Mehr als eine Kunstform: Musik als Sprachrohr für politischen Aktivismus 

Viele afrikanische Musiker*innen nutzen die Macht der Musik für sich, um Menschen zu inspirieren und politische Botschaften zu vermitteln.

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Mehr als eine Kunstform: Musik als Sprachrohr für politischen Aktivismus 

“When someone sings, truth speak directly to your heart” – Angelique Kidjo (1)

Musik bewegt. Sie kann Emotionen auslösen, Energie wecken, motivieren und Menschen zusammenbringen. Als eine Form der Kommunikation hat Musik damit eine unglaubliche Macht. Dieses machtvolle Werkzeug wissen viele Musiker*innen für sich zu nutzen, um Menschen zu inspirieren und politische Botschaften zu vermitteln (2).  

So sind unter anderem mehrere afrikanische Künstler*innen dafür bekannt, dass sie ihre Plattform nutzen, um Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken (3). In ihren Liedern nehmen sie die Zuhörenden mit auf eine Bildungsreise, die zum Beispiel auf soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam macht, von denen die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent im Laufe der Jahre betroffen waren und bis heute sind. Ob es um den Wunsch nach Frieden, die Beendigung von Konflikten oder das Eintreten für die Rechte von Frauen geht – sie machen auf Probleme und Ungerechtigkeiten aufmerksam, die beseitigt werden müssen (4). Eine kleine Auswahl von ihnen wollen wir Euch hier vorstellen.  

Y‘en a marre  

Y’en a marre – was so viel heißt wie „Ich hab’s satt“ – ist eine Gruppe senegalesischer Rapper, Jorunalist*innen und Aktivist*innen, die seit ihrer Gründung 2011 eine wichtige gesellschaftliche Rolle in Senegal spielt. Die Gruppe spricht verschiedene vor allem politische Themen an, die das Land betreffen. So wandte sich die Bewegung zum Beispiel entschieden gegen die dritte Amtszeit des damals amtierenden Präsidenten Abdoulaye Wade und spielte eine entscheidende politische Rolle bei der Wahl vom bis heute amtierenden Präsidenten Macky Sall im März 2012. Das lag mitunter auch daran, dass die Gruppe und ihre Mitglieder zusätzlich zu ihrer Musik von Tür zu Tür gingen, um junge Senegales*innen für die Wahl zu registrieren (5). Das allgemeine Ziel der Gruppe: Der senegalesischen Jugend eine neue Art des (politischen) Denkens und Handelns nahebringen.  

Auch nach der Wahl blieb Y‘en a marre weiterhin aktiv, veranstaltet Versammlungen und Shows und fordert die neue Regierung auf, versprochene Wahlversprechen einzuhalten. Mit der Infragestellung der sozio-politischen Ordnung steht Y‘en a marre in einer langen Tradition der Mobilisierung der Bürger*innen und der politischen Beteiligung junger Menschen im Senegal (4).  

PilAto – „The Voice of the Voiceless 

Der sambische Hip-Hop-Musiker, Poet, Menschenrechtsaktivist und politische Kommentator Fumba Chama, bekannt unter seinem Künstlernamen „PilAto“, ist in seinem Heimatland und über die Landesgrenzen hinaus für seinen beharrlichen gesellschaftlichen und politischen Einsatz bekannt und gilt als Idol der sambischen Jugend. In seiner Musik und seinen Auftritten spricht er kontroverse Themen an, prangert Machtmissbrauch, Korruption, soziale Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel an, und das obwohl die Meinungsfreiheit in Sambia eingeschränkt ist. Aus diesem Grund ist der Künstler schon mehrmals festgenommen worden (6).

Als im August 2021 in Sambia Präsidentschaftswahlen stattfanden, setzte sich der Musiker im Vorfeld – teilweise aus dem Untergrund agierend – zusammen mit anderen Zivilorganisationen für die Mobilisierung der jungen Wählerschaft ein und propagierte offen einen politischen Wandel, mit Erfolg. Die Wahlbeteiligung war unvorhersehbar hoch und mithilfe der mobilisierten Jugend wurde friedlich ein neuer Präsident gewählt. Auch nach dem Regierungswechsel setzt er sich weiterhin dafür ein, das politische Bewusstsein der Bevölkerung zu schärfen und für eine aktive politische Teilhabe zu motivieren (7). 

Angelique Kidjo – „Instead of screaming my rage I would sing it 

Ich habe immer versucht, meine Stimme zu benutzen – singend und sprechend – um gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu kämpfen.“ (8)  

Schon zu Anfang ihrer Karriere war die Musikerin Angelique Kidjo politik-kritisch aktiv. Nachdem sie sich weigerte, für das repressive Regime ihres Landes Benin aufzutreten, das in der Zeit der kommunistischen Diktatur von 1972 bis 1991 nur die engste Art von Kunst in Form von Propaganda zuließ, floh Kidjo in den 1980er Jahren aus ihrem Heimatland nach Frankreich. Seither setzt sich die Grammypreisträgerin und laut Forbes Magazin eine der 50 einflussreichsten Frauen Afrikas mit ihrer Musik unter anderem mit Themen der politischen Unterdrückung und staatlichen Gewalt auseinander (9) und setzt sich neben der Meinungsfreiheit vor allem auch für Geschlechtergerechtigkeit ein (8).

Mit jungen afrikanischen Künstler*innen zusammenarbeitend, zelebriert sie in ihren Liedern heute nicht nur die kulturelle Kraft und den Eifer des afrikanischen Kontinents, sondern behandelt auch sozio- und politikkritisch Themen wie die Klimakrise oder Polizeigewalt (9). Einer dieser Künstler*innen ist der nigerianische Musiker Burna Boy. In unserem Innovationskoffer für die Sekundarstufen stellen wir Arbeitsblätter für den Unterricht zum Album “African Giant” von ihm zur Verfügung. Mehr Infos dazu hier.  

Quellen

  1. New York Times: Songs of Freedom (November 2012)
  2. Global Citizen: 7 African Musicians Whose Music Stands Up Against Injustice & Inequality (Februar 2021)  
  3. Africa News: Music as a tool for activism (Oktober 2017)
  4. EduBirdie: Tactics Of Activism Used By The Selected African Musicians In Tackling Global Injustice (März 2022 ) 
  5. Jeune Afrique: Sénégal : Wade et le péril jeune (August 2011)
  6. Amnesty International Deutschland: AKTIVIST GEGEN KAUTION FREI (Letzter Zugriff am 24. Juli 2023)  
  7. Daily Maverick: People’s power triumphed in Zambia: ‘Can you breathe now?’ (September 2021)  
  8. Amnesty International: Musician Angélique Kidjo and African youth activists honoured with Amnesty International award (Mai 2016)
  9. The Guardian: Interview – ‘Africa has so much talent – we can’t even grasp it’: Angélique Kidjo on pop, politics and power (Juni 2021)

Verfasst am 24. Juli 2023