Reisefreizügigkeit in Afrika mithilfe eines neuen Passes

20.07.2016: Ein neuer Pass und die Öffnung der Grenzen soll die Reisefreizügigkeit und den Handel auf dem afrikanischen Kontinent in den kommenden Jahren erheblich verbessern.

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Reisefreizügigkeit in Afrika mithilfe eines neuen Passes

Während die Europäische Union gerade in einer seiner tiefsten Krisen steckt, und die Freizügigkeit immer mehr in die Kritik gerät, hat es sich die Afrikanische Union (AU) zum Ziel gesetzt, die Reisefreiheit zu erhöhen. Angelehnt an die EU, soll in den 54 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union bald Reisefreizügigkeit herrschen. Ein übergreifender, afrikanischer Pass soll es möglich machen. Ab 2018 wird er voraussichtlich in den Umlauf gehen. Damit sollen komplizierte Visa-Anträge schon bald der Vergangenheit angehören. Auch der länderübergreifende Handel soll liberalisiert werden.

Integration auf dem afrikanischen Kontinent vorantreiben

In diesen Tagen sollen die Vorhaben im Rahmen des Gipfels der Afrikanischen Union in Ruandas Hauptstadt Kigali verabschiedet werden. Schon im kommenden Jahr soll eine Freihandelszone zwischen den 54 afrikanischen Staaten entstehen. Die ersten Pässe sind für Staatsoberhäupter vorgesehen. Die Förderung der Freizügigkeit auf dem afrikanischen Kontinent ist schon lange Ziel der AU und war bereits in dem Abuja-Abkommen von 1991 der Vorgängerorganisation der AU, der Organisation Afrikanischer Staaten vorgesehen.

Die Vorhaben der Reisefreiheit und des Freihandels sind Teil der sogenannten „Agenda 2063“ der Afrikanischen Union. Ziel ist es die Ressourcen besser zu nutzen, die Wirtschaftskraft und Integration zu fördern und damit die Eigenständigkeit des afrikanischen Kontinents zu stärken.

Bürokratie reduzieren und Potentiale ausschöpfen

In einem Großteil der afrikanischen Staaten sind Visa Voraussetzung zur Einreise. Dies ist oftmals mit viel Bürokratie verbunden. Händler, die zurzeit Ware auf vielen afrikanischen Straßen transportieren, brauchen bis zu 1.000 Lizenzen. Die Bearbeitungszeiträume für Visa betragen zurzeit bis zu einem Monat. Mit dem Freihandelsabkommen und dem neuen Pass sollen diese bis jetzt bestehenden Herausforderungen gelöst werden.

Auf dem afrikanischen Pass und den offenen Grenzen liegen große Hoffnungen. Der Direktor für politische Beziehung der Afrikanischen Union, Dr. Khabele Matlosa glaubt, dass die neue Regelungen viele junge Leute davon abhalten könnte auf der Suche nach einem besseren Leben die gefährliche Flucht nach Europa in Kauf zu nehmen. Wie er dem US-Nachrichtensender CNN sagte könne es dazu beitragen, die Bedingungen auf dem afrikanischen Kontinent zu verbessern, sodass sich weniger Menschen gezwungen sähen, eine Flucht anzutreten.

Ambitionierte Zielsetzung

Verschiedene internationale Beobachter äußerten Bedenken, dass eine Einführung des Passes bis 2018 sehr ambitioniert sei, da nicht alle Staaten Afrikas auf dem gleichen technischen Entwicklungsstand seien, der für ein biometrisches System benötigt wird. Deshalb könne es zu Verzögerungen kommen. Eine Einführung des Dokuments bis 2020 wäre wohl realistischer, so David Zounmenou vom Washingtoner Institut für Sicherheitsstudien. Außerdem fügte Zounmenou hinzu, dass das Projekt die AU vor Herausforderungen stellen könnte, die auch der EU bekannt sind: wirtschaftlich stärkere Staaten, die sich über kleinere Staaten hinwegsetzen. Laut seiner Einschätzung, würde es auch Länder geben, die nicht auf die jetztigen Visa-Einnahmen verzichten werden wollen: „Visa-Einnahmen sind für manche Staaten wichtige Einnahmequellen, auf die sie nicht verzichten werden wollen, bis es einen Ausgleich dafür gibt“, so Zounmenou.

Sicherheitsbedenken

Internationale Beobachter äußern außerdem Bedenken, welche sicherheitspolitischen Folgen eine Öffnung der Grenzen bedeuten würde. “Wir müssen uns der harten Realität stellen. Man kann Afrika nicht einfach mit der EU vergleichen. Wir haben bisher weder die Grenz- noch die Militärkapazitäten, um Terrorgruppen wie die Al-Shabaab zu bekämpfen”, kritisiert Victoria Lukoye, eine Dozentin am Institut für Diplomatie und internationale Studien der Universität Nairobi. Terrororganisationen könnten die offenen Grenzen für ihre eigenen Interessen nutzen. Eine weitere Gefahr wäre die Verbreitung von Krankheiten und Epidemien, wie Ebola. Eine Massenverbreitung wäre mit offenen Grenzen wahrscheinlicher als sonst.

Weitere Informationen zu der Einführung des Passes und der geplanten Handelsabkommen.

Foto: Puffer, Pass, Reisen, Grenze, Zoll, von pixabay, CC0 Public Domain