Vanessa Nakate Die 25-jährige Vanessa Nakate ist eine ugandische Klimaschutzaktivistin aus Kampala, der Hauptstadt des ostafrikanischen Landes. Woche für Woche begab sie sich mit Plakaten an verkehrsträchtige Kreuzungen und vor das ugandische Parlamentsgebäude, um zu protestieren. „Green love Green“, „Beat Plastic“, „Thanks for the global warming“, „Climate Strike Now“ und viele weitere Appelle sollen die Regierung und die Menschen auf die Klimakrise aufmerksam machen. Doch lange Zeit stand sie allein da. Blicke des Hohns, der Verwunderung und Verurteilung trafen sie. Klimaschutz darf kein Verbrechen sein Demonstrationen gegen politische Entscheidungen des Präsidenten werden normalerweise von der Polizei aufgelöst und die Verantwortlichen festgenommen. Nakates Wille und das Wissen, etwas verändern zu müssen, war größer als die Angst vor den absolut unverhältnismäßigen Repressionen. Doch Vanessa Nakate wurde ignoriert, ihr Engagement belächelt, trotz der spürbaren, dramatischen Klimaveränderungen in Uganda. Zerstörerische Hitzewellen trocknen Felder, Seen und Brunnen aus. Die Grundwasserreserven sind ausgeschöpft, Bäuer*innen und Farmer*innen können ihre Äcker nicht mehr regelmäßig bestellen. Der Waldbestand in Uganda ist aufgrund der Abholzung weiter Landstriche geringer denn je. Der Grüne Gürtel Afrikas, das sogenannte Kongo-Becken, zu dem auch Uganda gehört, wird immer enger und dem Tropenland droht der Kahlschlag. Die so wichtigen Baumriesen werden gefällt und getötet - für Monokulturen und Braunkohlebergwerke, die ein Weiter so des Raubbaus an Menschen und Natur und letztendlich die Zerstörung aller Lebensgrundlagen darstellen. Bäume, die gefällt werden, geben das in ihnen gespeicherte CO2 wieder an die Atmosphäre ab, wenn sie verbrannt werden - mit unkalkulierbaren Folgen für die Klimakrise. Grüner Rassismus Nakate prangert zu Recht an, dass die Klimabewegung ein Rassismusproblem hat. Dass die Klimakrise an sich rassistisch ist, weil deren Herd neokoloniale Strukturen sind. Fakt ist auch: Afrika trägt weniger als vier Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei, leidet jedoch schon am längsten und meisten unter den Folgen. Unter den zehn größten weltweiten CO2-Emittenten steht Deutschland an sechster Stelle. Afrika ist dort gar nicht zu finden. Dabei sind hier noch nicht einmal die sogenannten historischen Emissionen – also die bisher in die Atmosphäre ausgestoßenen Treibhausgase der Industrieländer mitberücksichtigt. Obwohol Nakate den afrikanischen Kontinent bei Weltklimagipfeln repräsentiert, zu Regierungen des Globalen Nordens spricht, globale Demonstrationen organisisert, wurde sie im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos von der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) aus einem Pressefototo mit ansonsten weißen Klimaaktivistinnen wie Greta Thunberg oder Luisa Neubauer herausgeschnitten. "Mikroagression nennt man so einen diskriminierenden Akt, der nicht böse gemeint sein muss, aber strukturell marginalisierte Personen weiter marginalisiert.” In dem “Entschuldigungstweet" von AP nannte diese noch nicht einmal Nakates Namen. Ein Sichtbarmachen der am stärksten Betroffenen und Respekt sieht anders aus. Kein Einzelfall Dass dies kein Einzelfall war, zeigt der rassistische Fall von der aus Bangladesch stammenden Ökonomin, Wissenschaftlerin, Klimagerechtigkeits- und Postwachstumsaktivistin Tonny Nowshin. Auch sie wurde unsichtbar gemacht – diesmal geschah es sogar von Menschen, die sie im Kampf gegen die Klimakrise als ihre Kolleg*innen und Verbündete wahrgenommen hatte. “Alle, die dabei waren, waren abgebildet. Nur ich nicht. In einer Szene hatte ich sogar direkt neben Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer gestanden – aber das Foto hörte neben ihr auf. Ich war lediglich getaggt.” “Es ist nicht so, dass die Klimabewegung nicht um ihre Probleme weiß oder ungebildet ist. In der Bewegung gibt es vielmehr einen Status quo, dem ich mich anpassen soll. Ich werde in der Klima-Szene geduldet, solange ich sie mir nicht so zu eigen mache wie die weißen Aktivist*innen. Als BIPoC – also Schwarze, Indigene und People of Color – sind wir nur willkommen, wenn wir die Vorzeige-Betroffenen spielen." Weiter sagt Nowshin: “Wie viele wissen, dass Vanessa Nakate monatelang allein vor Ugandas Parlament gestreikt hat? Wie viele wissen, dass sie zwei Jugendbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent gegründet hat?” Unser Haus steht längst in Flammen Ihre Erfahrungen, ihren Weg, Ängste und Motivationen - alles, was Nakate zu dem bewegt, was sie heute ist und tut, schrieb sie in ihrem Buch „Unser Haus steht längst in Flammen“ nieder. Sie spricht von Ernten, die immer kleiner ausfallen. Von Armut und Hunger, die immer größer werden. Von ihren Gefühlen und wie sich ihr persönlicher Kampf gegen die Klimakrise von dem privilegierten Kampf europäischer Klimaaktivist*innen unterscheidet. Quellen: Klimareporter/ Schwarz, S. "Unsichtbar" vom 01.02.2020 Die Presse/ "Klimaaktivistin Vanessa Nakate - Mehr Sichtbarkeit für den globalen Süden" vom 11.11.2021 The Observer, Kisakye, F. / "22-year-old Nakate takes on lone climate fight" vom 30.05.2019 Perlentaucher/ "Unser Haus steht längst in Flammen" Tagesspiegel/ "Bald kein Wald mehr in Uganda" vom 04.06.2015 Verfasst am 01.03.2022