Die Lage im Mittelmeer spitzt sich immer weiter zu. Seit die Balkanroute gesperrt wurde, sehen sich tausende von Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Perspektivlosigkeit fliehen, dazu gezwungen, den gefährlichen Weg über das Mittelmeer zu wagen. Schätzungen zufolge kamen dabei alleine in der vergangenen Woche bis zu 1.000 Menschen ums Leben. Insgesamt verloren in diesem Jahr bereits rund 2.800 Menschen im Mittelmeer ihr Leben, das sind knapp 1.000 Menschen mehr als im gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr. Trotz dieser dramatisch hohen Zahlen schaut die EU weg, längst sind Meldungen über gekenterte und verunglückte Schiffe im Mittelmeer zum Alltag geworden. Dass hinter jedem Menschenleben eine Geschichte steckt, die diese Menschen dazu bewegt hat ihr Leben, in der Hoffnung auf Sicherheit und neue Perspektiven, aufs Spiel zu setzen, gerät dabei viel zu oft in Vergessenheit. Dunkelziffer könnte noch höher sein In der vergangenen Woche wurden rund 100 Leichen nahe der libyschen Stadt Suara angeschwemmt. Die meisten der Toten kamen aus afrikanischen Staaten. Sie starben vermutlich in einem Bootsunglück, das den Behörden noch gar nicht bekannt war. Solche Fälle zeigen, dass die eigentliche Zahl der Todesopfer, die im Mittelmeer ertrinken, noch weitaus höher sein könnte. Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge, warten zurzeit bis zu 200.000 Flüchtlinge in Libyen darauf, die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer anzutreten. Anderen Quellen nach könnte die Zahl sogar bei rund einer Million Menschen liegen. Zahl der Toten steigt Bereits rund 46.000 Menschen wagten in diesem Jahr die Überfahrt über die sogenannte zentrale Mittelmeerroute – von der libyschen oder ägyptischen Küste zur italienischen Insel Lampedusa. Obwohl es weniger Flüchtlinge sind als im Vorjahr und Hilfsorganisationen und die EU-Mission Eunavfor Med bereits tausende von Menschen vor dem Ertrinken gerettet haben, liegt die Zahl der Todesopfer viel höher als noch im vergangenen Jahr. Immer marodere und extrem überfüllte Schiffe könnten den rapiden Anstieg der Todesfälle erklären. Mit den Sommermonaten werden diese Zahlen vermutlich weiterhin ansteigen. Die warmen Temperaturen und die relativ ruhige See führen dazu, dass immer mehr Menschen den gefährlichen Weg antreten. EU will Abkommen mit afrikanischen Staaten schließen Eine Großzahl der Flüchtlinge, die den Weg über das Mittelmeer wagen, kommt aus Ländern Afrikas. Die Europäische Union hat angedeutet, Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern aufbauen zu wollen, um die Zahl der Flüchtlinge drastisch zu reduzieren. Partnerschaften sollen unter anderem mit Ländern wie Jordanien, dem Libanon, Tunesien, Nigeria, dem Senegal, Mali, Niger, Äthiopien und Libyen geschlossen werden. Auch der Sudan gilt als möglicher Partner für die EU. In Vergessenheit scheint dabei zu geraten, dass der sudanesische Staatschef Umar al-Baschir mit internationalem Haftbefehl wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird. Forderungen von GEMEINSAM FÜR AFRIKA aktueller denn je In Angesicht der derzeitigen Situation sind die Forderungen von GEMEINSAM FÜR AFRIKA aktueller und dringender denn je. In unserer Petition des vergangenen Jahres forderten wir unter anderem: eine ausreichende, gemeinsame europäische Seenotmission, die nicht vorrangig dem Grenzschutz, sondern der Lebensrettung dient. legale und gefahrenfreie Wege zur Einreise in die Länder der EU, damit Flüchtlinge nicht den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nehmen müssen. Respektierung und Wahrung der Menschenrechte von Geflüchteten – in Europa und in den Herkunftsländern. mehr langfristige und nachhaltige Programme zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Deutschland muss endlich sein Versprechen einlösen, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereit zu stellen. Die derzeitige Situation auf dem Mittelmeer zeigt auf bedrückende Weise, wie dringend die EU sich auf ihre Werte besinnen und eine Flüchtlingspolitik einschlagen muss, die auf die Rettung von Menschenleben und die Wahrung von Menschenrechten angelegt ist, und nicht einfach dem Grenzschutz dient. Mehr Informationen zur Situation im Mittelmeer. Foto: Syrians and Iraq refugees arrive at Skala Sykamias Lesvos Greece, von Ggia, CC BY-SA 4.0