sahara nach Angaben der Vereinten Nationen die höchste Rate der Bildungsausgrenzung auf. Hier gehen mehr als ein Fünftel der Kinder im Alter zwischen 6 und 11 Jahren nicht zur Schule, gefolgt von einem Drittel der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren und 60 Prozent der Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. (4)  

Ursachen für fehlende Schulbildung 

Die fehlende Bildung hat verschiedene Gründe, darunter fehlende Schulinfrastrukturen, Armut, Ernährungsunsicherheit, Krisen in Form bewaffneter Konflikte und humanitärer Notlagen, wie zum Beispiel der Corona-Pandemie oder aktuell auch der Klimakrise und damit verbundenen Hungersnot in einigen Ländern Afrikas. (5) 

Vor allem Mädchen haben oft keinen Zugang zu Bildung. Dies ist fatal, da der Zugang zu Bildung nicht nur wichtig für sie selbst ist, sondern auch für die Gesellschaft, in der sie leben. So zeigen Studien, dass Bildung dazu beiträgt, dass Mädchen und Frauen gesünder sind, später heiraten und im Schnitt weniger Kinder bekommen. Wenn Mütter gebildet sind, können sie besser für die Gesundheit und Bildung ihrer Kinder sorgen. Gleichzeitig gelten Mädchen und Frauen mit guter Bildung als Motoren für die Entwicklung ihrer Gesellschaft, weil sie aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen und so mehr zur Produktivität und Innovation beitragen können. Diese Faktoren können dazu beitragen, Armut zu bekämpfen. (3) 

Bildung als Schlüsselelement zur Bewältigung von Krisen   

Zwar gelten Krisen, wie bereits oben erwähnt, als Ursache für das Ausbleiben von Bildung. Gleichzeitig kann der Zugang zu Bildung aber auch ein Schlüsselelement zur Bewältigung dieser sein. Dies gilt auch im Kontext der Klimakrise. Denn gute Bildungsstrukturen und funktionierende Wissenschaftssysteme können das Verständnis des menschlichen Einflusses auf die Klimakrise vergrößern und dabei helfen, wirksam auf sie zu reagieren und sich an seine katastrophalen Folgen anzupassen. (6) 

Bildung und die Klimakrise 

Eine Umfrage von Afrobarometer zeigt, dass sich die Mehrheit der afrikanischen Bevölkerung zwar der Klimakrise bewusst ist und die Meinung vertritt, dass sie gestoppt werden müsse. Zu wenigen ist jedoch das Ausmaß der gegenwärtigen und zukünftigen Auswirkungen auf Afrikas Wirtschaft, Nahrungsmittel- und Wassersicherheit, Gesundheit, Infrastruktur, Städte, Kulturerbe und Ökosysteme bewusst. So liegt die durchschnittliche nationale Klimakompetenzrate in Afrika bei 37 Prozent. Im Vergleich: In Europa und Nordamerika liegt sie bei über 80 Prozent. (7) 

Bildung kann hier hochwirksam sein, wenn es darum geht, die Klimakompetenz sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu erhöhen. (7) Denn im Vergleich zu denjenigen, die keine formale Schulbildung haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diejenigen, die einen High-School-Abschluss haben, über die Klimakrise informiert sind, um 19 Prozent höher. Bei Personen mit Universitätsabschluss ist sie um 36 Prozent höher. Diese Diskrepanz zeigt sich auch je nach Geschlecht. Im Durchschnitt ist die Klimakompetenz von Frauen um 12,8 Prozent geringer als die von Männern. Dies ist zwar im Kontext des ungleichen Bildungszugangs nicht überraschend, aber umso besorgniserregender, da Frauen oft anfälliger für die Auswirkungen der Klimakrise sind als Männer. (8)  

Bildung hat das Potential, ein entscheidendes Instrument zu sein, um die Kluft in der Klimakompetenz zwischen Afrika, Europa und Nordamerika sowie die Kluft zwischen Männern und Frauen auf dem Kontinent zu verringern. (7) Und eine höhere Klimakompetenz kann, zusammen mit indigenen und lokalen Wissenspraktiken, zu einer fundierteren Anpassung an die Klimakrise und deren Folgen in ganz Afrika führen. (8) 

Quellen

(1) Bundeszentrale für Politische Bildung: Das Menschenrecht auf Bildung (September 2013)
(2) Institut für Menschenrechte: Recht auf Bildung
(3) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Bildung – Ein Menschenrecht
(4) Unesco: Education in Africa
(5) Deutsche Welle: Why the right to education remains a challenge in Africa (Januar 2022)
(6) Bundesministerium für Bildung und Forschung: Afrika: Partner im Kampf gegen den Klimawandel (Juli 2017)
(7) University of Cape Town: Education, gender and poverty affect climate change literacy in Africa (Oktober 2021)
(8) The Conversation: Africa’s first continent-wide survey of climate change literacy finds education is key (Oktober 2021)

Verfasst am 29.8.2022

Wie Sprache unser Denken formt und als Element der Unterdrückung dient

Sprache formt Denken und Identität. Wie machtvoll dies sein kann zeigte sich im Kolonialismus. Bis heute prägt sein Erbe unsere und afrikanische Sprachen.

