Deutsche und europäische Investitionen in fossile Brennstoffe

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine seit Februar dieses Jahres macht die europäische Abhängigkeit von russischem Gas mehr als deutlich. Auf der Suche nach einer schnellstmöglichen Alternative wenden sich die EU-Staaten an Afrika. Doch dies ist der falsche Weg.

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Deutsche und europäische Investitionen in fossile Brennstoffe

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Draghi bemühte sich intensiv um neue Gasabkommen mit Algerien, Ägypten, Angola, der Republik Kongo und Mosambik (1). Bundeskanzler Scholz setzte sich beim EU-Gipfel im Oktober 2022 für die weltweite Erschließung neuer fossiler Gasfelder ein, nachdem er bereits im Mai angekündigt hatte, im Senegal mit finanzieller Hilfe neue Offshore-Gasfelder und LNG-Exportanlagen zu unterstützen. (2)  

Investitionen in nicht-zukunftsfähige Energiequellen 

Die Neuerschließung fossiler Gasfelder verstößt jedoch nicht nur gegen das Pariser Klimaabkommen von 2015. Estreibt Deutschland und die EU in neue fossile Abhängigkeiten und widerspricht der Erklärung des letzten Weltklimagipfels von Glasgow, dass keine neuen Öl- und Gasvorhaben mehr finanziert werden sollen. (2) Deutschland drängt die afrikanischen Länder auch dazu, ihre begrenzten finanziellen Reserven in den Aufbau einer Förder- und Exportindustrie für fossile Brennstoffe zu stecken, die ausschließlich europäischen Kund*innen zugutekommen würde. In ein paar Jahren, aller Voraussicht nach, wenn eigene europäische Investitionen in Erneuerbare Energien zu greifen beginnen, werden sie ihren Nutzen verlieren. Denn die EU erwartet bis 2030 einen Erdgas-Nachfragerückgang um 40 Prozent im Vergleich zu 2021. Und Deutschland und Italien planen zum Beispiel innerhalb der nächsten 30 Jahre ihre Emissionen auf null zu senken. Auch das neue CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) der EU, das kohlenstoffintensive Importe besteuert, wird den Übergang weiter beschleunigen und damit Länder, die noch von fossilen Brennstoffen abhängig sind, weiter benachteiligen. (1)   

Energiegerechtigkeit durch Investitionen in fossile Energie? 

Einige afrikanische Staatschefs dürften sich über die europäische Energie-Kehrtwende freuen, forderten sie doch zu Beginn des Jahres den Stopp der öffentlichen Finanzierung von Gasprojekten zu überdenken. So begründeten der nigerianische Vizepräsident Yemi Osinbajo und Senegals Präsident Macky Sall, dass nur mit Hilfe von Gas als Brückenstoff eine gerechte Wende möglich sei, die es den Ländern des Globalen Südens erlaube, sich zu industrialisieren, schnellen Zugang zu moderner Energie für die Bevölkerung und Wohlstand zu schaffen. Doch das extraktive Exportmodell, das zurzeit durch die EU befördert wird, wird wenig zur Entwicklung der Länder beitragen. (4)  So weist die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate darauf hin, dass afrikanische Länder, deren Volkswirtschaften ohnehin schon auf der Produktion und dem Export von fossilen Brennstoffen basieren, ein oft bis zu dreifach langsameres Wirtschaftswachstum aufweisen als Länder mit einer stärker diversifizierten Wirtschaft. In Mosambik zum Beispiel haben ausländische Gesellschaften, allen voran ENI und Total, für 20 Milliarden Dollar ein Offshore-Erdgasfeld und eine Onshore-Flüssiggasanlage aufgebaut. Dennoch sind gleichzeitig 70 Prozent des Landes von Elektrizität abgeschnitten. Ein Beispiel, dass ganz deutlich zeigt, dass weder das Gas noch die Exportprofite für die einheimische Bevölkerung bestimmt sind. (1)  

Erneuerbare Energien sollten Vorrang haben 

Dabei gibt es andere und viel bessere Optionen. Afrika verfügt über reichhaltige und erschwingliche Quellen von erneuerbaren Energien: starke Sonneneinstrahlung, heftige Winde und unerschöpfliche geothermische Energie. Diese sind nicht nur klimasicher, sondern auch zukunftsfähig. (3)  

Quellen

  1. Zeit: Deutschland will uns eine fossile Infrastruktur aufdrücken (Juni 2022) https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-06/afrika-erdgas-europa-erneuerbare-energien-klimaschutz?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F  
  2. Presseportal: Interne EU-Gipfel-Dokumente zeigen massive Gas-Förderpläne von Olaf Scholz: Deutsche Umwelthilfe fordert klare Absage an diesen Weg in die Klimakatastrophe (Oktober 2022) https://www.presseportal.de/pm/22521/5349950 
  3. Tagesspiegel: Gas aus dem Senegal statt aus Russland? (Juni 2022) https://www.tagesspiegel.de/politik/wir-wollen-euer-geld-fur-fossile-energien-nicht-5430943.html 
  4. Heinrich Böll Stiftung: Die Suche Europas nach Gasressourcen in Afrika (Juni 2022) https://www.boell.de/de/2022/06/22/die-suche-europas-nach-gasressourcen-afrika