Venro Stellungnahme – Maßnahmen für mehr europäische Verantwortung in der Migrationspolitik mit Afrika

Probleme der aktuellen europäischen Migrationspolitik mit Afrika und sechs Forderungen an die Bundesregierung.

Die qualitative Verbesserung der Zusammenarbeit in den Bereichen Migration und Mobilität stellt eines der im Rahmen des EU-AU-Gipfels im Februar 2022 festgelegten Ziele dar. Im Zentrum einer verbesserten Migrationssteuerung sollen die Verhinderung irregulärer Migration, Investitionen in die Grenzverwaltung und eine gezielte Unterstützung für die Rückkehr und Reintegration in die Herkunftsländer stehen.

Auch europäisch sicherheitspolitische Interessen stehen also weiterhin im Zentrum. Wichtige entwicklungspolitische Aspekte, wie etwa die Erweiterung legaler Fluchtwege nach Europa oder die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Schutzsuchende, bleiben unberücksichtigt.

VENRO identifiziert in seiner im März 2022 veröffentlichten Stellungnahme Probleme der aktuellen europäischen Migrationspolitik und richtet sechs Forderungen an die Bundesregierung, ihr politisches Gewicht in der EU zu nutzen, um die EU-Partnerschaft mit afrikanischen Ländern in den Bereichen Migration und Mobilität entwicklungsförderlich und menschenrechtsbasiert auszurichten:

  1. Völkerrechtliche Standards bei der europäischen „Grenzschutzagentur“ Frontex müssen eingehalten werden. Die Rechte von Schutzsuchenden müssen bewahrt werden. Niemand darf in Staaten abgeschoben werden, in denen Folter angewandt wird und schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden;
  2. EU-Entwicklungsgelder sollen nicht für das Migration- und Grenzmanagement in Europa oder für Sicherheitsmaßnahmen, Grenzkontrollen und Rücknahmeabkommen an den EU-Außengrenzen verwendet werden, sondern für entwicklungspolitische Projekte auf dem afrikanischen Kontinent;
  3. Für den europäisch-afrikanischen Austausch zu Migrations- und Entwicklungsfragen auf Ministerialebene, der seit 2018 nicht mehr regelmäßig stattfindet, muss ein neuer, ambitionierter Rahmen geschaffen werden, um den aktuellen Herausforderungen, wie z.B.  der Corona-Pandemie, zu begegnen;
  4. Der durch die Klimakrise verursachten Migration muss mehr Beachtung zukommen. Im Rahmen der für Afrika ausgerichteten Mittel müssen Projekte zum Aufbau regionaler Schutzmechanismen, Resilienzstärkung und der Austausch von Wissenstransfer und Technologie zu Klimaanpassung Vorrang haben;
  5. Die dauerhafte Umsiedlung von besonders gefährdeten und schutzbedürftigen Menschen von einem Erstaufnahmeland, in dem sie Schutz gesucht haben, in einen aufnahmebereiten Drittstaat, welcher ihnen einen Geflüchteten- oder untergeordneten Schutzstatus gewährt, muss ausgeweitet werden. Am Beispiel des Angriffskriegs in der Ukraine zeigt sich momentan, wie der Umgang mit Schutzsuchenden auch sein kann. Eine teils schnellere Klärung des Rechtsstatus, Vereinfachungen hinsichtlich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder auch die Möglichkeit individueller Unterkünfte – dies sollte im Umgang mit Schutzsuchenden aus allen Herkunftsländern die Regel sein. Den Vereinten Nationen soll dabei eine aktivere Rolle zukommen.
  6. Partizipationsformate in Form regelmäßiger runder Tische und Konsultationen mit transparenten Informationen, ausreichenden Vorbereitungszeiten und finanziellen Mitteln, in denen auch Stimmen zivilgesellschaftlicher Organisationen gleichwertig berücksichtigt werden, sollen gewährleistet werden, sodass eine Ausarbeitung zielführender Beiträge und eine echte Teilhabe möglich ist und den Herausforderungen der Migrationspolitik zwischen Afrika und Europa angemessen begegnet werden kann.

Verfasst am 05.05.2022

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