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Wie Sprache unser Denken formt und als Element der Unterdrückung dient

Afrika ist mit über 2000 gesprochenen Sprachen der Kontinent mit der größten linguistischen Diversität. Doch viele von ihnen werden von immer weniger Menschen gesprochen, teilweise sterben sie sogar ganz aus. Dies hängt auch mit den Nachwirkungen des europäischen Kolonialismus zusammen. (1) Dieser hat zum einen dafür gesorgt, dass afrikanische Sprachen aus der Gesellschaft verdrängt wurden und immer noch werden. Zum anderen sind die in jener Zeit geprägten Begrifflichkeiten bis heute tief in unserer Sprache und Wahrnehmung verankert und ein großer Bestandteil heutiger Ausgrenzung und Rassismus. Doch wie genau hängt das zusammen und was kann dagegen unternommen werden? 

Sprache ist Kultur und schafft Identität  

Sprache ermöglicht es den Menschen sich zu verständigen. Was darüber hinaus aber noch viel wichtiger ist: Mit ihr werden Gedanken und Emotionen ausgedrückt, bewusst und unbewusst Bilder erzeugt und reproduziert und die spezifische Wahrnehmung unserer Lebenswirklichkeit beeinflusst. Wird in einer Sprache gedacht und interagiert, wird eine Person durch diese auch geprägt. Damit wird Sprache selbst zu einer eigenen Kultur und spiegelt die Identität des Sprechenden wider.  

Genauso, wie Sprache uns damit eine Welt eröffnet, kann sie diese aber auch begrenzen und die Zugehörigkeit einer Person zu einer Sprachgruppe begrenzt damit auch ihre Identität und Lebensrealität. (2) (3) 

Sprache als Instrument der Abgrenzung und Unterdrückung  

Der südafrikanische Anti-Apartheitsaktivist und Linguist Neville Alexander (1936-2012) verglich die Sprache einmal mit der Luft, die wir atmen. Sie ist lebensnotwendig und doch allzu selbstverständlich. So ist uns oft nicht bewusst, wie machtvolle und einflussreich Sprache sein kann. Die europäischen Kolonisator*innen und die Urheber des Apartheidsystems wussten Sprache als Instrument der Manipulation und Durchsetzung eigener Ideologien und Machtstrukturen für sich zu nutzen. So hat die Kolonialzeit sprachlich tiefe Einschnitte hinterlassen, die bis heute wirksam anhalten. (2) 

Zunächst verschafften sich Besetzer*innen durch das Erlernen lokaler Verkehrssprachen auf Verwaltungsebene Respekt und indirekte Macht über lokale Hierarchien. War diese Macht einmal erlangt, wurde die Verwendung afrikanischer Sprachen, und damit einhergehend die Kultur und Identität der die Sprachen sprechenden Menschen, so gut es ging unterdrückt. So führten die Kolonisator*innen auf zentraler Ebene ihre jeweils eigene Landessprache ein. Bis heute werden diese in den meisten Ländern Afrikas als offizielle Landessprache sowie in den Schulen und Universitäten genutzt. Dies trägt zum Verlust der sprachlichen Diversität Afrikas bei. (1) (2) 

Während im Kolonialismus die Sprachepolitik vor allem als Element von Machtdemonstration und Unterdrückung Verwendung fand, diente sie im Apartheidsystem als Werkzeug totaler Abspaltung. Schwarze Menschen wurden entsprechend ihrer jeweiligen Sprachgruppen in getrennte geografisch definierte Wohngebiete verwiesen, den sog. Homelands an den Stadträndern. Das Ziel war es, mittels Sprachbarrieren die Kommunikation zwischen der schwarzen Bevölkerung zu begrenzen, sie zu spalten und damit Aufstände zu verhindern. (2) 

Koloniale Instrumentalisierung der Sprache wirkt bis heute 

Diese Unterdrückung und Ausbeutung mussten irgendwie legitimiert werden. Aus dieser Logik heraus entwickelte sich das (biologisch nicht akkurate) Konzept der menschlichen „Rassen“. Unterschiede wurden anhand äußerer Merkmale wie der Hautfarbe als entscheidendes Element der Abgrenzung konstruiert. Schwarzen Menschen wurden körperlichen Charakteristika, Rückständig- und Hilfsbedürftigkeit zugeschrieben und in diesem Narrativ als homogene Gruppe dargestellt. (2) 

Die Formung dieses Denkens war in der kolonisierten und der kolonisierenden Gesellschaft bei der Errichtung des Machtverhältnisses essenziell. Doch trotz der formal-politischen Emanzipation der ehemaligen kolonialen Territorien des Kolonialismus haben sich die in der Zeit entwickelten Assoziationsketten bis heute gehalten. So schwingen zum Beispiel bei den Worten “Afrikaner*in” oder der Hautfarbe “schwarz” eine ganze Reihe kolonial-rassistischer Vorstellungen mit. Denn Begriffe und die Bilder, die diese erzeugen, stehen nie für sich allein. Sie sind immer Teil eines gedanklich verknüpften Kontextes, der unsere Wahrnehmung prägt. Sprache beeinflusst so über gesellschaftlich geteilte Stereotype unser Denken und Fühlen und damit auch unser Verhalten, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Es ist dadurch eine konstruierte Wirklichkeit geschaffen worden, durch die Schwarze, Indigene und People of Color systematisch ausgeschlossen worden sind und bis heute werden. (2) 

Wie kann dem entgegengewirkt werden? 

