Öl-Pipeline durch Ostafrika – Welche Akteure sind die größten Profiteure?

In Uganda soll Öl gefördert werden mit dramatischen Auswirkungen für Menschen, Tiere, Umwelt und Klima. Wer profitiert am Ende vom Ölreichtum?

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Öl-Pipeline durch Ostafrika – Welche Akteure sind die größten Profiteure?

Vor 16 Jahren, im Jahr 2006, wurde am Lake Albert im Westen Ugandas eines der größten Öl-Vorkommen in Subsahara-Afrika entdeckt. Mehr als 15 Jahre später läuft ein Großprojekt, um dieses Öl weltweit zu verkaufen: Die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) soll über eine Distanz von 1.443 Kilometer täglich 216.000 Barrel aus den Ölfeldern Tilenga und Kingfisher in Uganda zum Exporthafen Tanga in Tansania transportieren. Im Februar dieses Jahres unterzeichneten der französische Energieriese TotalEnergies und das chinesische Unternehmen China National Offshore Oil Cooperation (CNOOC) gemeinsam mit führenden Politiker*innen aus Uganda und Tansania eine endgültige Investitionsentscheidung für das Projekt. Damit ist die längste beheizte Pipeline der Welt einen weiteren Schritt auf dem Weg zu ihrer Verwirklichung vorangekommen. Der Baubeginn ist für 2023 geplant, ab 2025 soll das Öl fließen. (1) (2)

Auswirkungen für Mensch, Tier und Umwelt

Doch Umwelt-, Klima- und Menschenrechtsaktivist*innen schlagen Alarm. Den Prognosen zufolge wird EACOP zum einen lebenswichtige, international anerkannte Ökosysteme in Mitleidenschaft ziehen. So wirkt sich der Bau der Pipeline auf etwa 2.000 Quadratkilometer geschützte Wildtierräume aus. Darüber hinaus werden ökologisch und biologisch bedeutsame Meeresgebiete bei der Umladung am Hafen von Tanga in Tansania gefährdet. Darüber hinaus wird ein Drittel der geplanten Pipeline durch das seismisch aktive Rift Valley und das Becken des Viktoriasees, Afrikas größten Süßwassersee, verlegt. Die Route wird außerdem zahlreiche Wasserläufe durchqueren, wobei eine kostengünstige Methode angewandt wird, die nicht den besten Praktiken der Branche entspricht und die Wahrscheinlichkeit eines Öllecks oder einer Ölpest und damit die Gefahr einer Wasserverschmutzung erhöht. Dies wird sich auf die Wasserversorgung von mehr als 40 Millionen Menschen auswirken. Neben der gefährdeten Wasserversorgung verlieren tausende Familien durch erzwungene Umsiedlung ihr Land, die physische und wirtschaftliche Vertreibung weiterer zehntausender Menschen wird erwartet. Entschädigt werden nur wenige von ihnen. Auch indigene Völker sind davon betroffen. (2)

EACOP-Öl-Pipeline durch Uganda und Tansania ©Wikimedia Commons

Wie neun Kohlekraftwerke…

Bei maximaler Produktion wird die Pipeline jährlich Kohlenstoffdioxidemissionen verursachen, die in etwa der CO2-Bilanz von neun Kohlekraftwerken entsprechen, bzw. dem Siebenfachen der derzeitigen Emissionen Ugandas. Die Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette, die den Bau, den Betrieb, die Raffination und die Produktnutzung während der 25-jährigen Lebensdauer des Projekts umfasst, werden auf 378 Millionen Tonnen CO2 geschätzt. Damit ist der Bau von EACOP unvereinbar mit der 1,5°C-Grenze, die im Pariser Klimaschutzabkommen festgelegt wurde. (2)

Wer profitiert?

