Das neue Lieferkettengesetz

Durch das Lieferkettengesetz sollen Unternehmen für Verletzungen von Menschenrechten innerhalb ihrer Lieferkette verantwortlich gemacht werden können.

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Das neue Lieferkettengesetz

Nach langem Streit über das Lieferkettengesetz konnte sich die Bundesregierung am 12. Februar 2021 auf ein Gesetz geeinigt werden. Bis jetzt sollten Unternehmen auf freiwilliger Basis dafür sorgen. Da diese Selbstregulierung allerdings kaum erfolgte und als gescheitert gilt, folgt nun eine gesetzliche Regelung.  

Betroffen sind in Deutschland ansässige Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden bzw. ab dem Jahr 2024 Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitenden. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. 

Bestandteile des Lieferkettengesetzes 

Hauptbestandteil des neuen Lieferkettengesetzes soll die Festlegung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen sein. Diese lässt sich durch die folgenden Punkte beschreiben: 

1. Pflicht zur Risikoanalyse 

Unternehmen müssen Risiken in ihrer Lieferkette ermitteln. Zu diesen Risiken gehören unter anderem Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Umweltschädigung und Einschränkung der Vereinigungsfreiheit. Die Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmenden ist bspw. notwendig für die Bildung von Gewerkschaften. Unternehmen müssen gewährleisten, dass es zu keinen Menschenrechtsverstößen bei ihren unmittelbaren Zulieferern kommt. Bei mittelbaren Zulieferern muss nur noch eine abgeschwächte Form der Risikoanalyse stattfinden. Dies betrifft beispielsweise Rohstofflieferanten. 

2. Pflicht zu Folgemaßnahmen: Neue Absprachen mit Lieferanten 

Auf die Risikoanalyse müssen laut des Gesetzentwurfs Maßnahmen des Unternehmens folgen, um den negativen Auswirkungen vorzubeugen und die bestehenden Auswirkungen zu minimieren. So müssen beispielsweise neue Absprachen mit Lieferanten getroffen werden. Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung soll nur als letzter Ausweg in Betracht gezogen werden.  

3. Berichterstattungspflicht 

Betroffene Unternehmen werden zudem verpflichtet, jährlich öffentlich einen Bericht über die Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte vorzulegen. 

4. Bemühenspflicht und Prinzip der Angemessenheit 

Sowohl bei der Pflicht zur Risikoanalyse als auch bei der Verpflichtung zur Ergreifung von Folgemaßnahmen handelt es sich um eine Bemühenspflicht und nicht um eine Erfolgspflicht. Das heißt, dass Unternehmen nicht verpflichtet werden, alle Menschenrechtsverstöße in ihrer Lieferkette zu verhindern. Sie werden zu zumutbaren und verhältnismäßigen Maßnahmen, die zur Verringerung von Menschenrechtsverstößen beitragen, verpflichtet. 

Konsequenzen 

Falls die vom Lieferkettengesetz vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten missachtet werden, müssen Unternehmen Zwangs- und Bußgelder in Höhe von bis zu 10 % ihres Umsatzes zahlen. 

Kritik 

Deutsche Unternehmen haften nach wie vor nicht für Menschenrechtsverletzungen in ihrer globalen Lieferkette. Es kann also zu Strafen wie Bußgeldern kommen, allerdings kann niemand dafür zivilrechtlich angeklagt oder eingesperrt werden. 

Viola Wohlgemuth, Expertin für Konsum und Ressourcenschutz bei Greenpeace kritisiert zudem: “Die Umwelt- und Menschenrechtsverbrechen geschehen vor allem am Anfang der globalen Lieferketten und damit in Produktionsländern außerhalb der EU”. Der Anfang der Lieferkette wird durch das Lieferkettengesetz allerdings nur bedingt abgedeckt, da deutsche Unternehmen hauptsächlich für ihren direkten Lieferanten verantwortlich sind.  

Auch die Beschränkung des Lieferkettengesetzes auf große Unternehmen wird kritisiert.  

Cornelia Heydenreich, Leiterin des Teams Unternehmensverantwortung bei Germanwatch (Teil der Inititative Lieferkettengesetz) meint: „Diese Einigung auf ein Gesetz ist ein wichtiger erster Schritt, um Menschenrechte in den Lieferketten deutscher Unternehmen zu stärken. Aber für wirkungsvollen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen ist er noch zu klein“. 

Das Sorgfaltspflichtengesetz, wie der offizielle Name lautet, könnte Vorbild der EU-Initiative für eine ähnliche Regelung sein.  

Weitere Informationen:  

o. A. /  Das neue Sorgfaltspflichtengesetz (Lieferkettengesetz) aus Noerr vom 16.02.2021 

Zacharakis, Z. / Zügel für den globalen Kapitalismus aus der Zeit vom 12.02.2021