Um dem kolonial-rassistischen Erbe in unserer Sprache entgegenzuwirken, müssen wir alle aktiv und aufmerksam unseren eigenen Sprachgebrauch reflektieren und darüber hinaus im privaten, wie im öffentlichen Bereich Diskurse anregen, die diese Denkmuster identifizieren und aufdecken.  

Dem Verlust afrikanischer Sprachen muss hingegen mit einer aktiven Förderung dieser entgegengewirkt werden. Ein Beispiel dafür ist die Sankofa Sprachschule in Berlin. Gemeinsam mit einem Team aus afrodiasporischen Leher*innen und Mitarbeitenden bietet Akwasi Badu-Aning, Gründer und Leiter der Schule, 18 afrikanische Sprachen an und fördert damit aktiv das Sprechen afrikanischer Sprachen, vor allem in der Diaspora. (1) 

Es ist „sehr wichtig, dass wir als Afrikaner*innen unsere Sprache sprechen können, damit wir unsere kulturelle Identität nicht verlieren – vor allem in der Diaspora“. –  

Fatou Cisse Kane, Wolof-Lehrerin an der Sankofa Sprachschule (1)

Einen weiteren wichtigen Schritt zur Förderung afrikanischer Sprachen stellte im Mai dieses Jahres das Hinzufügen von 24 Sprachen aus Subsahara-Afrika, Indien und Südamerika zu Google Translate dar. Damit sind nun 23 afrikanische Sprachen auf der Plattform vertreten. Und auch DuoLingo, das von den 40 angebotenen Sprachen acht unterrepräsentierte Sprachen umfasst, arbeitet daran, Zulu und Xhosa – die von 20 Millionen Menschen vor allem im südlichen Afrika gesprochen werden – noch in diesem Jahr hinzuzufügen. (4) 

Quellen

(1) RosaMag: “Wer seine Sprache nicht spricht, verliert ein Stück seiner selbst” (August 2022)

(2) Zeitschrift zum Südlichen Afrika: Von der Freiheit und Unfreiheit der Sprache. (Mai/Juni 2022)

(3) Gesprächswert: Kulturelle Identität durch Sprache (September 2017)

(4) Reuters: Students cheer as online translation tools add more African languages (August 2022)

Verfasst am 23.8.2022

Unsere Mitgliedsorganisation ADRA Deutschland wird 35!

Seit über 35 Jahren ist unsere Mitgliedsorganisation ADRA Deutschland aktiv in der Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe mit Projekten in vielen Ländern.

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Unsere Mitgliedsorganisation ADRA Deutschland wird 35!

Diese Art der Hilfe unterstützt Menschen, die sich aufgrund von Krisen, Konflikten oder Naturkatastrophen in einer akuten Notlage befinden und diese aus eigener Kraft nicht bewältigen können. ADRA möchte den Betroffenen ermöglichen, ein Leben in Würde und Sicherheit zu führen. In Krisen- und Konfliktgebieten seien die Helfenden oftmals unter hohem persönlichem Risiko tätig.

Aktuell beteilige sich ADRA Deutschland im eigenen Land nach den Aufräumarbeiten im Ahrtal am Wiederaufbau und unterstütze dort 80 soziale Einrichtungen logistisch und finanziell. Auch finanziere ADRA Transporte von Geflüchteten innerhalb und außerhalb der Ukraine und versorge In den Nachbarländern Flüchtlinge in Notunterkünften. In Syrien helfe ADRA in den Bereichen Gesundheit, Wasser und Bildung. Mit sauberem Trinkwasser, Hygieneartikeln und Sanitäranlagen schütze das Hilfswerk etwa 100.000 Menschen im Norden des Landes. Dazu kämen Notunterkünfte sowie Schulunterricht für rund 1.800 Kinder.

Hunger in Ostafrika

Wie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen mitteilt, drohe in Ostafrika aufgrund einer langanhaltenden Dürre eine Hungersnot. Etwa 82 Millionen Menschen könnten sich nicht mehr satt essen. Deshalb habe ADRA Deutschland dort auch Projekte der Entwicklungszusammenarbeit ins Leben gerufen, um langfristig und nachhaltig gegen den Hunger vorzugehen. In Äthiopien, Somalia, Madagaskar und dem Südsudan setze sich das Hilfswerk für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ein, sich besser gegen Dürren wappnen zu können, die Ernten zu sichern und den Kindern positive Chancen für die Zukunft zu ermöglichen.

ADRA Deutschland e.V. ist Mitbegründer von VENRO, Aktion Deutschland Hilft und Gemeinsam für Afrika. ADRA steht für Adventist Development and Relief Agency. Weitere Informationen unter www.adra.de.

Unsere Organisationen im Einsatz: Hunger in Ostafrika, Südsudan und Madagaskar

Dürren und Überschwemmungen sowie drastisch steigende Lebensmittelpreise verschärfen die ohnehin prekären Lebensbedingungen in vielen Ländern Afrikas.

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Unsere Organisationen im Einsatz: Hunger in Ostafrika, Südsudan und Madagaskar

Dürrekatastrophe in Ostafrika

Es ist die schlimmste Trockenheit seit 40 Jahren. Inzwischen sind vier Regenzeiten in Folge ausgefallen. Die Klimakrise zeigt in Ostafrika besonders gravierende Auswirkungen.