Bei all den negativen Folgen des Projekts stellt sich die Frage, warum weiterhin, vor allem von ugandischer Seite, am Bau der Pipeline festgehalten wird. Die Antwort scheint zunächst schlüssig: Der Ölreichtum soll v.a. Uganda aus der Armut helfen und wirtschaftliche Unabhängigkeit schaffen. Total und CNOCCC gehen davon aus, dass das Ölprojekt 150.000 neue Arbeitsplätze schaffen wird – 15.000 davon sind “direkte Arbeitsplätze”, 35.000 “indirekte Arbeitsplätze” außerhalb der Ölfelder und der Pipeline und 100.000 sogenannte “induzierte Arbeitsplätze” – Arbeitsplätze, die entstehen, wenn der Ölreichtum von Einzelpersonen oder der Regierung vor Ort investiert wird. So weit so gut. Doch von den versprochenen 15.000 direkten Arbeitsplätzen können den Prognosen zufolge nach Abschluss der Bauarbeiten nur 3500 bestehen bleiben. Es stellt sich die Frage, inwieweit Menschen von solchen befristeten Arbeitsplätzen wirklich profitieren. Und auch stellt sich die Frage, wie verlässlich die Prognosen sind, die darauf basieren, dass Menschen ihr Einkommen vor Ort ausgeben. Weiterhin sagen diese Zahlen nichts über die Nationalität der künftigen Mitarbeitenden aus. In Prognosen von Total und CNOOC heißt es, etwa 57 Prozent der direkten Arbeitsplätze gingen an ugandische Menschen – also gerade einmal etwas mehr als die Hälfte. (3) Vom Ölreichtum kommt bei den Einheimischen also nicht viel an. Wo aber dann?

Internationale Akteure sind die größten Profiteure

Die beiden Investoren, Total und CNOOC, sind an der Börse registriert. Das bedeutet, dass die Aktionäre an den Gewinnen des Projekts verdienen. Die größte bekannte Aktionärsgruppe von Total sind Mitarbeitende über sog. Beteiligungsprogramme. Und bei CNOOC ist es die Volksrepublik, die an Projektgewinnen verdient, denn 64,4 Prozent des Unternehmens sind im Besitz des chinesischen Staates. Darüber hinaus sind an beiden Unternehmen große Vermögensverwaltungsgesellschaften beteiligt. Die Kund*innen dieser leben auf der ganzen Welt. 2012 verhandelte Uganda mit den beteiligten Firmen, dass bei Ölprojekten, die mehr als 350 Millionen Barrel im Land fördern, der Staat mit 15 Prozent beteiligt ist – Ugandas Bürger*innen bekommen damit also genau den Mindestanteil, obwohl sie es sind, die die Umweltrisiken und Menschenrechtsverletzungen am Ende tragen. (3)

Kampagnen gegen die Pipeline

Die internationale Kampagne #StopEACOP gegen das Projekt, die sich gezielt an Banken und Versicherungen wendet, um sie davon zu überzeugen, das Projekt nicht zu finanzieren hat bereits dafür gesorgt, dass der Finanzierungsprozess langsam und komplex verlaufen ist. Von der Gruppe der 35 wichtigsten Finanziers von Total haben 20 – darunter zuletzt die Deutsche Bank – die Finanzierung der Pipeline ausgeschlossen. Expert*innen sind jedoch der Meinung, dass einige der Kreditgeber wieder einsteigen könnten, wenn Total auf dem Weg zu einem kohlenstoffarmen Übergang ist. Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass sich große Versicherungsunternehmen an EACOP beteiligen, bei denen die Aktivist*innen nun die gleiche Strategie anwenden, wie bei den Banken. Trotz der Undurchsichtigkeit der Finanzwelt bleiben viele Aktivist*innen optimistisch, dass sie das Megaprojekt noch stoppen könnten. Gleichzeitig scheinen aber die beiden Ölgiganten ebenso zuversichtlich und entschlossen zu sein, enorme Gewinne aus dem Projekt zu ziehen. (4) (5)

Quellen

(1) Center for International Environmental Law: Japanese Bank Financing of the East African Crude Oil Pipeline (EACOP) (Juni 2022)

(2) Julian Hilgers – 55 Countries der Afrika Podcast: #14 EACOP: Warum will Uganda Öl fördern? (Juni 2022)

(3) Tagesspiegel: EACOP-Pipeline durch Ostafrika – Wer profitiert vom neuen Öl? (Juni 2022)

(4) African Arguments: The bold campaign to defund the East African Crude Oil Pipeline (Juni 2022)

(5) The East African: Eacop’s $5b financing headache as environment activists pile pressure (Mai 2022)

Verfasst am 6. Juli 2022