Nach dem Gipfeltreffen zur Flüchtlingskrise am vergangenen Montag in Rom, auf dem Regierungsvertreter aus europäischen und nordafrikanischen Ländern zusammentrafen, gerät die weiter zunehmende Zahl von Menschen, die aus afrikanischen Ländern in Europa Zuflucht suchen, erneut in den Blick der politischen Debatte. Der Äthiopier und langjährige Afrika-Berater deutscher Unternehmen Asfa-Wossen Asserate, fordert in seinem kürzlich erschienen Buch "Die neue Völkerwanderung" eine neue europäische Afrikapolitik. Seine zentrale These - "Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten" - zielt nicht etwa auf den ewigen Ruf nach weißen Helfern, sondern auf einen handfesten politischen Kurswechsel. Fluchtursache: ungleiche Handelsbedingungen Die Ursachen für Flucht liegen nach Ansicht von Asserate vor allem an ungleichen Handelsbedingungen. Durch westliche Handelsbarrieren und erzwungenen Freihandel verliere Afrika jährlich das Doppelte dessen, was es an Entwicklungshilfe erhält. Der Autor kritisiert diese in seinen Augen "skandalöse Landwirtschafts- und Handelspolitik" Europas energisch. Afrikas Bauern und Firmen kämen gegen die teils subventionierte EU-Konkurrenz nicht an. Statt afrikanische Unternehmen zu unterstützen stärkten Entwicklungspolitiker zu oft die heimische Wirtschaft. Freihandelsabkommen, wie zum Beispiel das im vergangenen Jahr ratifizierte EPA (Economic Partnership Agreement) mit Westafrika seien so gerecht wie "ein Fußballspiel zwischen Real Madrid und der Schulmannschaft von Bole Bamboi". Sie verstärkten die dramatische Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit junger Menschen in vielen Ländern. Sein bitteres Fazit zur Afrika-Politik Europas: Statt der Fluchtursachen bekämpfe Europa nur die Flüchtlinge selbst. Zu weiche Politik gegenüber Afrikas Gewalt-Regimen Ein weiteres Problem sei eine zu weiche Politik Europas gegenüber Afrikas Gewalt-Regimen. Die größten Exporteure von Migranten auf dieser Welt seien afrikanische Gewaltherrscher und Diktatoren, die ihrem Volk ein menschenwürdiges Dasein in ihren Ländern verwehren. "Die Europäer müssen nun verstehen, dass sie "Nein" sagen müssen gegenüber den Regimen, die ihrem eigenen Volk keine Zukunft geben." Europa, so Asserate, muss Afrika als Partner behandeln und gezielt diejenigen Staaten unterstützen, die demokratische Strukturen aufbauen und in ihre Jugend investieren. Nur so kann es gelingen, den fluchtbereiten Afrikanern eine menschenwürdige Zukunft auf ihrem Kontinent zu ermöglichen. Die Forderungen Asserates sind zwar nicht neu, in seinem Buch werden sie aber mit sehr viel Hintergrundwissen angereichert, was den Lesern einen echten Mehrwert bietet. Unser Lesetipp für alle, die Fluchtursachen wirklich verstehen wollen und nach nachhaltigen Lösungen für die zunehmenden Fluchtbewegungen suchen. Foto: Asfa-Wossen Asserate, Sven Teschke, CC BY-SA 3.0 DE