Die ohnehin dramatische Lage wird verschärft durch horrend steigende Lebensmittelpreise. Auch wir erleben gerade Preissteigerungen vor allem bei Lebensmitteln und Energiekosten durch den Ukraine-Krieg, aber wer nur knapp drei Dollar pro Tag zum Überleben hat, kann sich eine Verdoppelung der Getreidepreise einfach nicht mehr leisten und muss dann Hunger leiden. Etwa 82 Millionen Kinder, Frauen und Männer in Ostafrika haben nicht ausreichend zu essen, mehr als 20 Millionen Menschen sind auf Unterstützung angewiesen.

Aus den Berichten unserer Mitgliedsorganisationen vor Ort erfahren wir, dass das Welternährungsprogramm (WFP) ab sofort Nahrungsrationen wegen ständig steigender Getreidepreise drastisch reduzieren musste. „Die Kürzung stellt humanitäre Organisationen vor enorme Herausforderungen und zwingt sie, unmögliche Entscheidungen zu treffen. Nicht jeder Mensch, der Hilfe benötigt, wird sie erhalten können“, klagt ein Mitarbeiter unserer Mitgliedsorgansiation CARE besorgt.

Hunger im Südsudan

Wirklich entspannt war die Lage im Südsudan seit der Unabhängigkeit vor acht Jahren selten. In den letzten Monaten hat sich die prekäre humanitäre Lage im Südsudan angesichts der anhaltenden Gewalt, der Krisen im Gesundheitssektor und der Folgen der Klimakrise weiter verschlechtert. Überschwemmungen und lokale Dürren verschlechtern die Lebensbedingungen erheblich. Auch hier verschärft der Anstieg der Lebensmittel- und Kraftstoffpreise die Situation weiter. In diesem Jahr werden voraussichtlich zwei Drittel der südsudanesischen Bevölkerung auf Unterstützung angewiesen sein. Zwei Millionen Menschen, darunter 1,3 Millionen Kinder unter 5 Jahren und 676.000 schwangere und stillende Frauen, sind von akuter Unterernährung bedroht. Auch hier ist CARE vor Ort und unterstützt die südsudanesische Bevölkerung in den Bereichen Ernährung, Gesundheit und Schutz.

Dürre und Überschwemmungen in Madagaskar

Aufgrund von Ernteausfällen durch Überflutungen und andauernde Dürren als auch durch die Folgen der Coronapandemie hat sich die Anzahl der mangelernährten Kinder verdoppelt, 500.000 Kinder sind akut unterernährt. Unsere Mitgliedsorganisation ADRA ist in Madagaskar sowie weiteren Ländern Ostafrikas vor Ort. Sie versorgen die Menschen mit lebensnotweniger Nahrung, schaffen Zugang zu sauberem Trinkwasser und helfen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, ihre Landwirtschaft langfristig an die Folgen des Klimawandels anzupassen.

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CARE-Studie: Weltweit hungern 150 Millionen mehr Frauen als Männer

Die weltweite Ernährungskrise trifft Frauen ungleich härter als Männer. Zu diesem Ergebnis ist eine neue Studie der internationalen Hilfsorganisation CARE gekommen.

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CARE-Studie: Weltweit hungern 150 Millionen mehr Frauen als Männer

Eine neue Studie der internationalen Mutterorganisation unserer deutschen Mitgliedsorganisation CARE zeigt, dass weltweit derzeit 150 Millionen mehr Frauen als Männer hungern. Diese Zahl wird bedingt durch die Klimakrise, die COVID-Pandemie und den Krieg in der Ukraine weiterwachsen. Denn Daten aus 109 Ländern belegen: Wächst die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, nimmt die Ernährungssicherheit ab.

Im Jahr 2018 hungerten 18 Millionen mehr Frauen als Männer, 2021 waren es bereits 150 Millionen. Damit ist die geschlechterspezifische Ungleichheit in Bezug auf Hunger in nur drei Jahren um das 8,4-fache gestiegen. Obwohl sowohl Männer als auch Frauen von der Ernährungskrise betroffen sind, tragen letztere nachweislich die größere Last: In Somalia etwa geben Männer an, kleinere Mahlzeiten zu essen während Frauen berichten, dass sie Mahlzeiten auslassen müssen. Im Libanon verhält es sich ähnlich, mehr Frauen als Männer geben an, kleinere Portionen zu essen. Dabei ernähren sie sich zusätzlich auch eher von minderwertigeren Lebensmitteln als Männer.

„Der CARE-Bericht wirft das Scheinwerferlicht auf ein entscheidendes, aber oft übersehenes Element der weltweiten Ernährungskrise: Nämlich wie ungleich härter die Hungerkrise Frauen trifft“, sagt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland. „Die Gleichstellung der Geschlechter ist eng mit der Ernährungssicherheit verbunden. Je größer die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in einem Land ist, desto hungriger sind die Menschen. Aber jetzt wissen wir darüber hinaus: auch der Hunger ist zwischen Frauen und Männern nicht gleich verteilt.“ 

Frauen müssen in der Ernährungskrise sichtbar gemacht werden

Obwohl Frauen auf allen Ebenen der Nahrungsmittelproduktion eine wichtige Rolle spielen, sind sie die ersten, die hungern. Dabei sind sie weltweit zu 90 Prozent für die Herstellung, Zubereitung und den Kauf von Lebensmitteln verantwortlich. Trotzdem gibt es in den globalen Datenbanken zum Thema Geschlecht – wie dem Gender Data Portal der Weltbank – kaum Angaben zur Ernährungslage oder auch zur Rolle der Frau für die Nahrungsmittelproduktion. Die Folge: Fehlende Daten führen auch zu fehlenden politischen Maßnahmen. Diese Lücken müssen sichtbar gemacht werden. Mit der vorliegenden Studie geht CARE einen wichtigen Schritt in diese Richtung.

„Frauen ernähren die Welt. Darum ist es an der Zeit, das globale Verständnis über die Zusammenhänge von Ernährungssicherheit und Geschlechterungleichheit zu verbessern“, so Zentel. „Die Überwindung der Geschlechterkluft bei der Nahrungsmittelversorgung erfordert ähnliche Veränderungen wie die Überwindung der Geschlechterkluft insgesamt – Frauen müssen die gleichen Rechte, Ressourcen und Möglichkeiten haben. Nahrung ist eines der grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse – ohne gleichen Zugang zu guten Lebensmitteln ist das Gleichstellungsprojekt zum Scheitern verurteilt.“

Lesen Sie die CARE-Studie hier im englischen Original. 

Was hat die Klimakrise mit Terrorismus zu tun?

Der Aufstieg terroristischer Gruppen hat viele Ursachen. Eine davon ist die Klimakrise. Sie verstärkt bereits bestehende Konfliktdynamiken bedeutend. Terroristen nutzen dies für sich, um Kämpfer zu rekrutieren.

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Was hat die Klimakrise mit Terrorismus zu tun?

Die Klimakrise trifft die Region um den Tschadsee besonders hart. Der Binnensee, den sich die Länder Nigeria, Niger, Kamerun und Tschad teilen, erstreckte sich einst über 25.000 Quadratkilometer. Heute sind von dem See weniger als 1.500 Quadratkilometer übrig. (1) Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen gehen 50 Prozent des Rückgangs der Tschadseefläche auf Klimaeffekte zurück. Die andere Hälfte wird durch die verstärkte Nutzung der Zuflüsse für landwirtschaftliche Bewässerung, dem erhöhten Wasserverbrauch der wachsenden Bevölkerung und Missmanagement verursacht. Immer wiederkehrende Dürren und Hitzewellen schädigen das Pflanzenwachstum zusätzlich und schwere Regengüsse zerstören die Ernten oder spülen sie von den Feldern. Auf über einem Drittel der Landfläche schreitet die Wüstenbildung voran. (2)

_©flickr
Der Tschadsee verschwindet
(©flickr_www.grida.no/resources/5593)

Klimakatastrophe trifft auf instabile Region

Diese Klimakatastrophe trifft auf eine chronisch instabile Region. Jedes Jahr sterben Hunderte Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen ansässigen, in der Landwirtschaft tätigen, Personen und in die Region kommende Hirt*innen, die auf der Suche nach Land sind. (1) Staatliche Hilfe für die Menschen und die Region gibt es kaum. Die Regierungen haben über die sumpfigen Ufer und vielen Inseln des Tschadsee kaum Kontrolle. Ein ideales Rückzugsgebiet für Kriminelle und Islamisten. (3) So konnte sich die westafrikanische Terrormiliz Boko Haram im letzten Jahrzehnt immer weiter ausbreiten und an Stärke gewinnen. (2) Sie planen Angriffe auf das Militär und Überfälle auf Zivilist*innen. Mehr als 40.000 Menschen starben bereits in dem Krieg zwischen den Islamisten und Regierungstruppen. Zwei Millionen Menschen wurden vertrieben. (3)

“Der Klimawandel bedroht nicht nur die Nahrungsversorgung, sondern auch den Frieden.”

Hindou Oumarou Ibrahim – Klimaaktivistin (3)

Der Aufstieg der terroristischen Vereinigung von einer kleinen Gruppe radikaler Koranschüler zu einer der gefährlichsten Organisationen der Welt hängt mit verschiedenen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklungen in der Region um den Tschadsee zusammen. So haben politische Krisen, Misswirtschaft und Korruption die Legitimität von Regierungen und Institutionen untergraben, regionale Ungleichheiten, insbesondere zwischen den ölproduzierenden und anderen Regionen, führen zu politischen Missständen, und Armut und Mangel an angemessenen Dienstleistungen machen die wachsende Bevölkerung empfänglicher für politische Versprechungen von Dschihadistengruppen. (4) Zu all diesen Faktoren gesellen sich nun mehr und mehr die desaströsen Auswirkungen der Klimakrise.

Klimakrise, Ressourcenkonflikte und Terror beeinflussen sich gegenseitig

Diese verschärft die bereits bestehenden Konfliktdynamiken bedeutend. Denn knappe Ressourcen und daraus resultierende Arbeits- und Perspektivlosigkeit machen gerade junge Menschen anfälliger für die Ideologien der Terroristen. Die Islamisten nutzen Not und Armut aus, um Kämpfer zu rekrutieren. Sie locken mit Geld und Gewehren oder einem Motorrad für Botenfahrten. (1) (3)

_©Sani Ahmad Usman/ Wikimedia Commons
Die Menschen um den Tschadsee sind auf das Wasser angewiesen ©Sani Ahmad Usman/ Wikimedia Commons

In vielen Gegenden der Region können die Regierungen ihr Gewaltmonopol nicht ausüben. Und dort, wo der Staat sich durchzusetzen versucht, nimmt er teilweise wenig Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. So blockieren Soldaten im Kampf gegen Terroristen Versorgungsrouten und schränken damit Handel und Mobilität ein. Der Zugang der lokalen Bevölkerung zu und die Kontrolle über lebenswichtige Ressourcen wird massiv beeinträchtigt, was den bestehenden wirtschaftlichen Druck in den Konfliktgebieten noch erhöht. Die daraus resultierenden Störungen der Fischerei, der kleinen Landwirtschaft, der Weidewirtschaft und des Handels verschärften den Wettbewerb um die lokalen Ressourcen und belasteten die sozialen Beziehungen zwischen den Gemeinschaften erheblich, was zuweilen das Risiko gewaltsamer Konflikte zwischen den Gemeinschaften erhöht. (4)

So entwickelt sich ein Teufelskreis: Um mit der Klimakrise leben zu können brauchen die Menschen mehr Bewegungsfreiheit, diese Bewegungsfreiheit wird im Kampf gegen Boko Haram stark eingeschränkt. Konflikte um Land und Ressourcen nehmen zu. In ihrer Not schließen sich manche den islamistischen oder kriminellen Banden an und der Aufstieg terroristischer Gruppen wird befördert. An Umweltschutz ist in dieser Unsicherheit gar nicht erst zu denken. (1) (3)

Was also tun?

Um diesen negativen Wirkungskreis zu durchbrechen, müssen bei der Konfliktverhütung Umwelt und Klima mitgedacht werden. Eine ganzheitliche Herangehensweise, in der alle Maßnahmen der humanitären Hilfe, Friedensförderung und Entwicklungszusammenarbeit die Folgen der Klimakrise gezielt miteinbeziehen, kann eine wesentliche Grundlage für mehr Stabilität und nachhaltige Entwicklung in den von Konflikten betroffenen Regionen sein. (5) Wenn die Klimaeffekte weiter zunehmen und kein ganzheitlicher Ansatz in diesen Bereichen geschaffen wird, wird das Phänomen der Klimaflucht weltweit zu spüren sein. Und dann wird das Problem in den Ländern um den Tschadsee auch ein europäisches Problem. (4) (5)

„Menschliche Sicherheit ist mehr als Militär. Die größte Gefahr ist die Klimakrise für dieses und das nächste Jahrhundert.“

Annalena Baerbock, dt. Außenministerin/ Die Grünen (6)

Quellen

(1) Deutsche Welle: Tschadsee – Wie der Klimawandel den Terror befördert (Dezember 2015)
(2) Zeitschrift Vereinte Nationen: Klimawandel als Konflikttreiber in Nigeria (Oktober 2021)
(3) Tagesspiegel: 500 Dollar und eine Kalaschnikow – Wie Terroristen vom Klimawandel profitieren (Juni 2021)
(4) Climate Diplomacy: Climate and Fragility Risks – Lake Chad Region
(5) Naturschutz: Klimawandel erschwert den Kampf gegen Terrorismus in Afrika (Mai 2019)
(6) Tagesschau: Nato-Gipfel in Madrid (Juni 2022)

Verfasst am 15.8.2022

Stimme Indigener Völker: Hindou Oumarou Ibrahim

Hindou Oumarou Ibrahim, Angehörige der indigenen Mbororo-Gemeinschaft aus dem Tschad, setzt sich für eine stärkere Einbeziehung des Wissens und der Traditionen indigener Völker in den globalen Bestrebungen der Bekämpfung der Klimakrise ein. Sie kombiniert westliche Technologien mit dem Wissen ihrer Vorfahren für einen nachhaltigen Lösungsansatz.

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Stimme Indigener Völker: Hindou Oumarou Ibrahim

In vielen Regionen Europas wurden in diesem Sommer Rekordtemperaturen von über 40 Grad erreicht. Diese Wetteranomalie hielt meistens nur ein paar Tage an. Im zentralafrikanischen Tschad, wo die Durchschnittstemperaturen anderthalbmal schneller steigen als im Rest der Welt, sind hingegen Temperaturen von 45 bis 50 Grad grausame und regelmäßige Realität. Die Wüste der Sahara breitet sich unaufhaltsam aus, große Binnengewässer schrumpfen und die ohnehin schon extremen Lebensbedingungen der Bevölkerung werden zusätzlich erschwert. Die Temperaturen sind eine tödliche Gefahr für Kinder, alte Menschen und Schwangere. Dürren halten länger an und gewaltsame Konflikte entstehen um das wenige verbliebene fruchtbare Land. (1) 

Vor allem indigene Völker stellen aufgrund ihrer Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen die ersten Opfer der unmittelbaren Folgen der Erderhitzung dar. Indigene Völker und lokale Gemeinschaften bewirtschaften etwa 40 Prozent der noch intakten Landschaften der Erde. Ihre Fähigkeit, diese Landschaften zu schützen, ist untrennbar mit der Fähigkeit des Rests der globalen Gemeinschaft verbunden, die gemeinsamen Ziele in den Bereichen Klima und nachhaltige Entwicklung zu erreichen. (7) 

“Unsere indigene Lebensweise, unsere Kultur, unsere Identität sind vom Ökosystem abhängig. Das macht uns verwundbar.”

Hindou Oumarou Ibrahim (4) 

Mit westlichen Technologien und Indigenem Wissen gegen die Klimakrise  

Hindou Oumarou Ibrahim, Angehörige der nomadischen Gemeinschaft Mbororo im Tschad, findet Lösungen für die Krise in ihrer Heimat, indem sie traditionelles Wissen ihrer Vorfahren mit modernen Technologien in Verbindung bringt. (6)  Eines ihrer ersten Projekte war die Zusammenarbeit mit Meteorologen, um lokale, zeitnahe Vorhersagen zu erstellen, die ihre Gemeinde angesichts des Wetters, das durch die Klimakrise unberechenbarer wird, nutzen konnte. Daraus entstand ein SMS-basiertes Warnsystem, das sowohl die Stadtbewohner*innen als auch die Hirt*innen über schlechte Wetterbedingungen informiert. (4) 

Schlichterin von Konflikten 

Eines der hartnäckigsten Probleme der Sahelzone sind die Konflikte zwischen sesshaften, in der Landwirtschaft tätige Menschen und Nomad*innen um die rapide schwindenden Wasserressourcen. Der Tschadsee war einst einer der größten Seen in Afrika. In wenigen Jahrzehnten ist er jedoch auf ein Zehntel seiner ursprünglichen Größe geschrumpft, was sich massiv auf das Leben von Fischer*innen, in der Landwirtschaft tätigen Menschen und Viehhirt*innen auswirkt. Bei einem Workshop für gleichgesinnte indigene Führungspersonen im Jahr 2010 lernte Ibrahim die partizipative Kartierung kennen, ein System, bei dem Gemeinschaften lokales Wissen und Geschichte mit den Werkzeugen der modernen Kartografie kombinieren, um die Bedürfnisse einer Region besser zu verstehen. (4)  

Beginnend in ihrer Gemeinde ließ sie Mitglieder auf Karten Höhenzüge, Flüsse und Viehkorridore dokumentieren. Frauen* vermerkten Quellen, an denen sie Wasser holten und Orte, wo sie Pflanzen für Medizin fanden. Dann wandte sie sich an Fischer, die Zugang zum Ufer benötigten sowie schließlich an Landwirt*innen, die Anbauflächen skizzierten. 3D-Landschaftsmodelle entstanden, die später digitalisiert wurden. Mit diesem Modell der verschiedenen Bedürfnisse ausgestattet, konnte sie jeder Gemeinschaft helfen, Kompromisse zu finden, die den Zugang zu Wasser ermöglichten und gleichzeitig Konflikte milderten. (4) (6)  

Zusätzlich diene die Karte aber auch als datierte Bestandsaufnahme natürlicher Ressourcen, mit dessen Hilfe künftige Veränderungen im Falle von Dürre und Überschwemmungen vorhergesagt werden können, die mit der Klimakrise immer wahrscheinlicher werden. Denn ein großer Teil der Widerstandsfähigkeit indigener Völker beruhe auf dem Wissen, was einen erwartet und der Vorbereitung darauf, so Ibrahim. (4)  

Indigene Gemeinschaften gehören zu denjenigen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, aber sie können auch Lösungen anbieten. Das traditionelle, jahrhundertealte Wissen der indigenen Völker kann der Welt helfen, sich anzupassen.

Hindou Oumarou Ibrahim (2) 

Internationales Wirken  

Neben der Anpassung indigener Gemeinschaften an die Klimakrise ist Ibrahim auch gleichzeitig Expertin für das Thema Frauen und Klimakrise in Afrika. Auf internationaler Ebene repräsentiert sie bei UN-Klimaverhandlungen die Initiative indigener Völker und ist Koordinatorin der Organisation Indigenous Women and Peoples Association of Chad (AFPAT), die sich für die Belange indigener Frauen* einsetzt. (3) 

Für ihren Einsatz hat Ibrahim bereits einige internationale Preise und Ehrungen erhalten. So wurde sie 2019 mit dem Pritzker Emerging Environmental Genius Award ausgezeichnet, einem Umweltpreis, mit dem Menschen unter 40 geehrt werden, die sich in außergewöhnlicher Weise für die Umwelt einsetzen. Im gleichen Jahr wurde sie zudem vom Time Magazine als eine von 15 Frauen* aufgeführt, die sich im Kampf gegen die Klimakrise engagieren. (5) 

Quellen

(1) Frankfurter Rundschau: Meine Gemeinschaft verschwindet (September 2019)
(2) Time: Meet 15 Women Leading the Fight Against Climate Change (September 2019)
(3) Oxfam: Aus dem Leben wird Überleben – Klimazeugen berichten  
(4) Time: An Advocate for Indigenous People Works to Unite Science and Local Knowledge (Oktober 2021) 
(5) Global Landscapes Forum: What are the main outcomes from UNCCD COP15?  
(6) Tagesspiegel: 500 Dollar und eine Kalaschnikow – Wie Terroristen vom Klimawandel profitieren (Juni 2021)
(7) Daijiworld: Public consultation to shape future carbon market (Juli 2022)   

Ghana: Schutz vor Kinderhandel sowie Früh- und Zwangsheirat

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. fördert in der nördlichen Region Ghanas den Schutz vor Kinderhandel und Früh- bzw. Zwangsheirat, indem sie die lokale Bevölkerung und politische Akteure für Kinderrechte sensibilisiert.

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Ghana: Schutz vor Kinderhandel sowie Früh- und Zwangsheirat

In der Nordregion Ghanas leben fast 90% der Bevölkerung in ländlichen Gebieten. Verbreitete Armut, ein geringer Bildungsstand und wenig Aufklärung über die Gefahren für Kinder führen dazu, dass schädliche Praktiken, wie Kinderhandel (derzeit die drittgrößte kriminelle Aktivität weltweit) und Frühheirat, weit verbreitet sind. In der Projektregion wird jedes vierte Mädchen vor seinem 18. Geburtstag verheiratet. Damit verbunden sind sexuelle Ausbeutung, Frühschwangerschaften sowie häufige Schulabbrüche unter Mädchen – mit weitreichenden Folgen! Weniger als ein Drittel der Bevölkerung ist alphabetisiert und lediglich 37% davon sind Frauen. Trotz nationaler Gesetze, die Früh- und Zwangsheirat verbieten, werden in der Praxis oft weder Alter noch Zustimmung des betroffenen Mädchens berücksichtigt, dem dadurch die Chance auf (Aus-)Bildung und eine selbstbestimmte Zukunft genommen wird.

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. setzt sich in der nördlichen Region Ghanas für die Förderung des Schutzes vor Kinderhandel und Früh- bzw. Zwangsheirat ein, indem sie das Bewusstsein für die Rechte von Kindern in den Projektdistrikten bei den für Kindesschutz verantwortlichen Akteuren von Staat und Zivilgesellschaft, Eltern sowie den Kindern selbst stärkt. 

Zur Umsetzung dieses Zieles wurde ein lokales Gemeinschaftsradio gegründet, das seit Ende April 2022 täglich auf Sendung ist. Die Radiosendungen teilen neben lokalen Nachrichten auch Beiträge zu Menschen- und Kinderrechtsthematiken. Diese werden in Englisch und den Lokalsprachen ausgestrahlt.

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

Verfasst am 2.8.2022

Benin: Null Toleranz für sexuelle Gewalt!

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. fördert in Benin den effektiven Schutz von Schüler*innen vor sexueller Gewalt über die landesweite Einführung eines Verhaltenskodex' an allen Grund- und Sekundarschulen.

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Benin: Null Toleranz für sexuelle Gewalt!

In Benin halten sexuelle Gewalt, Frühverheiratung und Frühschwangerschaften noch immer viele Kinder, insbesondere Mädchen, vom Schulbesuch ab und haben seit der Corona-Pandemie sogar noch einmal stark zugenommen. Schulen benötigen eine enge Begleitung für die Einführung und effektive Anwendung eines Verhaltenskodex und auch die Eltern und Gemeinden müssen verstärkt in den Kinderschutz mit einbezogen werden.

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. fördert im Rahmen eines neuen Projekts den effektiven Schutz von Schüler*innen vor sexueller Gewalt über die Einführung eines landesweiten Verhaltenskodex‘ an allen Grund- und Sekundarschulen in Benin. Staatliche Akteure werden hierfür auf nationaler und lokaler Ebene mehr in die Verantwortung genommen. Die Begleitung der Schulen, Gemeinden und Akteure erfolgt in Kooperation mit anderen Organisationen der Allianz „Null Toleranz für sexuelle Gewalt“.

In diesem Zusammenhang wurden jugendliche Multiplikator*innen zu den Inhalten des Kodexes sowie Schutz- und Beschwerdemechanismen fortgebildet. Sie sollen diese in regelmäßigen Veranstaltungen an ihre Mitschüler*innen weitergeben und in ihrer Schule auf die Einhaltung des Kodexes achten.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.

Verfasst am 2.8.2022

Benin: Familienmediationen auf lokaler Ebene zur Förderung der elterlichen Verantwortung

Das elterliche Verantwortungsbewusstsein für Kinder und ihre Rechte ist im Projektgebiet gestiegen, die Gleichstellung der Frau (z. B. in Sorgerechtsfragen) bleibt aber problematisch.

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Benin: Familienmediationen auf lokaler Ebene zur Förderung der elterlichen Verantwortung

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e. V. hat gemeinsam mit ihrem Partner ESGB vor Ort in Benin eine Langzeitstudie in den Départements Ouémé und Plateau durchgeführt. Über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren wurden Eltern zu ihrer Auffassung von Verantwortungsbewusstsein für Kinder und ihre Rechte befragt.

Besonders im Plateau zeigte sich eine Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung hinsichtlich der Rechte der Kinder und der Verantwortlichkeiten der Eltern: Während 2019 noch 85% der befragten Eltern fanden, dass Gewalt in der Erziehung gerechtfertigt sei, konnten dies 2022 nur noch 9% bestätigen. Auch in Bezug auf das Empfinden der Minderjährigkeit lassen sich große Unterschiede feststellen: Nachdem in der ersten Umfrage 45% der Eltern des Plateau Kinder bis zum Alter von 18 Jahren als minderjährig bezeichneten, wuchs der Anteil in der neuesten Befragung auf 93%.

Die Umfrage bestätigt, dass in beiden Départements das Wissen um die Rechte der Kinder und die Pflichten der Eltern gestiegen ist. Allerdings muss die Sensibilisierungsarbeit zum Thema elterliche Mitverantwortung fortgeführt werden, da die Gleichstellung der Frau problematisch bleibt. In der Praxis ist zu beobachten, dass Mütter sowohl in der Erziehung ihrer Kinder, in der Hausarbeit als auch finanziell noch immer den größten Anteil stemmen. Ziel ist es, die Familienväter in diesem Bereich zu sensibilisieren, damit diese eine größere Mitverantwortung tragen. Es soll auch das Bewusstsein entstehen, dass die Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft zu einer besseren Fürsorge der Kinder führt.

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

Quelle: Kinderrechte Afrika e. V:

Verfasst am 28. Juli 2022